Vor rund 25 Millionen Jahren Königswinter und Bad Honnef lagen an der Nordsee

Siebengebirge · Ertönt während der tollen Tage der Westerland-Klassiker "Ich will wieder an die Nordsee" könnten einem nicht nur sehnsüchtige Gedanken an Orte wie Sankt Peter-Ording und die holländische Küste in den Kopf kommen. Sondern auch an das Siebengebirge.

 Ein bisschen nach Meer sieht es aus, das Bild zeigt aber das Siebengebirge umgeben von Frühnebel.

Ein bisschen nach Meer sieht es aus, das Bild zeigt aber das Siebengebirge umgeben von Frühnebel.

Foto: Frank Homann

Denn blickt man weit zurück - sehr weit, bis in das Zeitalter des Oligozäns - lag das Siebengebirge am Meer. Ungefähr 26 Millionen Jahre ist das nun her. Damals schwappte das Wasser bis vor die Tore der Städte Königswinter und Bad Honnef, die es damals beide noch nicht gab. Der Bonner Ingenieurgeologe Winfried Leischner hat diese erdgeschichtlichen Erkenntnisse im Laufe von fünf Jahrzehnten im wahrsten Sinne des Wortes zutage gefördert.

Immer wieder hat der Geologe in Rente, der früher ein eigenes geotechnisches Büro in Bonn-Beuel leitete, im Siebengebirge Bodenuntersuchungen angestellt. "Bohrt man zehn Meter tief, können daraus wichtige Schlüsse gezogen werden, was vor Millionen Jahren passiert sein muss", sagt Leischner, der seine Analysen im Heft "Unter Nordseewasser und Vulkantuff" zum 50-jährigen Bestehen seines ehemaligen Büros beschreibt.

Die damaligen Geschehnisse hat er folgendermaßen rekonstruieren können: Vor rund 26 bis 27 Millionen Jahren hatte die Nordsee den Landteil bereits überflutet, auf dem das heutige Bonn liegt. Damals lag der Nordseestrand quasi vor Königswinter, dort, wo heute der Rhein fließt. Möglich gemacht hatte dieses weite Vorrücken des Meeres eine Absenkung der Kölner Bucht, die bereits vor etwa 50 Millionen Jahren einsetzte, erklärt Leischner.

Die Absenkung bedeutete einen regelrechten "Clash", als das kalte Wasser der Nordsee und das brodelnde, 1100 Grad heiße Magma im Inneren auf Höhe des Siebengebirges zusammenkamen. Da muss es gewaltig gedampft und gezischt haben im Zentrum der Vulkane.

Leischner: "Zwei gewaltige Eruptionen haben stattgefunden, die sich auch auf die Art der Gesteine auswirkten." Aus festem Trachyt wurde poriger Tuffstein, wenn Wasser durch die Hügeldecken drang. Die vulkanischen Gesteine veränderten also ihren Charakter in jener Zeit. Diese Entwicklung hatte Millionen von Jahren später zur Folge, dass im Siebengebirge die Römer Steine abtrugen, der Kölner Dom zu erheblichen Teilen aus dort gewonnenen Rohstoffen besteht und überhaupt in der Neuzeit viele Menschen ihren Lebensunterhalt mit dem Abbau verdienten.

Leischner schätzt, dass sich die Bergkette vor etwa 25 Millionen Jahren bildete. Zu dieser Zeit war die Nordsee noch weiter vorgerückt und hatte das Pleistal und Rott erreicht. Im Rotter See fanden Forscher Überreste von Krokodilen aus grauer Vorzeit, die davon zeugen, dass es klimatische Verhältnisse gab wie sie heutzutage in den Tropen normal sind.

Die Temperaturen hätten Touristen wohl angesprochen, ebenso das Meer. Bloß, dass die Vorfahren der Menschen erst vor 2,6 Millionen Jahren auf den Plan treten. Bis dahin hatte die Nordsee schon längst wieder den Rückzug angetreten.

Er begann vor 24 Millionen Jahren und hatte zwei Millionen Jahre später Köln erreicht. Eine Erhebung der Erdplatte, deren Absinken die Nordsee zuvor hierher gebracht hatte, sorgte dafür, dass das Meer zurückwich. Geblieben ist eine landschaftliche und geologische Prägung und ihr von Menschen ersonnener Name: die Kölner Bucht.

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