Ausstellung im Haus Schlesien Luther-Rock und 500 Jahre Protestantismus

HEISTERBACHERROTT · Die deutsch-polnische Wanderausstellung „Kirchfahrer, Buschprediger, betende Kinder – 500 Jahre evangelisches Leben in Schlesien“ macht bis zum 8. Oktober Station im Haus Schlesien.

 Das Modell der evangelischen Kirche von Gottesberg besichtigen (v. l.) Britta Bopf (Kultur und Medien der Bundesregierung), Altbischof Klaus Wollenweber, Museumsleiter Markus Bauer, Nicola Remig, Leiterin Haus Schlesien, und Michael Pietsch, Präsident des Vereins Haus Schlesien.

Das Modell der evangelischen Kirche von Gottesberg besichtigen (v. l.) Britta Bopf (Kultur und Medien der Bundesregierung), Altbischof Klaus Wollenweber, Museumsleiter Markus Bauer, Nicola Remig, Leiterin Haus Schlesien, und Michael Pietsch, Präsident des Vereins Haus Schlesien.

Foto: Oschmann

Ein Talar, ein Luther-Rock, den der Pfarrer Erich Zakrzowski trug, der noch bis 1948 Dienst im niederschlesischen Gottesberg leistete, bevor auch er seine Heimat verlassen musste, und das Modell seiner Kirche: Das sind nur einige Stücke, die im Haus Schlesien gezeigt werden. Denn die Reformation, das herausragende Thema dieses Jahres, ist auch dort im Fokus. Die deutsch-polnische Wanderausstellung „Kirchfahrer, Buschprediger, betende Kinder – 500 Jahre evangelisches Leben in Schlesien“ wurde jetzt im Beisein von Bürgermeister Peter Wirtz durch Michael Pietsch, Präsident des Vereins Haus Schlesien, eröffnet.

Markus Bauer, der Direktor des Schlesischen Museums in Görlitz, das sämtliche großflächigen Schriftbanner zur Präsentation beisteuerte, während das Haus Schlesien passende Ausstellungsstücke dazupackte, sagte in seiner Einführungsrede: „Die so oft beklagte Schnelllebigkeit mag charakteristisch sein für unser digitales Zeitalter, doch bereits Martin Luther klagte: ,Alles dauert immer nur vier Wochen, danach wird etwas Neues gesucht.‘ Umso denkwürdiger ist es, dass wir in diesem Jahr allerorts an ein Ereignis erinnern, das bereits 500 Jahre zurückliegt. Mit dem 31. Oktober 1517 beginnt die Geschichtsschreibung der Reformation.“

Was sie mit Schlesien machte, bekommen die Besucher nun eindrücklich vorgeführt. Bauer: „Die Ausstellung verdeutlicht, wie sich ab 1520 die Lehre Martin Luthers im Bürgertum und im niederen Adel ausbreitete und bald auch unter den schlesischen Fürsten einflussreiche Förderer fand. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts waren drei Viertel der Gemeinden Schlesiens evangelisch geworden.“ Die Schau verfolgt die Geschichte des Protestantismus in Schlesien in der Epoche der Industrialisierung und durch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

So ist etwa eine mehr als 100 Jahre alte Abbildung des verschollenen Bildes eines unbekannten Malers aus dem Jahr 1537 zu sehen. Titel: Das letzte Abendmahl des Breslauer Rates. Das Gemälde, das früher im Breslauer Rathaus hing, stellte die Verantwortung des Rates für das Seelenheil der Bevölkerung dar. Die Jünger tragen die Züge von Ratsherren und bekannten Bürgern. Der ungeliebte Stadtkämmerer erscheint als Judas. Vielerorts drängten die Ratsbehörden auf Einführung der Reformation, um ihre eigenen Machtbefugnisse auszudehnen.

Das evangelische Leben, Reformation und Bildung, Luthers Konkurrenten und Gegner und die Gegenreformation werden eindrücklich dargelegt. Die Zeit des Westfälischen Friedens, der den Protestanten Schlesiens gewisse Rechte garantierte, wird in der Schau beleuchtet. Wie ging es weiter unter Preußen und Österreich und in der NS- und Nachkriegszeit? Und wie leben Protestanten in Polen? Auch diese Fragen werden dem Besucher beantwortet. Markus Bauer: „Gerade die polnische evangelische Minderheit wurde seit den 60er Jahren in Zusammenarbeit mit den heimatvertriebenen schlesischen Protestanten und der evangelischen Kirche in beiden deutschen Staaten zu einem Träger der deutsch-polnischen Versöhnung.“

In diese Richtung gingen auch die Grußworte von Altbischof Klaus Wollenweber aus Bonn, der aus seiner aktiven Zeit als evangelischer Bischof in Schlesien berichtete. So hatte sich Erzbischof Alfons Nossol von ihm ein Lutherbild für seine römisch-katholische Fakultät in Oppeln erbeten. Die Übergabe war mit einer Gastvorlesung verbunden: „Luthers Spuren in Schlesien.“ Wollenweber: „Für die polnischen Katholiken waren diese Erkenntnisse völlig neu.“ Und: Luther selbst war nie in Schlesien.

Die Ausstellung im Haus Schlesien in Heisterbacherrott läuft bis zum 8. Oktober und ist mit einem interessanten Beiprogramm versehen mit Führungen, einer Tagung, Bildvortrag und Buchvorstellung. Infos auch auf www.hausschlesien.de.

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