Berg- und Talfahrt Diese Route durchs Bröltal bringt Radfahrer auf Hochtouren

Schmale Pfade und steile Hänge: In den Wäldern rund um das Bröltal können sich Mountainbiker stundenlang austoben.

Wenn der Dreck den Abfluss der Dusche verstopft, weiß man, dass die Mountainbiketour gut war. Zwei Ladungen Shampoo sind nötig, um auch die letzten Matschspritzer von der Haut zu waschen. Nach knapp 30 Kilometern über Wurzelwerk, umgestürzte Bäume und steile Hänge fühlen sich die Beine schlaff an. Doch der Spaß und das Adrenalin entschädigen.

Das Bröltal ist nicht gerade für seine Fahrradfreundlichkeit bekannt. Entlang der Bundesstraße zwischen Hennef und Ruppichteroth gibt es keinen durchgehenden Radweg. Doch wer sich abseits der Straßen in die Wälder und entlegenen Dörfer traut, wird als Mountainbiker von unzähligen Trails, also schmalen Wegen, überrascht. „Es gibt Tausend Möglichkeiten hier eine mehrstündige Tour zu gestalten“, sagt Werner Schmitt, der häufig rund um das Bröltal unterwegs ist. Seiner Meinung nach hat es einen entscheidenden Vorteil gegenüber den umliegenden Regionen: „Hier gibt es nicht so lange Steigungen wie beispielsweise im Sauerland.“ Heißt: Viele kleine Anhöhen erkämpfen und sich auf die Abfahrt freuen. Immer und immer wieder.

Doch zunächst geht es über den Asphalt. Der Longdendale-Platz in Schönenberg ist mit dem Imbiss Futterkrippe vor allem bei Motorradfahrern bekannt. Parkplätze gibt es hier genug. Die Portion Pommes sollte aber bis zum Ende der Rundtour warten. Zwar geht es anfangs über asphaltierte Straßen sanft nach oben, doch insgesamt stehen rund 700 Höhenmeter an.

Fahrradhelm sollte Pflicht sein

Das erste Ziel ist die Römerstraße. Schenkt man dem Volksmund Glauben, soll sie vom römischen Kaiser Probus oder vom Feldherren Drusus gebaut worden sein. Fakt ist jedenfalls, dass die sogenannte Nutscheidstraße, die nach dem dazugehörigen Waldgebiet benannt ist, vom 12. bis ins 18. Jahrhundert die bedeutendste Fernverbindung im Süden des Bergischen Landes war. Erst als die Strecke durch das Bröltal ausgebaut wurde, verlor sie an Bedeutung. Der Abraum aus dem benachbarten Tal landete übrigens auf der Römerstraße, die deshalb besonders fest ist. Bei Wanderern ist diese Strecke, die von Köln bis ins Siegerland reicht, beliebt. Im kleinen Örtchen Schneppe steht eine Kapelle, die Reisenden als Ruheort dient. Irgendjemand hat hier einmal zwei Plastikstühle hingestellt. Vertrauenserweckend sehen sie nicht aus – aber sie halten einem Hundert-Kilo-Mann stand.

Wer auf Nummer sicher gehen will, setzt sich lieber auf die Treppenstufe. Apropos Sicherheit: Der Fahrradhelm sollte Pflicht sein. Nicht nur wegen der Sturzgefahr, sondern auch wegen der heimischen Wildnis. Gerade in der Brutzeit zwischen März und Mai sind Bussarde besonders aggressiv. Dann attackieren die Greifvögel mit Vorliebe vorbeirasende Köpfe. Doch diesmal geht es gut. Nach breiten Wegen mit großen Pfützen, die mit viel Tempo auch übersprungen werden können, hat man die Wahl. Fahre ich über den matschigen Waldboden oder nehme ich den trockenen Pfad des Weges, der Einiges an Geschicklichkeit fordert? Beides! Erst Slalom durch die Bäume, geduckt an Ilex-Sträuchern vorbei. Und dann ab in den Schlamm. Die dicken Geländereifen versinken sofort. Pferde und Traktoren haben den Weg umgewühlt. In trockenen Zeiten dürfte er leichter zu fahren sein. Es kommt aber auch wieder festerer Boden.

Wie im Märchenwald

Dort, wo die Forstwirtschaft Bäume niedergelegt hat, riecht es nach frischem Holz. Fast wie in einem Märchenwald fällt das Licht durch an den kahlen, noch stehenden Stämmen vorbei. Tannennadeln bedecken die Fahrrinne und machen sie zu einer weichen Wolkenbahn. Nicht nur die Dämpfer des Mountainbikes federn, sondern auch der knisternde Waldboden. Aber diese Ruhe nimmt ein abruptes Ende.

Werner Schmitt zeigt nach links. „Nicht zu langsam fahren“, rät er. Die etwa 20 Prozent Gefälle des Trails schüchtern jedoch so sehr ein, dass der Finger immer leicht den Bremshebel andrückt. Während er vorprescht, bin ich vorsichtiger. Und liege nach den ersten 50 Metern auf dem Boden. „Die nassen Wurzeln sind rutschiger, wenn man langsam drüber fährt“, sagt Schmitt. Fortan heißt es also den Hintern aus dem Sattel heben, das Körpergewicht leicht nach hinten verlagern und niemals anhalten. Außer es liegt ein Baum im Weg. Oder gleich ein ganze Baumgruppe. „Überbleibsel des letzten Sturms“, erzählt Schmitt. Wenigstens kann man den Zwangsstopp dafür nutzen, sich zwischendurch mit dem klaren Bachwasser die Dreckspritzer aus dem Gesicht zu waschen.

Ab jetzt geht es durch das Bröltal, allerdings auf der nicht befahrenen Seite des Baches. Es ist ein langer und zehrender Anstieg hoch nach Winterscheid. Wenigstens kann man am Dorfweiher oder im Biergarten des Restaurants Zur Post bei einer Rast Luft holen. Und noch einmal den Luftdruck in den Reifen kontrollieren, der für die schnellste Abfahrt der Tour stimmen sollte. Wer in die Pedale tritt, kommt leicht auf 40 Stundenkilometer. Am Fuße des Bergs liegt die Burg Herrnstein mit seinem hochmodernen Wasserkraftwerk, das Graf Maximilian von Nesselrode vor Kurzem hat bauen lassen. Mit Anbruch der Abenddämmerung wird es von Scheinwerfern beleuchtet, die das alte Gemäuer besonders schön hervorheben. Von da geht es noch einmal eine lange Strecke nach oben, worauf – wie sollte es auch anders sein – eine weitere schnelle Abfahrt folgt. Der letzte Kilometer ist unspektakulär und führt zurück zum Longdendale-Platz. Lust auf eine Portion Pommes?

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