Fastenzeit in Sankt Augustin „Ruhig zu werden, bedeutet Arbeit“

Sankt Augustin · Beatrix Gronen und Sabine Gedanitz ziehen ein Zwischenfazit ihres Fastenexperiments. Die beiden Frauen aus Sankt Augustin wollen bewusster mit anderen Menschen umgehen und besser zuhören.

 Eine Zwischenbilanz ihres Fastens auf andere Art ziehen Beatrix Gronen (rechts) und Sabine Gedanitz.

Eine Zwischenbilanz ihres Fastens auf andere Art ziehen Beatrix Gronen (rechts) und Sabine Gedanitz.

Foto: Stephanie Roller

„An eurer Stelle wäre ich langsam im Sprechen, damit ich das Hören für mich nutze.“ So beginnt die Regel der Kommunikation des heiligen Ignatius von Loyola, die mittlerweile zu einem Leitspruch für Beatrix Gronen und Sabine Gedanitz geworden ist. Beide legen in dieser Fastenzeit Wert darauf, sich in ihrem Umgang mit Mitmenschen bewusster zu werden (der GA berichtete). Was zunächst noch schwer zu erfassen war, hat mittlerweile Form angenommen. Ursprünglich planten beide, auf die Lautstärke im Gespräch zu achten, denn Gronen und Gedanitz kommen beide auf ganz unterschiedliche Weise mit Lautstärke in Berührung, ob im Büro oder im Kindergarten. Der Fastenvorsatz habe sich nun aber leicht verändert, berichten sie. „Es geht gar nicht so sehr um das 'leise sein' in einem Gespräch, sondern es hat viel mehr mit dem Zuhören zu tun“, fasst Gedanitz zusammen.

Denn würde eine Reduzierung der Lautstärke nicht auch bedeuten, im Streit langfristig den Kürzeren zu ziehen? Darf man überhaupt noch streiten? „Doch, das darf man natürlich“, sind sich beide einig.

Die kommunikative Ebene ist vielschichtiger, und Lautstärke stellt nur einen Aspekt von Kommunikation dar. Einmal durchatmen und überlegen, was man antworten will oder ob man überhaupt antworten sollte, haben beide natürlich als produktiver erfahren. „Wichtiger ist es, den anderen ausreden zu lassen, ihm bewusst zuzuhören und sich selbst zurückzunehmen“, erzählt Gronen. Denn dann verliefen auch Streitgespräche anders.

Gedanitz ergänzt: Natürlich dürfe man auch Kritik äußern, aber jeder müsse die Gelegenheit haben, zu antworten. So bekomme der andere gegenüber die Chance, sein Gesicht zu wahren. Gronen betont: „Jeder reagiert verschieden, manch einer ist lauter, manch anderer leiser in seiner Umgangsweise.“ Es ginge also nicht darum, den eigenen Charakter zu leugnen. Bedeutend wichtiger sei es, überlegt zu antworten. Sogar einfach mit Schweigen zu antworten, löse bereits Erstaunen und Irritation aus.

Das Gespräch verlaufe schließlich ganz anders, berichtet die Erzieherin Beatrix Gronen. Oft bestimmen wir ein Gespräch schon alleine dadurch, wie wir auf andere zugehen. Auch Gedanitz erzählt von einer Situation in einem Geschäft, in dem sie neue Gardinen für ihre Schwiegermutter bestellen wollte. Sie habe dort sehr viel Zeit verbringen müssen, zwei Nachmittage à drei Stunden, weil die Maße sehr schwer auszurechnen waren. Zu allem Übel sei schließlich das Passwort für den PC mehrfach falsch gewesen. Kurz vor Feierabend sind die Mitarbeiter im Stress. Schimpfen hätte nichts gebracht, eine entspannte Reaktion hingegen sei fruchtbarer gewesen.

Einfach ist es aber nicht, sich in jeder Situation zu mäßigen. „Ruhiger und bedächtiger im Umgang mit anderen zu werden, bedeutet Arbeit“, so Gedanitz. Aber das Umfeld erinnere beide immer wieder an ihren Vorsatz und fordere jetzt das Zuhören und Ausreden lassen vermehrt ein. Passend dazu schließt der heilige Ignatius seine Kommunikationsregel: „Ich bliebe ruhig, um die Auffassungen, Gefühle und den Willen derjenigen, die sprechen, zu verspüren und kennenzulernen, um besser zu antworten oder zu schweigen.“ Denn die Wahrnehmung des anderen gelingt besser, wenn man zuhört.

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