Jugendliche und Politik Ratsmitglied für einen Tag

OBERPLEIS · 20 Zehntklässler der Realschule Oberpleis mischen beim Planspiel Kommunalpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung mit. Bei einer simulierten Sitzung im Rathaus treten sie als Mitglieder der Fraktionen von Köwis, CDU, SPD, FDP und Grünen in Aktion.

 Ganz bei der Sache sind die Jugendlichen im Sitzungssaal des Rathauses Oberpleis.

Ganz bei der Sache sind die Jugendlichen im Sitzungssaal des Rathauses Oberpleis.

Foto: Gabriela Quarg

Diskussionen über die Neuanlage und Sanierung von Parks, über die Errichtung eines Kunstrasenplatzes an der CJD-Schule und über den Bau einer Multifunktionshalle: Es war eine umfangreiche Tagesordnung, die der Stadtrat in seiner Sitzung am Mittwoch im Rathaus Oberpleis abzuarbeiten hatte. Bürgermeister Peter Wirtz und seine Kollegen aus der Verwaltung hatten es an diesem Abend allerdings nicht mit Ratsmitgliedern, sondern mit Jugendlichen zu tun.

Auf den Stühlen im Sitzungssaal saßen 20 Zehntklässler des Fachs Sozialwissenschaften der Realschule Oberpleis – und die hatten sich auf ihre Rolle als „Volksvertreter“ beim Planspiel Kommunalpolitik „Ohne Jugend ist kein Staat zu machen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung intensiv vorbereitet.

An zwei Projekttagen hatten die Schüler dabei die politischen Entscheidungsprozesse eines Stadtrates intensiv kennengelernt. Auf die Theorie folgte am dritten Tag die Praxis: Bei der simulierten Ratssitzung konnten die jungen Leute als Mitglieder verschiedener Fraktionen ihre eigenen kommunalpolitischen Anliegen verhandeln. Quatschen, Reinrufen und Störungen anderer Art waren tabu – darauf wies Bürgermeister Wirtz zu Beginn ausdrücklich hin. Allerdings erwiesen sich die Vertreter von Köwis, CDU, SPD, FDP und Grünen als ausgesprochen diszipliniert, so dass fünf Anfragen an die Verwaltung und ebenso viele Anträgen zügig abgearbeitet werden konnten.

Unter welchen Bedingungen könnte ein Zebrastreifen auf der Höhe Mathildenheimpark/Rewe-Markt aufgebracht werden, wollten die Mitglieder der SPD-Fraktion wissen – ein Wunsch, der vielen Oberpleiser Schülern schon seit Langem unter den Nägeln brennt. Michael Groß, Leiter des Geschäftsbereich Straßen und Stadtgrün, musste diesem Anliegen eine Absage erteilen: Aufgrund der Nähe zu den beiden bereits vorhandenen Zebrastreifen am Rathaus und im Innerort sei ein weiterer Zebrastreifen nicht realisierbar – es sei denn, die beiden anderen würden entfernt.

„Die FDP bekommt mal einen Antrag durch“

Im Vorfeld einiges zu recherchieren hatte Friedrich Berres vom Geschäftsbereich Organisation und Kultur: Welche Aufenthaltsmöglichkeiten gibt es in der Stadt Königswinter und wie sieht die Verwaltung beziehungsweise die Tourismus GmbH hier Gestaltungsmöglichkeiten, lautete die Anfrage der Grünen-Fraktion. Die Antwort: „Es gibt mannigfaltige Aufenthaltsmöglichkeiten“, so Berres und zählte diese auch akribisch genau auf, von der Rheinpromenade über die Weinberge, Plätze und Parks bis hin zu den Gipfelplateaus im Siebengebirge.

Spannender wurde es dann bei den Anträgen. So wollte die CDU-Fraktion gerne den Bau einer Multifunktionshalle realisiert haben. „Es gibt zu wenig Räume, wo Brauchtumsvereine ihre Trainingseinheiten absolvieren können“, erklärte „Fraktionschef“ Jan Leuwer. Die Baukosten in Höhe von maximal einer Million Euro sollten nach Möglichkeit von einem Privatinvestor übernommen werden.

Statt der erwarteten Zustimmung gab es allerdings Zweifel seitens der anderen Ratsmitglieder: Während Paul Blech (Grüne) in dieser Frage für eine Kooperation mit der Nachbarstadt plädierte, machte sich die FDP-Fraktion für eine Renovierung der bereits vorhandenen Hallen stark. „Dann wären sie zwar neuer, aber auch nicht größer“, bemängelte ein Gegner dieses Vorschlags – und aus den Zuschauerrängen ließ sich angeregtes Gemurmel und Getuschel vernehmen. Wirtz musste die echten Fraktionsmitglieder, die als Zaungäste fungierten, zur Ordnung rufen: „Ich muss die Zuschauer bitten, ruhig zu sein. Sonst muss ich Sie des Saals verweisen.“

Trotz aller Skepsis war es dann ausgerechnet der Antrag der FDP, der am Ende die meiste Zustimmung fand, und das mit nur sieben Ja-Stimmen. Da sich zwölf Ratsmitglieder enthielten, galt der Renovierungs-Antrag als angenommen.

„Was für ein ungewohntes Bild. Die FDP bekommt mal einen Antrag durch“, so Wirtz augenzwinkernd. Und dabei sollte es nicht bleiben: Auch ein weiterer Antrag der Liberalen zur Neuanlage und Sanierung von Parks fand – diesmal sogar mehrheitliche – Zustimmung.

Mit zwei gelungenen Anträgen avancierte die FDP damit zum Spitzenreiter, gefolgt von der SPD mit immerhin einem erfolgreichen Antrag, während CDU, Köwis und Grüne in die Röhre schauten. Viel Spaß gemacht hat es den Jugendlichen dennoch – im Namen aller Klassenkameraden bedankte sich Jan Leuwer ausdrücklich für die interessante Erfahrung als Ratsmitglied.

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