Einschulung auf dem Rennenberg im Jahr 1948 Klassentreffen nach 70 Jahren in Oberdollendorf

OBERDOLLENDORF · 1948 wurden 45 Mädchen und Jungen aus Oberdollendorf in der Volksschule auf dem Rennenberg eingeschult. Jetzt haben sich 17 von ihnen wieder getroffen.

 70 Jahre nach der Einschulung treffen sich ehemalige Schüler.

70 Jahre nach der Einschulung treffen sich ehemalige Schüler.

Foto: Frank Homann

Sie hatten den Krieg und die harten Hungerjahre danach erlebt. Ostern 1948 wurden 45 Mädchen und Jungen aus Oberdollendorf in der Volksschule auf dem Rennenberg eingeschult. Die Not war noch immer gegenwärtig. Und als sich nun 70 Jahre später 17 Ehemalige zum Klassentreffen einfanden, erinnerten sie sich sogleich der Schulspeisung, die es während der ersten vier Klassen gab. „Ich hatte ein Henkelmännchen vom Kommiss dabei. Die Mädchen aus der siebenten und achten Klasse verteilten das Essen. Die sagten dann: ,Der Jung, der ist so klein, tut noch was drauf‘“, erzählte Rolf Kappel, der mit Karl Merzbach das Wiedersehen organisiert hatte.

Zunächst besichtigten die Jubilare das Steigenberger Grandhotel Petersberg. Dem folgte ein gemütliches Beisammensein im Weinhaus Lichtenberg. In den ersten vier Jahren, als die Mädchen und Jungen noch gemeinsam unterrichtet wurden, war Marie Helling ihre sehr junge Klassenlehrerin. „Morgens mussten wir die Hände auf die Bank legen. Sie kontrollierte die Sauberkeit.“

Schönschrift war das A und O

Peter Decker: „Schönschrift war für sie das A und O.“ Ihr Credo: „Schönheitssinn und Augenmaß.“ Karl Merzbach wird nie vergessen, wie seine Mutter und Fräulein Helling zufällig in Süßkinds Gässchen ins Gespräch kamen. „Die redeten dort an die zwei Stunden. Meine Schwester Elisabeth trug einen Stuhl für die Lehrerin hin. Meine Mutter hat deshalb danach geschimpft.“ Was die beiden Damen zu bequatschen hatten, erfuhr der kleine Karl aber nicht.

Das Stöckchen aus Haselnuss war auch ein Thema. „Wir haben viel Blödsinn gemacht. Da gab es dann auch auf die Finger oder hintendrauf. Aber die Lederhose hielt das ab. Wenn sich ein Übeltäter vorn über die Bank legen musste, lachte er – und die ganze Klasse dann auch“, berichtete Wilfried Bungarz. Die Schlingel ritzten das Stöckchen auch heimlich an, damit es im Einsatz zerbrach. Lehrer Meisel war in Klasse sechs und sieben Klassenlehrer der Jungenklasse. Peter Decker „las“ im Unterricht aus einem leeren Heft fließend eine Geschichte vor, die er als Hausaufgabe hätte vorbereiten sollen. Meisel bemerkte es und bestrafte ihn. Dann erfuhr er, dass der Knabe am Vortag Geburtstag hatte und sagte: „So, Peter, jetzt hast du dreimal gut.“

Winzer wurde keiner

Rektor Klüppel wurde „der Alte“ genannt. Die Ehemaligen erinnerten sich an das Holzsammeln für das Martinsfeuer während der Unterrichtszeit, an den Lehrweinberg an der Hülle, dessen Trauben dem Winzerverein zur Verfügung gestellt wurden. Winzer wurde keiner, aber Mitschülerin Hella Schmitz hat einen geheiratet – Josef Blöser.

Lehrer Bauke erzählte im Unterricht viel von den schrecklichen Kämpfen im Hürtgenwald. Was Krieg bedeutet, hatten alle miterlebt. Auch Paul Dobkowitz und seine Schwester Hiltrudis, zwei Heimatvertriebene, die nach langer Krankheit gemeinsam eingeschult wurden. Hiltrudis Voit: „Samstags mussten wir bei Kaplan Reifferscheidt, dem Religionslehrer, zur Ohrenbeichte gehen. Nachdem mein Bruder die kleinen Sünden wie das Pflücken eines Apfels vom fremden Baum gestanden hatte, war er wie vom Donner gerührt, als der Kaplan sagte: „So, Paul, morgen dienst du die heilige Messe.“

Die Schulabgänger des Jahres 1956 hatten ihr eigenes Geschäft, waren kaufmännische Angestellte oder Kraftfahrer, arbeiteten bei der Justiz oder in Ministerien. Die meisten blieben ihrer Heimatregion treu. Eine kam durch ein Klassentreffen 2008 sogar wieder zurück ins Siebengebirge. Ute Schemuth, geborene Meurer, und Rolf Kappel hatten sich nach der Schulentlassung aus den Augen verloren. Beim Treffen sahen sie sich wieder, und als Ute dann 2009 zur Pfingstkirmes der Sankt Sebastianus-Männerbruderschaft aus Baden-Württemberg anreiste, kamen sich die beiden verwitweten Schulkameraden näher. Seit acht Jahren leben sie zusammen in Vinxel. „Wir sind ein Herz und eine Seele.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort