Fährverkehr in Niederkassel Der Fährmann geht von Bord

Niederkassel · Nach 48 Jahren auf dem Wasser setzt sich Wolfgang Hubert mit seiner Marienfels zur Ruhe. Ein neues Schiff soll den Fährbetrieb sichern.

 Fährmann Wolfgang Hubert und sein Schiff waren 23 Jahre lang ein Team.

Fährmann Wolfgang Hubert und sein Schiff waren 23 Jahre lang ein Team.

Foto: Martina Welt

Die Fähnchen flattern im Wind, und die Marienfels schlängelt sich gemächlich zwischen den riesigen Frachtkähnen, die rechts und links an ihr vorbeifahren, hindurch, vorbei an der blinkenden Chemie-Kulisse mit ihren verschlungene Rohrleitungen am Wesselinger Ufer.

Zehn bis 15 Minuten dauert die Überfahrt der Personenfähre von Wesseling nach Lülsdorf. Nur ein Gast steht an diesem Vormittag am Bug und lässt sich den Fahrtwind um die Nase wehen.

Windstill und eng ist es hingegen am Steuer, das seit Jahren Fährmann Wolfgang Hubert (62) bedient, um seine 1934 erbaute Marienfels sicher zur Anlegestelle nach Lülsdorf zu navigieren. Der Dieselmotor tuckert etwas leiser, die Fähre wird langsamer und legt an. Hubert öffnet das Metalltor und lässt seinen Wesselinger Fahrgast aussteigen, bevor er zwei Neuzugänge abkassiert. Einen Euro kostet die Fahrt, hin und zurück sind es 1,50 Euro, das Fahrrad kostet 1,80 Euro.

Abschied zum Jahresende

Damit wird zum Jahresende Schluss sein: Hubert hört auf, ebenso wie die Marienfels. „Zum einen gehen die Fahrgastzahlen zurück, gleichzeitig muss einiges an der Fähre gemacht werden“, fasst er zusammen. „Das rechnet sich für mich nicht mehr.“ Feuerlöschanlage, Bergehilfe und elektrische Pumpanlage müssten bis zum nächsten Tüv-Termin 2017 überholt werden. Allein die neue Pumpe würde mehr als 20.000 Euro kosten.

Tuckernd wendet das Schiff und nimmt wieder Kurs auf Wesseling. Diesmal geht es schneller, denn mit dem Strom braucht die Fähre nur fünf Minuten für die 1400 Meter lange Distanz. „Das ist der längste Fahrweg für eine Fähre am Rhein“, so Hubert.

Ein Team seit 43 Jahren

Etwa alle drei Wochen muss er rund 1000 Liter Diesel tanken, damit der Motor läuft. Hubert legt die Strecke mit seiner Fähre täglich 45 Mal zurück. Die beiden sind seit 23 Jahren „ein Team“, unabhängig voneinander sind sie schon wesentlich länger auf dem Wasser.

Der Fährmann kommt auf 48 Jahre auf dem Rhein. Gelernt hat er bei der Köln-Düsseldorfer, wo er zuletzt zweiter Steuermann war. „In dieser Zeit war ich oft den ganzen Sommer unterwegs.“ Das wollte er ändern, als die Kinder kamen. Zufällig hörte er, dass die Marienfels, die bis dahin bei Königswinter den Rhein überquerte, zum Verkauf stand und griff zu.

Seither ist Hubert selbstständig und hat regelmäßigere Arbeitszeiten. Allerdings ist es mit einem Achtstundentag nicht getan. Um 5.15 schließt er seine Fähre auf, kontrolliert die Maschinen und lässt sie warm laufen. Um 5.50 Uhr legt die Marienfels in Wesseling das erste Mal an, fährt nach Lülsdorf und wieder zurück – bis 20.30 Uhr, bevor er auf Wesselinger Seite die Türen wieder verschließt.

Jeder Tag ist anders

Ein bisschen wehmütig wird Hubert schon, wenn er daran denkt, das bald Schluss ist und wie voll die Fähre früher war, mit der man zum Arzt, zum Schuster oder Einkaufen fuhr. „In Lülsdorf gab es damals ja noch nichts“, meint Hubert.

Sicher, es geht gemütlich zu auf dem Rhein, dafür spart man jedoch gut 35 Kilometer Wegstrecke, die anfallen, wenn man die Bonner Rheinbrücke nutzt. Für Hubert war und ist jeder Tag anders, denn neben immer neuen Fahrgästen mit ihren bisweilen ängstlichen Vierbeinern sind auch die Situationen auf dem Wasser immer wieder anders und verlangen volle Aufmerksamkeit.

Nachfolger in Aussicht

Damit diese besondere Art des Reisens auch nach der Ära Hubert fortgeführt wird, sucht die Stadt nach einem Nachfolger. „Es sieht gut aus“, sagte der Erste Beigeordnete Helmut Esch auf GA-Anfrage. Ein Betrieb sei interessiert. Er bringe Schiff und Fährmann mit.

Auch für Hubert teilen sich Wesseling und Niederkassel das Defizit der Fähre von 45.000 Euro für jede Stadt im Jahr. Beide Städte wollen die Personenfähre jedoch erhalten. Um es etwas kostengünstiger hinzubekommen, soll der Fähranleger in Lülsdorf Richtung Norden verlegt werden, gleich gegenüber der Anlegestelle Wesseling, so dass sich die Strecke für die Fähre erheblich verkürzen wird, die Zeit des Tuckerns über den Rhein mit Zeit zum Durchatmen allerdings auch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort