Projekt an der Realschule Oberpleis Spielend zur Integration

Königswinter · 14 Schüler der Internationalen Förderklasse an der Realschule Oberpleis nehmen an dem Workshop-Projekt „Schritt für Schritt zur erfolgreichen Integration“ teil und lernen dort, wie Deutschland tickt.

 Nur wenn alle Schüler der Internationalen Förderklasse zusammenarbeiten, kann das Stuhl-Spiel funktionieren.

Nur wenn alle Schüler der Internationalen Förderklasse zusammenarbeiten, kann das Stuhl-Spiel funktionieren.

Foto: Frank Homann

Slawa ist 16 Jahre alt und kommt aus Syrien. Sie schiebt eine Haarsträhne hinters Ohr. Dann schaut sie mit festem Blick in die Runde und zeigt auf einen Zettel an der Pinnwand. „Wir haben gelernt, dass Mann und Frau gleich sind. Kein Mann darf eine Frau schlagen – und umgekehrt. Und jeder darf seine eigene Religion haben.“ Dann setzt sie sich wieder, die anderen applaudieren.

Slawa ist eine von 14 Schülerinnen und Schülern, die die Internationale Förderklasse an der Realschule Oberpleis besuchen und am Projekt „Schritt für Schritt zur erfolgreichen Integration“ teilnimmt. Seit September vergangenen Jahres gibt es das Projekt, das aus nicht in Anspruch genommenen Mitteln aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie aus zurückgestellten Geldern in Bezug auf die RWE-Aufsichtsratstätigkeit von Landrat a.D. Frithjof Kühn finanziert wird.

Es ist ein Kooperationsprojekt von Realschule, Stadt Königswinter und der Initiative für Sozial- und Wirtschaftskompetenz Köln (ISWK) und läuft bis zu den Sommerferien. Für die Jugendlichen, die jeden Montag in dem Klassenraum zusammenkommen, ist es weit mehr. Es ist ein sicherer Raum, in dem sie Hilfe finden, ein offenes Ohr für ihre Ängste und Sorgen – und wo sie die Chance bekommen, all das zu lernen, was für eine erfolgreiche Integration erforderlich ist.

Pantomimischer Anfang

Martin Albers erzählt eine Geschichte. Die Schüler stehen im Kreis, die Hände auf denen des Nachbarn. Immer wenn in der Geschichte das Wort „Bam“ fällt, müssen sie versuchen, die Hand des Nachbarn zu klatschen. In der Geschichte kommen jede Menge Worte mit „Ba“ am Anfang vor, die Schüler passen gespannt auf.

„Solche Spiele hätten wir zu Beginn gar nicht machen können“, sagt Thomas Kirschbaum. Wie sein Kollege Albers kommt er von der ISWK. Denn viele der Jugendlichen, die aus Syrien, Afghanistan, Albanien, Kroatien, Polen und Eritrea stammen, konnten zu Beginn kaum ein Wort Deutsch. „Also haben wir Spiele gespielt, wo Wörter nicht so wichtig waren.“ So sollten die Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren pantomimisch ihre Hobbys darstellen.

Jetzt, ein halbes Jahr später, können viele der Schüler bereits kleine Präsentationen übernehmen. Zum Beispiel darüber, was sie bereits gelernt haben. Regeln wie Pünktlichkeit und dass alle Deutsch sprechen. Und die Werte und Normen, die das Zusammenleben in Deutschland prägen. Die Gruppe hat sich mit der Gleichberechtigung ebenso auseinandergesetzt wie mit den Besonderheiten im Rheinland, den Festen und dem Jugendschutz. „Man darf erst Alkohol trinken und rauchen, wenn man 18 Jahre alt ist“, erläutert beispielsweise Jasmin.

Ziel: Schnellere Integration in den Arbeitsmarkt

Es geht aber auch darum, Vertrauen und den Umgang mit Konflikten zu lernen. „Ziel ist es, die Jugendlichen auf den Alltag vorzubereiten“, sagt Sandra Cochem, pädagogische Mitarbeiterin im Jugendamt, die das Projekt für die Stadt begleitet. Denn für die Jugendlichen ist nicht selten die Unsicherheit und Angst, etwas Falsches zu sagen, eine weitere Hemmschwelle. Ziel soll am Ende auch die schnellere Integration in den Arbeitsmarkt sein.

Daher steht derzeit das Thema Ausbildung auf dem Stundenplan. Dabei bekommen die Schüler nicht nur das deutsche Bildungssystem erklärt, sondern lernen in praktischen Übungen auch, wie man sich bewirbt oder ein Vorstellungsgespräch abläuft. Denn arbeiten wollen sie alle, vor allem die Jungs würden gerne als Automechaniker oder Elektriker einen Job finden. Andere wollen studieren.

Unterschiedliche Schulbildung

Realschulleiterin Monika Mattke ist von dem Projekt begeistert. „Unsere erste Aufgabe als Schule ist es, den Schülern Deutsch beizubringen, da kommen andere Themen schnell zu kurz“, sagt sie. Die Voraussetzungen, die die Schüler mitbringen, sind extrem unterschiedlich. „Die einen haben noch nie eine Schule besucht, andere sind in ihrer Heimat aufs Gymnasium gegangen“, sagt sie. Zudem sei von Vorteil, dass es sich bei den Projektleitern um Männer handelt und sie von außen kommen. Ihr Fazit: „Es ist wirklich ein tolles Projekt.“ Und es müsse viel mehr Angebote dieser Arbeit geben.

Kirschbaum schätzt an dem Projekt, dass es langfristig angelegt ist. „Normalerweise sind wir zwei bis vier Tage in einer Schule oder Berufsschule.“ In diesem Fall aber habe man die Zeit gehabt, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Das sieht auch Mattke so. „Die Jugendlichen wissen, wo sie Hilfe bekommen und suchen sie auch. Sie finden es toll, dass das Jugendamt immer greifbar ist.“ Oder wie der 16-jährige Hazem aus Syrien sagt: „Ich mag Deutschland, weil man uns hier hilft. Wenn wir Probleme haben oder traurig sind, können wir zu Frau Cochem oder Herrn Kirschbaum gehen. Danke dafür.“

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