Bürgermeister Klaus Schumacher im GA-Interview "Der Neubau des Huma war ein Meilenstein"

Sankt Augustin · Bürgermeister Klaus Schumacher spricht im GA-Interview über die Entwicklung der Stadt Sankt Augustin. Die Geburt des Zentrums sieht er eng im Zusammenhang mit dem Bau des Huma-Einkaufsmarktes.

Die Stadt Sankt Augustin hat ihr Gesicht seit der Stadtwerdung vor 40 Jahren stark verändert. Klaus Schumacher hat die Entwicklung als Kind miterlebt, seit 1999 ist er als Bürgermeister am Ruder. Hannah Schmitt sprach mit ihm über das Zentrum, die Grenzen des Wachstums und Zukunftswünsche.

40 Jahre Stadt Sankt Augustin. In dieser Zeit ist viel passiert. Was waren für Sie besondere Erlebnisse?

Klaus Schumacher: Prägend war, wie sehr die Stadt sich veränderte. Als Kinder hatten wir in Sankt Augustin-Ort noch viele kleine Wälder zum Spielen. Wo jetzt das Rathaus steht, habe ich als Kind in der Kiesgrube meine ersten Fahrradfahrversuche gemacht. Eine gravierende Veränderung war für mich auch, als die katholische und die evangelische Grundschule in Ort zusammengefasst wurden. Und meine ersten Jahre auf dem Rhein-Sieg-Gymnasium bleiben mir auch in Erinnerung. Ich gehörte zum ersten Jahrgang, und der Unterricht fand in Baracken statt. In den ersten drei Jahren war überhaupt kein Gebäude in Sicht.

Und dann startete das große Bauen im Zentrum.

Schumacher: Ja. Ein Meilenstein war der Neubau des Huma. Ein Einkaufszentrum dieser Dimension, in dem man nicht nur Lebensmittel, sondern auch Bekleidung, Möbel oder Werkzeuge kaufen konnte, gab es weit und breit nicht. Damit war auch unser Zentrum geboren.

Die Verantwortlichen damals wollten aber trotz des neuen Zentrums den dörflichen Charakter der Orte nicht aufgeben. Was dominiert heute aus Ihrer Sicht, das Dörfliche oder das Städtische?

Schumacher: Weiterhin der dörfliche Charakter in den einzelnen Stadtteilen. Auch Besucher, die durch Sankt Augustin fahren, nehmen uns gar nicht so als Stadt wahr. Und die Sankt Augustiner haben das Zentrum nie wirklich angenommen.

Bedauern Sie das?

Schumacher: Es ist schade, dass die Belebung des Zentrums nie so hingehauen hat, wie wir uns das gewünscht haben. Es war immer schwierig, die Menschen ins Zentrum zu bekommen. Sie haben den Karl-Gatzweiler-Platz nie als Verweilfläche angenommen. Durch die Gastronomie wird das jetzt hoffentlich anders.

Die Stadt möchte den Karl-Gatzweiler-Platz umgestalten. Wie kann das weiterhelfen?

Schumacher: Durch die Veränderung wird der Platz an Aufenthaltsqualität gewinnen und damit zu einer stärkeren Belebung führen. Auch Veranstaltungen sollen dann dort stattfinden.

Die hängen aber doch nicht an einer Umgestaltung.

Schumacher: Wir haben auch bereits Veranstaltungen dort durchgeführt, aber das reichte nicht. Die Erfahrung zeigt, die Menschen müssen den Platz erst annehmen, das muss vorher passieren.

Sankt Augustin hat derzeit rund 55 000 Einwohner. Vor gut 40 Jahren waren auch mal bis zu 110 000 im Gespräch. Wie weit wird die Stadt noch wachsen?

Schumacher: Als junger Stadtmitarbeiter waren die Pläne, den Mendener Kaiserbau gleich mehrfach bis zum Zentrum zu bauen, eine schlimme Vorstellung. Was für ein Segen, dass das ad Acta gelegt worden ist. Mein Bestreben war immer, die Stadt im überschaubaren Rahmen bis zu 60 000 Einwohner zu halten. Wir wollen den Charakter Sankt Augustins erhalten. Unsere Aufgabe ist derzeit nicht, mehr Einwohner zu haben, sondern zu ertüchtigen, was wir haben. Denn wir waren einmal die schnellst wachsende Stadt der Bundesrepublik. Dadurch sind viele unserer Gebäude etwa zur gleichen Zeit entstanden und kommen jetzt in die Jahre.

Dann sind die Grenzen des Wachstums also bald erreicht?

Schumacher: Unsere Fläche lässt kaum noch eine großzügige Bebauung zu. Wir sind eine der am dichtesten besiedelten Kommunen im Kreis. Hinzu kommt: In Wohnungen, in denen heute Familien wohnen, leben irgendwann nur noch die Eltern. Wollen die Kinder in Sankt Augustin bleiben, brauche ich für die gleiche Anzahl an Einwohnern mehr Wohnraum.

Wo könnten denn noch mehr Wohnungen entstehen?

Schumacher: Wir haben noch ein großes Gebiet in Niederpleis am Kirchenberg. Sonst gibt es vor allem Kleinparzellen, die im Zuge der Nachverdichtung bebaut werden.

Sieht es bei Gewerbeflächen ähnlich eng aus?

Schumacher: Ja. Wir haben nur begrenzte Gewerbeflächenpotenziale. Ein größeres Gebiet liegt in Menden am Bahnhof, dort könnte eine Ansiedlung gemacht werden, wenn es erschlossen ist. Weil unsere Möglichkeiten so begrenzt sind, überlegen wir als Stadtverwaltung aber immer genau, ob uns ein Gewerbe auch etwas bringt und zu unserer Stadt passt.

Was für Gewerbe hätte die Stadt denn gerne noch?

Schumacher: Ich glaube das Ziel der Zukunft kann für uns nur sein, weitere Dienstleistungsbereiche anzulocken. Wir wollen kein störendes Gewerbe, sondern eher Ansiedlungen, die zu uns als Wissensstadt plus passen. Da sind die Gesundheitsbranche und wissenschafts- beziehungsweise hochschulnahe Einrichtungen für uns von Interesse.

Hält die Stadt noch Flächen für die Hochschule vor?

Schumacher: Wir haben einige Flächen in Absprache mit der Hochschule festgehalten. Das ist etwa ein Gebiet vom Neubau bis zu den Ausweichcontainern am Rhein-Sieg-Gymnasium. Wir haben von Anfang an gesagt, die Hochschule ist für uns so wichtig, dass wir da an einem Strang ziehen werden.

Darüber hinaus sind im Zentrum ja nicht mehr allzu viele Flächen frei.

Schumacher: Der Parkplatz gegenüber der Konrad-Adenauer-Stiftung ist jetzt auch endlich in der Bebauung. Diese Fläche wurde jahrzehntelang angeboten bis jetzt ein passender Investor gefunden wurde. Auch der Umbau der alten Post läuft. Wir hatten das Glück, dass wir nichts abreißen mussten, um etwas Neues zu erstellen. Wir haben aber auch noch Potenzial.

Zum Beispiel die Baufelder vor der Hochschule oder die Fläche hinter der Haltestelle „Kloster“. Gibt es dafür schon Ideen?

Schumacher: Es gibt die unterschiedlichsten Ideen. Wir wollen in die Planung gehen, wenn die Hauptbaustellen im Zentrum abgearbeitet sind. Die Klosterhöfe wollen wir in anderthalb bis zwei Jahren angehen. Da müssen wir schauen, was für Sankt Augustin sinnvoll ist. Und die Baufelder vor der Hochschule sind nicht endgültig als Parkplätze vorgesehen. Da könnte ich mir vorstellen, dass wir mit Blick auf die Hochschule und die Forschungsinstitute in Birlinghoven etwas kongressmäßiges anbieten. Ich meine damit keine Stadthalle, aber vielleicht einen Hotelbereich mit Platz für Tagungen. Das würde uns gut zu Gesicht stehen.

Wie ist das finanziell zu stemmen?

Schumacher: Wir sind nach wie vor in einem Bereich der Gewerbesteuer, wo wir interessant für Investoren sind. Außerdem definieren wir uns über unsere gute Erreichbarkeit. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir noch wichtige Bereiche anziehen können.

Das würde dann auch weitere Einnahmen bringen.

Schumacher: Ja, aber daneben ist es für uns wichtig, dass die Menschen in unserer Stadt Arbeitsstellen finden. Allein auf die Gewerbesteuer darf man nicht setzen. Dass sie die Finanzierung sichert, damit kann man die Zukunft nicht planen.

Werden die Bürger bei den Steuern auch noch weiter belastet? Die Grundsteuer B soll ja bereits stärker als geplant steigen.

Schumacher: Es ist immer auch die Frage, wie die Kommune bei Aufgaben, die ihr übertragen werden, finanziert wird. Ich denke da an den Anspruch auf U 3-Plätze in Kitas. Da hat das Land vergessen, uns mit Mitteln auszustatten. Wenn das besser funktionieren würde, müssten wir die Steuern nicht erhöhen.

Schafft die Stadt den Haushaltsausgleich bis 2022?

Schumacher: Bisher ist es noch zu schaffen, und wir halten auch daran fest.

Hatte es auch finanzielle Gründe, auf eine Feier zum 40. Jahrestag der Stadtrechte zu verzichten?

Schumacher: Wir hatten ein Stadtfest in Planung, passend zur Eröffnung des Huma. Aber wir hätten das Fest alleine finanzieren müssen, und das war bei der Haushaltslage nicht zu stemmen. Dazu kamen die geänderte Gesetzeslage zu den verkaufsoffenen Sonntagen und Sicherheitsauflagen. 25 Jahre haben wir groß gefeiert, der nächste runde Geburtstag kommt dann mit 50.

Wenn der Stadtsäckel voll wäre, was würden Sie als Erstes umsetzen?

Schumacher: Eine temporäre Überdachung des Karl-Gatzweiler-Platzes wäre mein Traum. Das war schon beim ersten Huma-Umbau geplant, wurde aber nie umgesetzt. Dann könnten dort Veranstaltungen wetterunabhängig durchgeführt werden.

Wo steht die Stadt in 40 Jahren?

Schumacher: Ich hoffe, dass wir dann immer noch eine Stadt haben, in der man gerne lebt. Und dass Besucher sagen, hier würde ich gerne wohnen. Mit der Infrastruktur, die wir bisher geschaffen haben, sind wir auf einem guten Weg.

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