Nostalgie in Niederkassel Rockabilly-Mikrokosmos im Pferdestall

NIEDERKASSEL · Udo Esser hat in einer ehemaligen Pferdehalle den amerikanischen Traum der Fünfziger wiederbelebt. Uncle Sam wacht über zahlreiche Oldtimer.

 Mit Lichteffekten und Nebel in Szene gesetzt wird das Sportboot Crestliner Jet Stream von 1959.

Mit Lichteffekten und Nebel in Szene gesetzt wird das Sportboot Crestliner Jet Stream von 1959.

Foto: Martina Welt

Man ist förmlich erschlagen von der geballten Rock-abilly-Sammlung, die Udo Esser (55) in dem einstigen Pferdestall im Gewerbegebiet Niederkassel in Szene gesetzt hat. Sie stehen sinnbildlich aufgereiht für das Lebensgefühl der reichen Amerikaner ihrer Zeit: Der Auburn aus dem Jahr 1936, der Buick Baujahr 1958 oder der Imperial von 1961. Für Esser sind es die schönsten und spannendsten Autos, die es je gegeben hat. Neben blinkendem Metall und glänzendem Chrom seiner wertvollen Oldtimer, findet sich jedoch auch allerhand Tinnef in Regalen, auf Kommoden, an der Decke oder auf der eingebauten Galerie.

Da steht die Heizung für das Autokino neben einem Music-Board, welches die Form eines Thunderbirds hat. Auch Autoscooter im Outfit einer Corvette mit einem Elvis-Paravent im Hintergrund sorgen für permanente Wow-Effekte, wenn der Besucher durch die Halle schlendert. Selbst die tanzenden „Bimbo-Babys“ – das sind Plüsch-Äffchen im Glaskasten, die sich damals als Eyecatcher vor den Läden abmühten – haben in Essers Halle, die unter Kub's Halle in der Szene bekannt ist, ihren Platz gefunden.

Auch der stilechte Friseursalon aus Zeiten der Dauer- und Wasserwelle fehlt nicht in dieser beeindruckenden Sammlung. Die Halle ist ein nie enden wollender Fundus für Liebhaber der Fünfziger und Sechziger Jahre. Für den Eigentümer Udo Esser war sie lange Jahre ein Zufluchtsort. „Ich habe mir hier eine eigene Welt erschaffen“, beschreibt er die Jahre, in denen er täglich vor Ort war.

Geplant war das so nicht, als er im August 2008 die leere Halle kaufte, um dort seine Dekorationsartikel unterzubringen. Die Autos waren bis dahin in unterschiedlichen Garagen in der Nachbarschaft seines Hauses in Zündorf untergebracht. „Zuerst habe ich die Küche eingebaut, dann die Decke eingezogen und eine Galerie errichtet“, erinnert sich der leidenschaftliche Tüftler und Bastler.

Nostalgie in Niederkassel
3 Bilder

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Gedacht war die Halle zur standesgemäßen Lagerung seiner alten Schätzchen. „Die Autos einfach nur reinstellen, das sah auch blöd aus“, erinnert er sich. So montierte er die flexiblen Parkebenen auf denen er die Autos in Szene setzt. Dazu durfte ein ausgeklügeltes Lichtsystem nicht fehlen, denn gerade am Abend lässt Esser so das Blech seiner Lieblinge in unterschiedlichen Farben erleuchten. Allerdings sei in der Vergangenheit auch nicht alles Gold gewesen, was hier so glänzt, erinnert er sich.

Die Stadt Niederkassel legte ihm jede Menge Steine in den Weg, wenn er Partys in der Halle feiern wollte. „Die Stadt geht davon aus, dass ich hier ein Gewerbe betreibe“, dieses sei jedoch nicht so, versichert Esser. Seine Partys seien rein privater Natur aber natürlich hat der Perfektionist immer dann, wenn etwas fehlte, gebastelt, geschraubt und organisiert.

Inzwischen steht in der Halle eine Bühne, es gibt ausgeklügelte Lichteffekte und eine Lasershow kann Esser von seinem Handy aus steuern. Eine Disko-Kugel und Beschallungsmöglichkeiten machen den stolzen Hallenbesitzer glücklich. Auch Toiletten und Kühlschränke gehören für ihn zum Standard, ebenso wie eine Grillstation und eine Bar, die auf Ölfässern montiert ist, zur standesgemäßen Ausstattung unabdingbar sind, damit dort auch eine Party steigen kann. Ob das in Zukunft überhaupt noch möglich sein wird, das liege jetzt in der Entscheidung des Bürgermeisters, der Esser auch schon in seiner Halle besucht hat, um sich selbst ein Bild zu machen. „Ich warte da noch auf einen endgültigen Bescheid“, meint er.

Grundsätzlich hat sich der Zündorfer schon jetzt zurückgezogen und ist auf eine andere Halle in Köln ausgewichen. „In Köln sieht man das offenbar lockerer“, meint er. Was genau er dort sammelt, daraus macht Esser ein großes Geheimnis. „Ich habe in den letzten beiden Jahren drastisch in meinem Leben aufgeräumt“, formuliert es der 55-Jährige. Er distanzierte sich von vielen seiner Freunde und verkaufte sogar seine Firma für Lagerlogistik und Bürotechnik, die er fast 30 Jahre lang geführt hat.

In zwei bis drei Jahren plant auch seine Lebensgefährtin Angela Horns in Ruhestand zu gehen, und dann werden die beiden das tun, was bisher immer zu kurz kam: das Reisen. Vielleicht auch in die USA, in das Land, aus dem die Oldtimer von Udo Esser alle kommen, das er aber bisher noch nie besucht hat.

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