Vortrag bei der VHS Siebengebirge Physiker Metin Tolan nimmt James Bond ins Visier

SIEBENGEBIRGE · Es sind die ersten Szenen im Film "GoldenEye", und schon geht es ordentlich zur Sache: Schauspieler Pierce Brosnan fährt als Agent Ihrer Majestät auf einem Motorrad über eine Klippe, stürzt im freien Fall einem Flugzeug im Sinkflug hinterher - und schafft es tatsächlich, dieses einzuholen.

 Stunt-Profi und Genießer: Schauspieler Daniel Craig als Agent James Bond in einer Szene des 007-Thrillers "Casino Royale".

Stunt-Profi und Genießer: Schauspieler Daniel Craig als Agent James Bond in einer Szene des 007-Thrillers "Casino Royale".

Foto: dpa

In letzter Sekunde steigt er ein, bewahrt den führerlosen Flieger vor dem Absturz und entwischt in eben jenem in letzter Sekunde seinen Verfolgern. Eine spektakuläre Anfangsszene, die den Maßstab für die folgenden zwei Stunden setzt - doch ist sie überhaupt realistisch? Hätte James Bond, alles Agententraining in Ehren, solch einen Stunt wirklich überleben können?

Metin Tolan, Professor für experimentelle Physik an der Technischen Universität Dortmund, weiß die Antwort. Sein Forschungsgebiet ist für den Physiker nicht bloß trockene Theorie - als Filmfan widmet sich Tolan regelmäßig der Frage, ob markante Szenen (allen voran aus James-Bond-Filmen) sich an die Gesetze der Physik halten oder ob sie doch bloß dramaturgischen Regeln folgen. Zum Auftakt des neuen Semesters an der Volkshochschule (VHS) Königswinter bewies der Professor im voll besetzten Haus Bachem: Gänzlich unmöglich ist solch ein Flugzeug-Stunt zwar nicht, doch von Realismus kann trotzdem kaum die Rede sein.

Die ganz komplizierten Gleichungen hatte der Experte für seinen anderthalbstündigen Gastvortrag natürlich ausgespart. Anspruchsvolle Physik gab es dennoch - allerdings unterhaltsam verpackt und im Schnelldurchlauf. Nach einigen Rechnungen zeigte sich: 007 könnte tatsächlich in den herabstürzenden Flieger steigen. Er müsste dafür "nur" gut 14 Mal windschnittiger sein als das Flugzeug und dessen Geschwindigkeit auf etwa zwei Stundenkilometer genau einschätzen. Letzteres funktioniert allerdings nur über ein gekoppeltes, nichtlineares Differentialgleichungssystem erster Ordnung.

Und wie der Name bereits vermuten lässt, wäre es derart kompliziert zu berechnen, dass ohne technische Hilfe in der Flut an Variablen kaum Land zu sehen wäre. Und selbst wenn 007 dies im Kopf gelänge, wäre da immer noch die Sache mit der Aufprallgeschwindigkeit. Denn selbst für James Bond wäre ein Frontalaufprall mit mehr als 80 Stundenkilometern sicherlich zu viel des Guten.

Mit reichlich Humor legte Tolan anhand mehrerer Beispiele nahe, warum die Bond-Thriller nicht wirklichkeitsgetreu sind. So demonstriert 007 alias Roger Moore etwa in "Leben und sterben lassen" im Jahr 1973 die Leistungsfähigkeit seiner Elektromagnet-Armbanduhr, indem er aus einem Meter Entfernung einen Löffel magnetisch anzieht. "Das ist zwar möglich", erklärte der Professor, "nur wäre dazu Strom von

40 Milliarden Ampere nötig, wobei sich die Uhr auf mehrere Milliarden Grad Celsius erhitzen würde." Problematisch seien vor allem der zu geringe Durchmesser der Uhr sowie der viel zu große Abstand zum Löffel. Selbst mit einem modernen, perfektionierten Modell ließe sich die Betriebstemperatur der Uhr nicht unter sengende 250 Grad senken. Ob ein schnöder Löffeltrick dem Topagenten Verbrennungen schwersten Grades wert wäre, bezweifelte Tolan indes.

Zum Abschluss gab der Physiker seinen Zuhörern noch eine ganz persönliche Erklärung für die berühmteste Trinkvorliebe der Filmgeschichte - "geschüttelt, nicht gerührt" - mit auf den Weg: den "Paranuss-Effekt". Ganz vereinfacht dargestellt: So wie im Müsli immer die Nüsse nach oben und die Haferflocken nach unten rutschen, fallen auch im Cocktail die kleineren Alkohol-Moleküle nach unten; die großen Geschmacksmoleküle hingegen bleiben oben.

Dieser Prozess wird durchs Schütteln beschleunigt - und der erste Schluck schmeckt immer am besten. "Für mehr als einen Schluck bleibt Bond ja meistens ohnehin keine Zeit", fügte Tolan mit einem Augenzwinkern hinzu. Denn nicht nur mit den Gesetzen der Physik nimmt es 007 nicht immer ganz so genau - er ist darüber hinaus auch noch ein waschechter Genießer.

Bürgermeisterorden für Norbert Menden

Der Jahresauftakt war gleichzeitig verbunden mit einem Abschied: Nach über drei Jahrzehnten ging der stellvertretende VHS-Leiter Norbert Menden in den wohlverdienten Ruhestand. Bürgermeister Peter Wirtz dankte Menden im Namen der Stadt Königswinter und seiner VHS-Kollegen für sein langjähriges Engagement als "unser Mr. Qualitätsmanagement".

Besonders das Vorantreiben der Erwachsenenbildung und das Erreichen zahlreicher Schulabschlüsse sei Mendens Verdienst. Für eine beachtliche Lebensleistung, in die er stets Herzblut gesteckt habe, verlieh Wirtz dem VHS-Urgestein den Bürgermeisterorden der Stadt Königswinter.

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