„Ab mittags sitzen wir im Dunkeln“ Streit um Niederkasseler Bauprojekt

Niederkassel · Anwohner der Unterstraße in Niederkassel sind entsetzt über die Dimension genehmigter Mehrfamilienhäuser. Gebäude grenzen unmittelbar an die Einfamilienhäuser und nehmen Sicht und Licht. Eine Bürgerin erwägt zu klagen.

 Hildegard Schramm (links) und Petra Swiers ärgern sich über die großen Mehrfamilienhäuser in direkter Nachbarschaft.

Hildegard Schramm (links) und Petra Swiers ärgern sich über die großen Mehrfamilienhäuser in direkter Nachbarschaft.

Foto: Martina Welt

Der Ärger bei den Anwohnern der Unterstraße in Rheidt ist groß, die Gründe dafür sind vielfältig. Zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils fünf Eigentumswohnungen sind in einer Baulücke entstanden, wo früher ein Einfamilienhaus mit Garten stand. Auf der gegenüberliegenden Seite soll ein ähnliches Modell mit dann sieben Wohnungen gebaut werden.

Für Hildegard Schramm und Petra Swiers, ebenso wie andere Anwohner in direkter Nachbarschaft, ist das ein Unding. Was sie stört, ist nicht nur die Tatsache, dass sie bei den Planungen nicht einbezogen wurden, sondern auch, dass das Baustellenmanagement schon mehrfach zu erheblichen Unannehmlichkeiten geführt hat. „Die haben mit dem Riesenkran ihre Metallplatten und andere schwere Teile direkt über unser Haus hinweg in die Baustelle gehoben“, erinnert sich Hildegard Schramm an Situationen, die ihr Angst gemacht haben.

Auch der Krankenwagen habe mehrfach nicht durch die zugestellte Straße fahren können, ganz zu schweigen von den Einfahrten, die immer wieder von Baustellenfahrzeugen zugeparkt würden.

Jetzt stehen die ersten beiden Häuser. Die unangenehme Konsequenz: „Ab mittags um 13 Uhr sitzen wir im Dunkeln“, beschreibt Hildegard Schramm ihre Situation. Sie wohne mit ihrer Familie seit 41 Jahren in dem Einfamilienhaus, und nun könne sie weder ihre Terrasse mit Wintergarten noch ihren liebevoll gepflegten Garten unbeobachtet nutzen, von der für die Pflanzen so wichtigen Sonne einmal abgesehen, denn die scheine ab Mittag nicht mehr auf ihrem Grundstück.

Doch damit nicht genug: Die Anwohner finden, dass bei der Stadt „offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird“. Früher seien weder eine Dachgaube noch andersfarbige Dachpfannen genehmigt worden, um das einheitliche Bild der Straße nicht zu stören. Heute störe es niemanden, dass jetzt inmitten der Einfamilienhäuser bald drei „Mehrfamilienklötze“ mit Flachdach stünden.

Die größten Bedenken haben Anwohner jedoch wegen der nicht ausreichend vorhandenen Parkflächen. Es gebe genau zehn Stellplätze für die beiden schon bestehenden Wohnkomplexe. Sieben kommen auf der gegenüberliegenden Seite für den geplanten Neubau dazu. „Das ist ein Stellplatz pro Wohnung und eine völlig unrealistische Annahme, dass man damit hinkommt“, glauben die Nachbarn. Mindestens zwei Autos pro Familie seien heute schon Standard. Besucher seien gezwungen, die schmale, knapp vier Meter breite Unterstraße, in der eigentlich das Parken verboten sei, zu nutzen, um ihr Fahrzeug abzustellen. „Von der Verwaltung hat sich nie jemand angesehen, wie eng das hier alles ist und wie sehr unsere Lebensqualität durch diese Mehrfamilienhäuser eingeschränkt wird“, ärgert sich Petra Swiers. Sie fühlt sich übergangen und ist bereit, gegen die Pläne in ihrer direkten Nachbarschaft vor Gericht zu ziehen. Für Schramm dagegen ist bereits alles gelaufen. Es macht sie traurig, wenn sie ihre Terrasse betritt und nur noch auf eine Hauswand schaut.

Der technische Beigeordnete Helmut Esch sagte auf GA-Anfrage, dass die Stadt kaum Spielräume habe. „Es gibt dort keinen Bebauungsplan, sodass die Regelungen aus dem Baugesetzbuch gelten.“ Es gebe für die Nachbarn kein Recht auf eine bestimmte Anzahl von Wohneinheiten, und der Investor hätte sogar auf nur 0,8 Stellplätze pro Wohneinheit pochen können, führt Esch aus. Die Stadt sei angehalten, Wohnraum zu schaffen und Innenstädte zu verdichten. Die Bauherren hätten daher, wenn die Abstandsflächen gewahrt würden und die Bauten nicht völlig sozial unverträglich seien, ein Recht darauf zu bauen. Bezüglich nicht genehmigter Gauben oder Dachpfannen könne er keine Aussagen machen. „Das muss im Einzelfall geprüft werden“, so der Beigeordnete. In Sachen Baustellenmanagement pflichtet Esch den Anwohnern bei. Das Ordnungsamt sei vor Ort.

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