Interview „Bund und Länder decken längst nicht alle Ausgaben“

Bonn · Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, fordert, die Kommunen finanziell nicht weiter im Regen stehen zu lassen.

 Helmut Dedy ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags.

Helmut Dedy ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags.

Foto: Städtetag

Kommunen tragen die Hauptlast bei der Betreuung von Flüchtlingen. Bekommen sie von Bund und Ländern genug Unterstützung?

Helmut Dedy: Längst nicht alle Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung werden von Bund und Ländern abgedeckt. Die Städte engagieren sich natürlich weiter bei der Integration. Finanziell hat der Bund bisher einen substanziellen Beitrag geleistet, darunter bis 2018 jährlich zwei Milliarden Euro Integrationspauschale an die Länder. Die Länder sollten davon einen angemessenen Anteil an die Kommunen weitergeben. NRW muss hier endlich handeln und den NRW-Städten einen angemessenen Anteil weiterleiten. Zudem muss es die Kosten für geduldete Flüchtlinge solange erstatten, wie diese Menschen Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben.

Der Bund hat seinen Anteil an den Unterkunftskosten erhöht, aber nur für drei Jahre. Reicht das?

Dedy: Der Bund hat im vergangenen Jahr insgesamt 400 Millionen Euro für Unterkunftskosten von anerkannten Asylbewerbern gezahlt, die Sozialleistungen beziehen. Viele werden auch nach 2018 noch in Deutschland sein, und nicht alle werden von eigener Arbeit leben können. Das weiß auch eine neue Bundesregierung. Deshalb erwarten wir, dass der Bund die Finanzierung der fluchtbedingten Kosten der Unterkunft über das Jahr 2018 hinaus übernimmt.

Die Gesundheitskarte für Flüchtlinge führt zumindest in Bonn zu höheren Kosten, weil der Verwaltungsaufwand der federführenden Krankenkasse zu zahlen ist. Trotzdem der richtige Weg?

Dedy: Jede Stadt prüft selbst, ob sie die Gesundheitskarte einführt oder die Gesundheitsversorgung etwa über die Ausgabe von Berechtigungsscheinen sicherstellt. Das muss vor Ort abgewogen werden. Seit der Aufnahme vieler Flüchtlinge 2015 und 2016 sind die Gesundheitskosten der Kommunen zum Teil deutlich gestiegen. Daran ändert die Gesundheitskarte nichts.

Nach der Nothilfe ist Integration nötig. Woher nehmen Städte, die in Finanznot stecken, das Geld?

Dedy: Klar ist, Integration muss früh ansetzen, in Kitas, Schulen, Integrationskursen und vor allem in den Arbeitsmarkt. Und Integration wird eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre sein. Der Bund sollte sich deshalb neben den Ländern über 2018 hinaus ausreichend an den Integrationskosten beteiligen. Und auch finanzschwache Kommunen müssen handlungsfähig bleiben.

Es leben viele ausreisepflichtige Asylbewerber in den Städten. Was heißt das für die Kommunen?

Dedy: Wir brauchen eine zentrale Rückführung abgelehnter Asylbewerber durch die Länder, mit Unterstützung des Bundes. Die Rückführung durch die Länder muss stattfinden, bevor Menschen ohne Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden.

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