GA-Serie "Was steckt eigentlich hinter...? Sportboote statt Panzer auf der Nato-Rampe in Niederkassel

Niederkassel · Die Nato-Rampe am Rhein im Ortsteil Rheidt ist ein Relikt des Kalten Krieges. Heute nutzen sie Polizei, THW und Feuerwehr zu Übungszwecken. Mit einer Ausnahmegenehmigung dürfen dort auch Sportboote zu Wasser gelassen werden.

Wenn man von Niederkassel aus über die Deutzer Straße fährt, führt kurz vor Rheidt eine breit ausgebaute Straße ohne Namen Richtung Rheinufer. Die Weiterfahrt wird zum Straßenbeginn und noch einmal am Hochwasserschutzdamm durch Verbotsschilder gestoppt. Hinter dem Damm beginnt sie, die sogenannte Nato-Rampe. Im Niederkasseler Sprachgebrauch ist sie tief verankert. Aber wann und zu welchem Zweck wurde sie gebaut? Es handelt sich um ein Relikt des Kalten Krieges.

Solch rätselhafte Rampen findet man heute nicht nur am Rhein, sondern auch an anderen deutschen Flüssen. Sie stammen aus der Zeit des Ost-West-Konflikts. Damals baute die Bundesrepublik zur militärischen Verwendung Ersatzübergangsstellen, so der offizielle Sprachgebrauch. Die Stadt Niederkassel hat dazu heute kaum Unterlagen oder tiefergehende Erkenntnisse, schließlich unterlagen militärische Einrichtungen und Aktivitäten der Geheimhaltung. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion Die Grünen im Jahr 1989 wurden allein in den Jahren von 1980 bis 1987 63 der heutigen 144 Ersatzübergangsstellen mit einem Kostenaufwand von etwa 77 Millionen Mark gebaut. Diese im Volksmund sogenannten Nato-Rampen sind zum Wasser hin abfallende größere gepflasterte, geteerte oder betonierte Flächen auf einer Seite eines Flusses. Eine solche Rampe führt oft sehr weit unter die Wasserlinie. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite ist heute noch gut das Pendant der Rheidter Rampe zu erkennen: Es befindet sich bei Bornheim-Widdig.

Im Verteidigungsfall sollten diese Trassen den Transport von Panzern und anderen militärischen Fahrzeugen mit Hilfe von Amphibienfahrzeugen, Landungsfahrzeugen und Behelfsbrücken über den Rhein und andere westdeutsche Flüsse sicherstellen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs verloren solche Einrichtungen an Bedeutung. Die Bundeswehr übertrug die Ersatzübergangsstellen in Auftragsverwaltung an die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.

Mangels militärischer Nutzung gaben die Behörden sie teilweise zur zivilen Nutzung frei. So wird es in Rheidt im Sommer trotz eines allgemeinen Durchfahrtverbotes recht eng auf der Zufahrtstraße zur Rampe. Diese wird heute gerne von Freizeitsportlern genutzt. Kai Trurnit, Leiter der in Mondorf ansässige Außenstelle des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Köln: „Unsere Behörde hat die Nato-Rampe zum bequemen Zuwasserlassen von Falt- und Schlauchbooten, zum Trailern von Motorbooten und zum Starten und Landen von Jet-Skis unter bestimmten Bedingungen freigegeben.“ Allerdings muss sich der Nutzer im Besitz eines Sportbootführerscheins befinden und bei der Dienststelle in Mondorf anmelden. Dort bekommt er einen Schlüssel, um die Sperrpfosten entfernen zu können. „Die Namen der Sportbootfahrer und die Kennzeichen ihrer Autos werden von uns an das Ordnungsamt der Stadt Niederkassel weitergeleitet, damit man die Halter der dort häufig unbefugt parkenden Autos von denen der Berechtigten unterschieden und entsprechend sanktionieren kann“, so Trurnit.

Neben den Sportbooten werden auch Boote im Übungseinsatz von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Polizei zu Wasser gelassen. Auch nutzt die Feuerwehr die Möglichkeit, Löschangriffe am Rheinufer zu trainieren. Selten sind die Fälle, in denen spektakuläre Schwertransporte über die Rampe abgewickelt werden. Auch Freunde des Angelsports kann man in Rheidt antreffen, sie genießen die Ruhe und den guten Zugang zum Strom. Das WSA selbst nutzt die Möglichkeit, von Verkehrssicherungsschiffen wie der „Bonn“ aufgesammeltes Treibgut über die Rampe an Land zu bringen.

Ab und an wird die Rampe auch zum Schauplatz von Partys, nicht selten mit negativen Folgen. Nach Grill- und Zechgelagen bleibt der Müll liegen. Im vergangenen Jahr wurden nahe der Rampe sogar gut 150 Autoreifen im Schlick des Rheinwassers entdeckt. Neben dieser Ersatzübergangsstelle in Rheidt gibt es in der Stadt Niederkassel noch eine weitere, aber kleinere Nato-Rampe. Diese liegt am Ortsende von Lülsdorf. Seit einigen Monaten wird sie im regelmäßigen Fährbetrieb zwischen Lülsdorf und Wesseling genutzt.

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