Sprechstunde der Schulseelsorge in Hennef Offenes Ohr für die Sorgen am Carl-Reuther-Berufskolleg

Hennef · Das Schulseelsorgeteam am Carl-Reuther-Berufskolleg kümmert sich um Schüler mit Problemen. Die Helfer sind gut vernetzt mit der städtischen Familienberatungsstelle, Abteilungen der Agentur für Arbeit, Schuldnerberatungen, Kliniken und Therapeuten.

 Im Gespräch: Pfarrer Peter Gottke und Pfarrerin Eva Zoske mit Schüler Florian Gerhards.

Im Gespräch: Pfarrer Peter Gottke und Pfarrerin Eva Zoske mit Schüler Florian Gerhards.

Foto: Ingo Eisner

Florian Gerhards ist ein intelligenter und aufgeweckter Schüler, bei dem höchstens seine wechselnden Haarfarben auffällig sind. Der 21-jährige Windecker, der am Carl-Reuther-Berufskolleg das Technische Gymnasium für Elektrotechnik besucht, um dort sein Abitur zu machen, bekam allerdings vor ein paar Jahren gesundheitliche Probleme: Er litt immer mehr unter Antriebslosigkeit.

„Ich war damals bereits am Kolleg und besuchte das Technische Gymnasium für Ingenieurwesen, als die psychischen Probleme immer größer wurden“, erinnert sich Gerhards. Das fiel seiner Lehrerin Eva Zoske auf, die als evangelische Pfarrerin und Religionslehrerin zu einem in Nordrhein-Westfalen einmaligen Schulseelsorgeteam des Berufskollegs gehört. Nach vielen Gesprächen begab sich Gerhards in eine fachärztliche Behandlung, die ihm gut tat, und wechselte zum Technischen Gymnasium für Elektrotechnik.

„Mir hat das Schulseelsorgeteam enorm geholfen“, sagte Gerhards, der zwar weiterhin in therapeutischer Behandlung ist, mit seiner Krankheit allerdings offen umgeht und bereits Referate zum Thema Depression gehalten hat. „Elektrotechniker möchte ich allerdings nicht werden, sondern Sozialpädagoge“, sagte Gerhards der zu den mehreren Tausend Schülern gehört, die in den vergangenen sieben Jahren die Dienste des Schulseelsorgeteams am Kolleg in Anspruch genommen haben.

Das Take-Care-Team ist der absoluten Verschwiegenheit verpflichtet

„Das Hinschauen schafft Bedarf. 2011 stellte sich dem damaligen Schulpfarrer und Notfallseelsorger Albi Roebke und mir die Frage, wie wir eine strukturierte Beratung hinbekommen, ohne für jedes Gespräch den Unterricht verlassen zu müssen“, erinnert sich Pfarrer Peter Gottke, der neben seiner Kollegin Eva Zoske sowie einer Diplom-Sozialpädagogin und zwei zertifizierten Beratungslehrern zum sogenannten „Take-Care-Team“ am Kolleg gehört, das er damals mit Roebke gründete.

Ziel war und ist, den Schülern ein niederschwelliges Angebot zu bieten, um in einem geschützten Raum mit ausreichend Zeit und in einer vertrauensvollen Atmosphäre über Dinge sprechen zu können, die einen belasten. „Aufgrund des Beichtgeheimnisses sind wir zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet, es sei denn, dass Menschenleben in Gefahr sind“, sagte Gottke.

Zumeist würden sich die Schüler erst einmal an ihre Fach- oder Klassenlehrer wenden oder diesen fällt bei dem einen oder anderen Schüler eine Problematik auf. Dann ist der nächste Schritt, dass ein Kontakt zu Zoske oder Gottke hergestellt wird, die montags bis freitags in einem speziell dafür vorgesehenen Beratungsraum jeweils von 11 bis 12.30 Uhr für Gespräche zur Verfügung stehen. Ob schulische, kulturelle, berufliche oder psychische Dinge: Die Probleme, über die Schüler sprechen, sind laut Gottke vielfältig.

Die Sprechstunde ist offen

Zoske, die seit 2013 zum Team gehört, und Gottke haben beide die Schwerpunkte seelsorgerische Lebensbegleitung und sind zuständig bei persönlichen, aber auch schulischen Problemen. „Die Bandbreite reicht von Mietschulden oder anstehenden Räumungsklagen bis hin zur sexuellen Belästigung und zu Drogenproblemen“, sagte Zoske, die sich vor allem um Schülerinnen und Schüler mit emotionalen Belastungen kümmert. „Unsere Sprechstunde ist offen, es bedarf keiner Voranmeldung und die Teilnahme ist freiwillig“, sagte Gottke. „Wir versprechen nicht, jedes Problem zu lösen, aber wir versprechen, uns jedes Problem anzuhören und gemeinsam nach Lösungen zu suchen“, sagte Zoske.

Bei speziellen Themen erhalten Zoske und Gottke am Kolleg Unterstützung. „Die Diplom-Sozialpädagogin des Teams kümmert sich beispielsweise um das Thema Schulden, zwei zertifizierte Beratungslehrer sind beim Thema Mobbing die richtigen Ansprechpartner“, sagte Zoske. Das „Take-Care-Team“ ist allerdings nicht nur intern, sondern auch extern außerordentlich gut vernetzt.

„Auch wir stoßen irgendwann an unsere Grenzen“, sagte Zoske. So gibt es enge Kontakte zur städtischen Familienberatungsstelle, aber auch zu Abteilungen der Agentur für Arbeit, Schuldnerberatungen, Kliniken und Therapeuten. Das einzigartige Beratungsangebot am Carl-Reuther-Berufskolleg, das über die evangelische Landeskirche finanziert wird, kümmert sich aber auch um Erwachsene. „Es waren bereits etliche Lehrerkollegen bei uns. Wir sind für alle da“, sagte Gottke.

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