Lotsen gegen die Bürokratie Zertifikate für 15 Behindertenhelfer

KÖNIGSWINTER · Es war eine Mischung aus purer Erleichterung, herzlicher Dankbarkeit und einer Menge Stolz, die jetzt bei der Zertifikatsverleihung für die neu geschulten Behindertenlotsen im Arbeitnehmer-Zentrum in der Luft lag. 15 teils selbst behinderte Teilnehmer hatten sich dieser Auszeichnung im Rahmen eines sechsmonatigen Workshops vom NRW-Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales redlich verdient gemacht.

 Zertifiziert: Sechs Monate lang haben die neuen Behindertenlotsen in Workshops und Übungen gelernt, wie Menschen mit Handicaps wirksam geholfen werden kann.

Zertifiziert: Sechs Monate lang haben die neuen Behindertenlotsen in Workshops und Übungen gelernt, wie Menschen mit Handicaps wirksam geholfen werden kann.

Foto: Frank Homann

"Was ist wichtig für mich? Wer hilft mir? Was sind überhaupt meine Rechte?" All das sind Fragen, mit denen auch behinderte Menschen immer wieder konfrontiert werden. Dabei den Durchblick zu behalten, fällt oftmals nicht leicht. Umso schwerer ist es, wenn man durch eine Behinderung beeinträchtigt ist.

Um den Betroffenen einen Wegweiser an die Hand geben zu können, der bei Bürokratie und Behörden hilft, bildet das Zentrum für selbstbestimmtes Leben Köln in Kooperation mit der Stiftung Christlich-Soziale Politik Lotsen für Menschen mit Behinderung aus.

In den Lehrgängen werden die Teilnehmer in Sozialwissen, Recht und Finanzen sowie Beratungs- und Vernetzungskompetenz unterrichtet. Vorträge und Übungen sollen Menschen, die sich sozial bereits engagieren oder Hilfe für Angehörige benötigen, befähigen, Hilfe in vielen Lebenslagen zu leisten. Die jetzt in Königswinter ausgebildeten ehrenamtlichen "Lotsen für Menschen mit Behinderung" werden künftig im gesamten Rheinland unterwegs sein.

Das Ziel ist laut Projektleiterin Sandra Meinert klar: "Wir möchten ein Hilfsnetzwerk im Rheinland aufbauen. Auf unserer Homepage können die Lotsen ab sofort im Hilfefall kontaktiert werden." Wichtig sei während der Schulungszeit weiterhin gewesen, den Teilnehmern keine Übermenschen als Referenten vorzusetzen. Vielmehr waren es "selbst Beeinträchtigte, die einer Vorbildfunktion bei ihren Vorträgen nachkamen und den angehenden Lotsen klarmachten, dass jeder etwas erreichen kann", so Meinert.

Infos zum Hilfsnetzwerk der Lotsen "Hilfe zur Selbsthilfe vor Ort" gibt es unter www.lotsen-nrw.de.

Lotsen im Kreis:
Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es derzeit nur zwei anerkannte Behindertenlotsen: die Behindertenbeauftragte der Stadt Sankt Augustin, Gisela Albrecht, Telefonnummer 02241/341382), und den Behindertenbeauftragten der Gemeinde Much,Jürgen Buchholz, Telefonnummer 02245/600845). kl

Kurz gefragt:
Cindy Dillmann (55) aus Köln berichtet über ihre Erfahrungen beim Behindertenlotsen-Workshop. Mit ihr sprach Marius Helmling.

Was hat Sie dazu motiviert, sich zum Behindertenlotsen ausbilden zu lassen?
Cindy Dillmann: Ich leiste bereits seit 30 Jahren ehrenamtliche Arbeit in Selbsthilfegruppen und wollte meine Erfahrungen mit Fachwissen untermauern.

Was war für Sie das Wichtigste an der Ausbildung?
Dillmann: Bei allen menschlichen Erlebnissen, ist es in der heutigen Zeit enorm wichtig, etwas Schriftliches vorweisen zu können. Das Zertifikat dient als Lizenz, Bestätigung unserer Leistung und hilft uns in Zukunft anerkannt zu werden.

Gab es für Sie ein besonderes Schlüsselerlebnis?
Dillmann: Nein eigentlich nicht. Wenn man etwas hervorheben will, dann dass der gesamte Austausch mit Referenten, Teilnehmern und Leitern im Team unterm Strich das tollste Erlebnis war.

Was können Sie über diese Betreuung weiter berichten?
Dillmann: Alles war tipptopp organisiert. Unsere Anstrengungen bei den Workshops haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Wie geht es nun als Behindertenlotsin für Sie weiter?
Dillmann: Ich werde meine Arbeit für den Verein "Querhandicap" intensivieren. Durch mein neues Wissen will ich unter anderem Internetpräsentationen erstellen und Kranken helfen.

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