Musikzug "Bergklänge" vertont Hindenburg-Drama bei Konzert auf Schloss Drachenburg Wie ein brennender Zeppelin

KÖNIGSWINTER · "Hilfe, Hilfe", riefen die Musiker des Musikzugs Bergklänge Heisterbacherrott in der vollen Kunsthalle von Schloss Drachenburg. Doch alle, die es hörten, blieben sitzen. Sie applaudierten sogar.

Schließlich trug das Stimmengewirr der Musiker zur Atmosphäre einer Katastrophe bei, an die sie mit ihrem Instrumentenspiel erinnerten: das Unglück des Zeppelins Hindenburg, der 1937 bei der Landung in den USA in Flammen aufging.

Doch vor der Dramatik, die auch durch Disharmonien in der Musik Ausdruck fand, standen die Euphorie und der Stolz über das Prestigeobjekt deutscher Ingenieurskunst. Zum Spiel von Flöten, Klarinetten, Trompeten, Saxofonen und Schlagwerk glitt das rund 245 Meter lange Luxus-Luftschiff vor dem geistigen Auge des Publikums majestätisch und elegant durch die Lüfte.

Sehnsucht, Feierlichkeit und Ehrerbietung spiegelte die Interpretation wider, bevor fahrige Klänge und donnernde Trommelschläge die Hektik und das Drama an Bord nachzeichneten. Eine einzelne Klarinette spielte die Trauermusik, aber später brachten alle Orchestermitglieder gemeinsam nochmals das Ehrfruchtehrbietende vom Beginn zum Vorschein.

Michael Geislers "Hindenburg" ist beim Schlosskonzert indes nur eine von vielen und vielfältigen Interpretationen gewesen, mit denen die 40 Musiker ihre Zuhörer in der ausverkauften Kunsthalle des Schlosses berührten und zu langen Beifallsbekundungen bewegten.

Ihre musikalische Reise umspannte den Globus und hielt viele Bonbons bereit: von Giacomo Puccinis "Nessun dorma" bis zu einem "Tribute to Amy Winehouse" und vom Deutschmeister-Regimentsmarsch bis zu "Movie Milestones" von Filmkomponist Hans Zimmer mit Auszügen aus den Kinoerfolgen "Madagaskar", "Der König der Löwen" und "Fluch der Karibik". Genauso fanden Schlager, Swing, Rock und keltische Klänge Berücksichtigung im Programm.

Viele Seiten des Orchesters traten bereits beim zweiten Stück, "Crith Mhonadh", zutage. Es verband Kirchenlied und höfische Musik, feierlichen Marsch, Rhapsodie und keltischen Tanz. Auch in den Genuss der ersten Soli kam das Publikum zu diesem Zeitpunkt bereits.

Was den Vorsitzenden der Bergklänge und Moderatoren des Abends, Gerd Mainzer, besonders freute: dass sich das Orchester verjüngt hat. Acht Musiker aus dem Jugendorchester des Vereins sind ins "große Orchester" nachgerückt. Vom 14-Jährigen am Flügelhorn bis zum 88-jährigen Tubaspieler rückten alle zusammen und verschmolzen akustisch zu einem ansprechenden Ganzen unter der musikalischen Leitung von Klaus Käsbach.

Mit "Merci, Cherie" und anderen Songs von Udo Jürgens war es noch nicht Zeit für das Publikum, "Danke" zu sagen, wohl aber bald nach dem "The Sound of Silence" von Simon and Garfunkel. Doch einen Höhepunkt hielt der Musikzug noch bereit: Zum "Celtic Crest" hielt Dudelsackspieler Martin Heinke der Nutscheid Forest Pipeband im Mittelgang Einzug durch die Zuschauerreihen.

Bei "Highland Cathedral" sorgte der Dudelsack erneut für Gänsehaut. Nach der anderen Zugabe, die durch Ed Sheeran bekannt geworden ist, war nicht nur Ursula Pfeifer - die 80-Jährige ist wohl die treueste Zuhörerin der "Musikklänge" -, sondern das ganze Publikum entsprechend dem Songtitel einer Meinung über das Konzert: "Perfect".

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