Aufräumen nach der Explosion Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Waffensammler aus Hennef

Hennef · Nach der Explosion von Weltkriegsmunition in einem Einfamilienhaus in Hossenberg geht laut Polizei keine Gefahr mehr aus. Der Einsatz dauert aber noch an, Polizei, Feuerwehr und THW räumen die Trümmer auf.

Erst qualmt es nur aus der Plastikkiste vor der Garage im Wohngebiet „An der Obstwiese“. Bis dahin ein Standardeinsatz für die Feuerwehr, die an diesem hochsommerlich heißen Montagnachmittag ihre Schläuche ausrollt und den kleinen Brand löschen will. Doch dann wird der Rauch dichter, färbt sich schwarz und olivgrün. Zunächst heißt es, Batterien würden dort lagern. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß: Es sind Panzergranaten und Brandmunition.

Die Feuerwehrleute gehen sicherheitshalber auf Abstand – eine Entscheidung, die vermutlich Leben rettet. Denn nur Sekunden später explodiert die Kiste, schleudert Munitionsteile und sogar einen Bollerwagen meterweit durch die Luft. Die Garage fängt Feuer. Und kurz darauf wird das gesamte Wohngebiet evakuiert. Der scheinbar kleine Routineeinsatz ist plötzlich unüberschaubar und heikel, er wird sich bis in die Nacht hinziehen. Die nahe gelegene A 560 ist zwischenzeitlich gesperrt, ebenso die Bahnstrecke im Siegtal.

Explosion in Hennef
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Mit dem Metalldetektor auf der Suche nach Munition

Ein 51-jähriger Hennefer hat im Haus seiner Eltern kiloweise Weltkriegsmunition gelagert. Die Eltern wussten nichts von der Sammelleidenschaft ihres Sohnes. Der Polizei gibt er zu Protokoll, die teilweise scharfe Munition mit dem Metalldetektor gefunden zu haben. Ob ihm klar war, welche Gefahr davon ausging?

Darauf gibt es auch am Tag nach der Explosion keine Angaben der Behörde. Sie hat den Fall nun an die Staatsanwaltschaft Bonn weitergegeben, die gegen den Hennefer ermittelt. Verstöße gegen das Sprenggesetz, das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz stehen im Raum. Genauso wie das fahrlässige Herbeiführen einer Explosion. Nachdem er mehrere Stunden lang verhört worden war, ist er seit Dienstagnachmittag auf freiem Fuß.

Zu dieser Zeit sind die Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes damit beschäftigt, die restliche Munition aus dem Haus und der Garage zu räumen. „Von dem, was noch übrig war, ging keine Gefahr mehr aus“, berichtet Brandermittler Michael Trübert. Er und seine Kollegen haben noch am Montagabend die scharfe Munition unschädlich gemacht. In einem nahe gelegenen Feld sprengten sie unter anderem eine panzerbrechende Granate in die Luft. Danach durften die Anwohner, die in einem Radius von 150 Metern ihre Wohnungen hatten verlassen müssen, wieder nach Hause.

THW rückt zur Untersuchung der Garage an

Im Elternhaus des 51-Jährigen stellen die Ermittler drei volle Eimer mit Gewehr- und Pistolenmunition sicher. „Teils verschossen, teils nicht verschossen“, sagt Polizeisprecher Stefan Birk. Auch Handgranaten und Granathülsen tragen sie nach draußen. „Sie waren aber delaboriert und nur als Dekoration brauchbar“, so Birk.

Um die Garage untersuchen zu können, muss das Technische Hilfswerk aus Siegburg anrücken. Der Bau ist durch den Brand einsturzgefährdet. Mit schwerem Gerät reißen die Ehrenamtlichen das verformte Garagentor heraus.

Im Innern stapeln sich Möbel und Kartons. Aber auch Gasflaschen und Spritkanister transportiert das THW ab. „So einen Einsatz haben wir nicht alle Tage, vieles ist auch für uns neu“, sagt der Siegburger THW-Chef Ralf Beyer. Die Helfer bewegen sich trotz der Entwarnung vorsichtig. Sie schauen jedes Teil, bevor sie es in die Hand nahmen, zweimal an.

Einsatzkosten muss vermutlich der Sammler tragen

Auch für die Stadt Hennef ist ein solcher Großeinsatz, an dem mehr als 150 Feuerwehrleute aus der Region und knapp 100 Polizisten teilnahmen, ein einmaliges Ereignis. „So etwas hatten wir hier noch nie“, sagt Sprecherin Mira Steffan. Die Stadt hat in der Gesamtschule Meiersheide ein Notfalllager eingerichtet zur Betreuung und Versorgung der Anwohner. Ein Bürgertelefon informiert über die aktuelle Lage. „Wir haben auf Bandansage umgestellt, als die Resonanz nicht mehr so groß war“, so Steffan. Über die Onlinekanäle von Twitter und Facebook erreicht die Stadt die meisten Leute. Eine Erfahrung, die sie auch schon beim Bombenfund in der Realschule gemacht hat.

In den nächsten Tagen und Wochen wird der Einsatz die Stadtverwaltung weiter beschäftigen, auch wenn schon am Dienstag Entwarnung gegeben werden konnte und die Einsatzkräfte abrücken. Denn es wird berechnet, was der Einsatz die Kommune gekostet hat. „Seriöse Schätzungen können wir noch nicht abgeben, weil so viele Feuerwehren beteiligt waren“, erklärt Steffan. Doch der Schaden dürfte in den sechsstelligen Bereich gehen. Die Stadt geht davon aus, dass der 51 Jahre alte Hennefer „grob fahrlässig“ gehandelt hat. Vor allem weil die Munition ungesichert in einer Plastikkiste in der Sonne lag und sich wahrscheinlich durch die Hitze entzündet hat. „Wir werden die Kostenersatzansprüche geltend machen“, so Steffan. Das Haus ist derzeit nicht bewohnbar. Die vom Brand beschädigte und einsturzgefährdete Garage wurde laut Polizei vom THW abgerissen.

Leitungswasser zeitweise gelb gefärbt

Im Einsatz waren fünf Wasserwerfer, die in der Spitzenzeit mit 8000 Liter pro Minute die Munition kühlten. Für die Löscharbeiten wurde deswegen im Großraum Siegbogen viel Wasser benötigt und abgesaugt. Deshalb war nach Mitteilung der Stadt das Leitungswasser zeitweise gelb gefärbt. Dabei handelte es sich um ungefährliche Mineralien, die sich durch die schnellere Fließgeschwindigkeit lösten.

Im Umkreis von 150 Metern wurde evakuiert

Gegen 15.23 Uhr am Montagnachmittag hatte es den ersten großen Knall gegeben. Laut Polizei könnte die sommerliche Hitze die Explosion ausgelöst haben- in einer Kiste, die vor der Garage stand. Es folgte eine regelrechte Kettenreaktion in dem Waffenlager, das Granaten, Brand- und Sprenggeschosse enthielt. Durch die Detonationen geriet eine Garage in Brand, dichter Rauch stand über der Siedlung.

Während die Feuerwehr mit den Löscharbeiten begann, kam es immer wieder zu kleineren Explosionen.

Die Stadt Hennef hat unter der Nummer 02242/888 500 ein Bürgertelefon eingerichtet.

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