Wanderer bleiben hungrig Viele Ausflugslokale im Siebengebirge dienstags zu

Siebengebirge · Wer nicht gerade am Wochenende wandern geht, muss Einkehrmöglichkeiten suchen. Die meisten Gasthäuser haben dienstags Ruhetag, manche machen auch an zwei Tagen zu.

 Volles Haus: Am vergangenen Sonntag hatte das Einkehrhaus Hochkonjunktur. Dienstags ist auch hier Ruhetag.

Volles Haus: Am vergangenen Sonntag hatte das Einkehrhaus Hochkonjunktur. Dienstags ist auch hier Ruhetag.

Foto: Frank Homann

Wer dienstags im Siebengebirge als Wanderer oder mit dem Mountainbike unterwegs ist, sollte sich genügend Proviant einpacken. Oder aber bei der Routenplanung einen Abstecher zum Milchhäuschen einplanen. Dabei machten die Dienstage in diesem Jahrhundertsommer, der im Herbst eine Fortsetzung erfuhr, bisher keine Ausnahme.

Das Wetter lud wie fast jeden Tag zu einem Ausflug ins Siebengebirge ein. Vorausgesetzt man hatte frei und es war nicht ganz so heiß. Wer sich an diesen Tagen jedoch auf eine stärkende Mahlzeit oder ein Erfrischungsgetränk in einem der zahlreichen Ausflugslokale gefreut hatte, wurde enttäuscht. Nur das Milchhäuschen am Hauptwanderweg zwischen der Königswinterer Altstadt und der Margarethenhöhe hat dienstags geöffnet und stattdessen montags Ruhetag.

Noch bis Januar hatte das Gasthaus auf dem Oelberg dienstags auf und nur montags geschlossen. Und bis vor zwei Jahren hatte der Löwenburger Hof gar keinen Ruhetag. Aber jetzt ist alles anders. „Es wird immer schwieriger, Mitarbeiter in der Gastronomie zu finden“, sagt Alexandra Prinz, die mit ihrer Familie Wirtin auf dem Oelberg ist. „Wir sind ein Familienbetrieb mit drei Kindern und können nicht 60 bis 70 Stunden in der Woche arbeiten. Wir brauchen die zwei Tage, um neue Kräfte zu sammeln“, bittet sie um Verständnis für die Entscheidung, einen zweiten Ruhetag einzuführen.

Hauptgeschäft an den Wochenenden

Bei dem anhaltend schönen Wetter in diesem Jahr sei das für die Wanderer natürlich schade. In anderen Jahren sei es an den Wochentagen aber oft auch sehr ruhig, meint sie. Der Löwenburger Hof wählte vor zwei Jahren eigens den Dienstag als Ruhetag, weil der Oelberg und das Milchhäuschen damals montags geschlossen hatten. Über Generationen von Pächtern hatte die Gastronomie dort bis auf den 25. Dezember das ganze Jahr über geöffnet.

Dann zollte man jedoch einer einfachen Erkenntnis Tribut. „Wir sind ein Ausflugslokal und machen unser Hauptgeschäft an den Wochenenden“, sagt Mitarbeiter Thorsten Jonas. Er rechnet damit, dass irgendwann die gesamte Branche zur Fünf-Tage-Woche übergehen wird.

Die ältesten Rechte auf den Ruhetag am Dienstag hat sicherlich das Einkehrhaus. Das verwunschene Lokal am Wanderweg zwischen Petersberg und Oelberg kann man mit Fug und Recht als Familienunternehmen bezeichnen. Daniel Grewe und seine Frau Kerstin führen das Haus in vierter Generation. Im vergangenen Jahr wurde das 90-jährige Jubiläum gefeiert. „Wir haben seit mindestens 30 Jahren dienstags Ruhetag“, sagt Daniel Grewe.

Ein Bankberater hätte das damals seiner Mutter nahegelegt, damit sie wenigstens einen Tag in der Woche hatte, um Einkäufe und andere Dinge zu erledigen. „Wenn ich es schaffe, mache ich vielleicht auch irgendwann einen zweiten Ruhetag“, meint er. Von Mitarbeiterschwund wie anderswo könne bei ihm allerdings keine Rede sein. Gerade erst hat er eine neue Mitarbeiterin für die Küche eingestellt. „Da haben wir echt großes Glück“, sagt Grewe.

Margarethenkreuz steht zum Verkauf

Paul Bachem, dessen Restaurant-Café Margarethenkreuz auf der Margarethenhöhe im Februar 2019 seit 175 Jahren im Familienbesitz ist, hat ebenfalls seit Ewigkeiten dienstags zu. Dass jetzt auf einmal fast alle Lokale an diesem Tag geschlossen seien, sei „für die Gäste eine Katastrophe“, räumt er ein. Neuerdings habe zudem der Italiener in Ittenbach dienstags zu. Und das Restaurant im Hotel im Hagen ist nur an den Wochenenden geöffnet. Nur der Hotelbetrieb geht auch in der Woche weiter.

Früher hätten die anderen Lokale meist montags und die Alte Post, die es nicht mehr gibt, donnerstags geschlossen, berichtet Bachem. „Ich würde ja sogar mittags öffnen. Aber ich muss auch sehen, dass der Partner das mitmacht“, meint er.

Die lange Familientradition wird im Übrigen in absehbarer Zeit beendet sein. „Ich mache das seit 20 Jahren und werde 65. Und die Kinder wollen es nicht weiterführen“, sagt Bachem. Aus diesem Grund bietet er das Margarethenkreuz zurzeit zum Kauf an. Was allerdings alles andere als einfach werde. „Das ist nicht so leicht zu verkaufen“, ist Bachem Realist.

Um das Erbe seiner Familie in Ehren zu halten, hatte der Humanmediziner 1998 einen durchaus bemerkenswerten Beschluss gefasst. Er gab seinen Beruf als Arzt in einem Bonner Krankenhaus auf und führte das Lokal nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter Charlotte Bachem weiter.

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