Fastenaktion am CJD Königswinter Schüler verzichten vier Tage aufs Handy

Königswinter · Siebtklässler der Jugenddorf-Christophorusschule in Königswinter berichten von einer Woche freiwilliger Smartphone-Abstinenz. Für viele war der digitale Entzug eine positive Erfahrung.

 Shahab freut sich, dass er sein Handy wieder aus dem Umschlag holen darf.

Shahab freut sich, dass er sein Handy wieder aus dem Umschlag holen darf.

Foto: Frank Homann

Der Augenblick, als er nach vier handylosen Tagen am Freitag gegen 10.45 Uhr den braunen Umschlag mit dem roten Siegel öffnen durfte, war für den einen oder anderen Siebtklässler der Jugenddorf-Christophorusschule (CJD) geradezu ein Erweckungserlebnis. Für viele war der digitale Entzug aber durchaus auch eine positive Erfahrung.

Zum vierten Mal veranstaltete die Schule für alle siebten Klassen, fünf am Gymnasium und zwei an der Realschule, eine handyfreie Woche. Am Montag hatten die Schüler ihre Handys und Smartphones in der dritten Stunde in der Aula abgegeben, wo sie in den Briefumschlägen eingetütet und mit einem Siegel verschlossen wurden. Die Umschläge gaben die Schüler zu Hause in die Obhut ihrer Eltern.

„Ich habe stressfreier gelebt, weil ich mal nicht ans Handy gedacht habe“, sagt Nina Kozuschek. Die Zwölfjährige, die das Gymnasium besucht, verabredete sich mehr mit Freunden, unternahm viel an der frischen Luft und lernte statt zehn in dieser Woche 20 Vokabeln am Tag. Wenn da nicht der Bruder gewesen wäre, der den Gebrauch seines Handys nicht reduzierte.

Für Gymnasiastin Sinah Kay (12) war es schwer, auf das Handy zu verzichten. Aber es hatte für sie doch auch etwas Gutes. Sie hatte mehr Zeit für anderes, zum Beispiel sich mit Freunden zu treffen und zu lesen. Sie will deshalb in Zukunft das Handy auch mal weglegen. Emily Gewehr (13) vom Gymnasium hebt ebenfalls die positive Erfahrung hervor. „Klar, wenn man alleine zu Hause ist, will man ans Handy.“ Aber auch ihr fiel dafür eine gute Lösung ein: „Ich habe eine Torte gebacken.“

Der Computer verhinderte, dass Langeweile aufkam

Jason Arena (13) von der Realschule fand es ohne Handy nicht so schlimm. „Ich hatte keine richtige Langeweile.“ Schließlich hatte er am Computer genügend andere Spiele auszuprobieren. Und mehr rausgegangen ist er auch. Lea Schümann (13) vom Gymnasium braucht ihr Handy sehr oft, um ihre Mutter anzurufen. Das konnte sie in den vergangenen Tagen nicht. Dafür verabredete sie sich verstärkt mit Freunden und pflegte ihre Hobbys. Überrascht war sie, als sie am Freitag in der CJD-Aula ihr Handy einschaltete. Sie hatte 3000 Nachrichten bekommen.

Das war aber beileibe nicht der Rekord. Lehrerin Sabine Kottmann-Körver, die vor einigen Jahren die Idee zum Handyfasten am CJD hatte, fragte, wer denn die meisten Nachrichten bekommen hätte. Der Höchstwert waren sage und schreibe 5500.

Die 180 Schüler aus sieben Klassen waren zuvor im Unterricht gut auf die handylose Zeit vorbereitet worden. Manche hätten die Sorge gehabt, dass sie für ihre Eltern dann nicht mehr erreichbar wären. Die größte Sorge für die allermeisten Schüler wäre freilich gewesen, dass sie das neueste Update des Echtzeit-Mehrspielerspiels „Clash Royale“ verpassen könnten. Die Eltern wurden im Übrigen in einem Elternbrief über die handylose Woche informiert. Ein Wunsch, den Sabine Kottmann-Körver schon seit Jahren hegt, geht dabei in der Regel nicht in Erfüllung. „Ich würde mir wünschen, dass Eltern oder Familien aus Solidarität mitfasten würden.“

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