Sportschule Hennef Hier können Frauen unter sich schwimmen lernen

Hennef · Gihan Ibo hat einen großen Traum: Sie möchte das Abzeichen zur Rettungsschwimmerin machen. Die 29-jährige Frau aus Syrien lebt seit rund vier Jahren in Deutschland.

 Erfolgreich haben Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund in der Sportschule Hennef einen Schwimmkurs absolviert.

Erfolgreich haben Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund in der Sportschule Hennef einen Schwimmkurs absolviert.

Foto: Meike Böschemeyer

"Die deutsche Sprache lernen und schwimmen: Das sind die zwei Dinge, die ich von Anfang an in Deutschland gemacht habe", berichtet Ibo. Sie ist die erste Teilnehmerin des reinen Frauen-Schwimmkurses in Hennef, die mit dem Abzeichen "Gold" ausgezeichnet wurde.

Seit 2015 bietet das Jugendzentrum Deichhaus unter Trägerschaft der Katholischen Jugendagentur Bonn in Zusammenarbeit mit dem Polizeisportverein Siegburg Schwimmkurse für Frauen an, die wegen ihres Glaubens kein öffentliches Schwimmbad besuchen möchten.

"Wir wollen allen die Möglichkeit geben, schwimmen zu lernen", erklärt Tanja Lorenzen von der Katholischen Jugendagentur Bonn. Vor allem muslimische Frauen nehmen an den Kursen teil, da sie sich nicht unbedeckt in öffentlichen Bädern zeigen möchten.

So haben sie häufig gar keine Gelegenheit, schwimmen zu lernen. "Ich finde es sehr schade, dass es in den öffentlichen Schwimmbädern nicht wenigsten einen Nachmittag pro Woche gibt, an dem nur Frauen schwimmen dürfen", sagt Teilnehmerin Nora Strikcani. Beim Kursus in der Sportschule Hennef bringen sechs Frauen den Teilnehmerinnen die Grundschwimmarten bei.

Strikcani war sofort begeistert von der Idee und würde dem Kursus "100 Sterne vergeben". "Ich könnte nur mit Burkini in ein öffentliches Schwimmbad gehen. Doch da würde ich mich unwohl fühlen, weil das wahrscheinlich sehr negativ aufgenommen würde. Deshalb bin ich froh, dass ich hier das Schwimmen lernen konnte", findet die 40-Jährige, die vor kurzem das Bronzeabzeichen erhielt.

Dazu kommt: "Im Burkini zu schwimmen, ist fast so, als würde man Kleidung tragen. Das ist für jemanden, der nicht schwimmen kann, kaum möglich. Hier können die Frauen im Bikini oder Badeanzug schwimmen", erläutert Tanja Lorenzen.

Drei Viertel der Frauen können mittlerweile schwimmen und haben das Seepferdchen gemacht. Das ist nicht selbstverständlich, denn häufig müssen die Trainerinnen bei den Frauen gegen tiefsitzende Ängste ankämpfen.

"Manche Frauen sind mit Booten über das Meer nach Deutschland gekommen und konnten nicht schwimmen. Sie haben große Angst vor dem Wasser. Man muss dann Schritt für Schritt und ohne Druck aufzubauen mit ihnen arbeiten", erklärt Lorenzen die Vorgehensweise.

Anders sei es bei den Kinderschwimmkursen, die seit einem Jahr in der Sportschule Hennef angeboten werden: Bevor der Kursus für Frauen anfängt, können nun auch Fünf- bis Zwölfjährige im Wasser planschen.

Bei ihnen sei es einfacher, die Ängste abzubauen. Lorenzen sagt: "Die Wartelisten für Schwimmkurse in Siegburg sind zum Teil für die nächsten drei Jahre voll. Da gibt es natürlich besonders viele Interessenten für unser Angebot."

Es wirke sich auch negativ auf die Sportnote der Kinder aus, wenn diese nur am Beckenrand sitzen können, sagt die Trainerin Sonja Göde. Zwei Drittel der momentan 15 Kinder hätten Migrationshintergrund, wodurch der Schwimmkursus wie eine Integrationsmaßnahme wirke. "Ich hoffe, dass das Projekt noch lange weitergeführt wird", sagt die Schwimmerin Fazeela Aziz.

Tanja Lorenzen sieht positiv in die Zukunft und kann jetzt schon versichern, dass der Schwimmkursus bis nächsten Sommer sicher weitergeht - und wahrscheinlich auch darüber hinaus finanziert wird. Schließlich muss Gihan Ibo noch ihr Abzeichen als Rettungsschwimmerin machen, um dann selber eines Tages am Beckenrand zu stehen und anderen Frauen die Sportart beibringen zu können.

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