Gerichtsverhandlung „Mord ohne Leiche“ Prozess wird neu aufgerollt

Eitorf/Bonn · Ehemann der verschwundenen Sandra D. aus Lohmar muss sich erneut vor Gericht verantworten. Der Angeklagte ist bereits zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Von dem Opfer fehlt noch immer jede Spur.

Seit dem 8. September 2012 ist die damals 42-jährige Sandra D. aus Eitorf-Bach spurlos verschwunden. Und niemand bezweifelt ernsthaft, dass die zweifache Mutter tot ist. Doch wer sie tötete, steht nach wie vor nicht fest. Zwar wurde ihr 43-jähriger Ehemann 2014 vom Bonner Schwurgericht wegen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteilt, doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil 2015 auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung zurück ans Bonner Landgericht. Die nun zuständige 1. Große Strafkammer setzte Dirk D. im März auf freien Fuß. Bis zum neuen Prozess. Und der beginnt am 29. August.

Nun muss der Fall noch einmal komplett neu aufgerollt werden. 15 Prozesstage hat das Gericht bis 14. November angesetzt, alle Zeugen müssen erneut vernommen werden. Vor allem die Frau, mit der Dirk D. 2013 eine Beziehung hatte. Und der er die Tötung seiner Frau gestanden hatte.

Es war ein grausiges Geständnis. Darin hatte der frühere Krankenhauskoch in allen Einzelheiten geschildert, wie er Sandra D., die ihn mit ihrer kleinen Tochter verlassen wollte, die Treppe hinabgestoßen und versucht habe, ihr das Genick zu brechen. Als das nicht gelungen sei, habe er die von Psychopharmaka benommene Frau ins Schlafzimmer geschleift und auf dem Bett erwürgt. Die Leiche habe er zerstückelt und mit den Krankenhausabfällen entsorgt. Nur den Kopf habe er in der Nähe des Bonner Polizeipräsidiums versteckt. Trotz mehrfacher Suchaktionen fand die Polizei nichts. Und im Prozess 2014 erklärte Dirk D., das alles habe er nur erfunden, weil die Geliebte auf solche Geschichten gestanden habe.

Für den neuen Prozess hat die 1. Große Strafkammer zwei Sachverständige beauftragt, die bei der Wahrheitsfindung helfen sollen: Ein Toxikologe soll Auskunft geben, ob es möglich ist, einer schlafenden Person, Sedative einzuflößen, wie Dirk D. zunächst erklärt hatte. Überdies soll die Berliner Professorin Renate Volbert zu der Frage gehört werden, welche wissenschaftlichen Anhaltspunkte es für falsche Geständnisse gibt – ein Thema, zu dem die Wissenschaftlerin geforscht hat.

Dirk D. lebt seit der Haftentlassung bei seinen Eltern in Bonn und muss sich jeden Tag bei der Polizei melden. Das Haus in Eitorf-Bach ist inzwischen verkauft.

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