Der Fall Sandra D. "Sandra war bester Laune an dem Samstag"

EITORF/BONN · Im Mordprozess gegen den Ehemann der verschwundenen Eitorferin sagen deren Kolleginnen aus. Seltsamer Dauerkunde als Zeuge.

Was für ein Mensch war Sandra D.? Bisher stand vor dem Bonner Schwurgericht vor allem der Ehemann der seit September 2012 spurlos verschwundenen Supermarktmitarbeiterin aus Eitorf im Fokus, er soll seine Frau getötet, zerstückelt und anschließend entsorgt haben.

Das Bild des Opfers aber blieb wie so oft in Mordprozessen eher verschwommen, dem Angeklagten zufolge war seine Frau ihrer sechsjährigen Tochter eine schlechte Mutter. Dieses Bild aber konnten Kolleginnen der verschwundenen Sandra D. am Montag im Zeugenstand nicht bestätigen.

Lebenslustig sei Sandra gewesen, offen und freundlich sagen drei ihrer Kolleginnen. Und vor allem in einem sind sie einig: Sandra D. habe ihre Tochter sehr geliebt. "Sie war ihr Ein und Alles", erklärt eine Zeugin. Sie alle bekamen mit, wie sehr Sandra unter ihrem Mann gelitten habe. Sandra habe darüber gesprochen, wie der Angeklagte sie ständig kontrolliert habe, ihr Handy und ihren Computer überwacht und sie mit seiner Eifersucht fertiggemacht habe.

Schließlich habe Sandra D. einen "Nervenzusammenbruch" gehabt, sei im Krankenhaus gelandet und habe eine Therapie gebraucht. Und die Therapeutin, so habe Sandra D. berichtet, habe ihr geraten, dringend etwas daran zu ändern, dass ihr Mann "vorne im Bus sitze und sie ganz hinten".

Eine Kollegin schildert, wie sie Sandra nach deren Krankenhausaufenthalt zu Hause besucht habe. Der Angeklagte habe seine Frau überhaupt nicht zu Wort kommen lassen und alle Fragen nach Sandra D.s Zustand beantwortet, "total dominant". Und Sandra habe so gewirkt, als ob das für sie völlig normal sei.

Und dann habe Sandra beschlossen, sich zu trennen und eine eigene Wohnung gemietet. Richtig "glücklich" sei sie darüber gewesen und habe sich darauf gefreut, mit ihrer Tochter neu anzufangen. Einer Kollegin zufolge hatte Sandra D. jemanden im Internet kennengelernt, "einen mit einer eigenen Firma".

"Sandra war bester Laune an dem Samstag", sagt die Kollegin. Es war der Samstag, an dem Sandra D. zum letzten Mal gesehen wurde. Danach verliert sich die Spur der 42-Jährigen.

Zum letzten Mal sah sie an dem Abend im Supermarkt auch ein Mann, der eine seltsame Rolle spielte. Der 50-Jährige ist nun auch als Zeuge gefragt, er fiel monatelang in dem Geschäft auf, weil er fast täglich gegen 18 Uhr kam, Sandra D. ansah und mit ihr sprach.

Doch erst auf die bohrenden Fragen von Richter Josef Janßen gibt er nun zu: Ja, er hätte Sandra D. gerne näher kennengelernt. Sie sei ihm aufgefallen, weil sie sich nach seinem Befinden erkundigt habe - für ihn ein Zeichen ihres Interesses. Doch sie habe nie Zeit für ihn gehabt. An dem besagten Samstagabend habe er im Auto vor dem Supermarkt gesessen und gesehen, wie sie wegfuhr. Angeblich wurde er einmal auch vor Sandras neuer Wohnung gesehen.

Das aber bestreitet er: Von der habe er gar nichts gewusst. Und warum ging er zwei Monate nach Sandras Verschwinden nicht mehr in dem Markt einkaufen? "Weil ich den Eindruck hatte, die sehen mir dort alle hinterher", sagt er.

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