"Geschichtshäuschen am Düwelsarsch" in Bockeroth Hannelore Weber zeigt historische Fundstücke

BOCKEROTH · Der Stoff für dieses Kleid fiel quasi vom Himmel. Das Brautkleid wurde aus Fallschirmseide genäht. Es ist das neueste Ausstellungsstück im "Geschichtshäuschen am Düwelsarsch" in Bockeroth.

 Inmitten von Spielzeug und historischen Fotos sitzt Museumschefin Hannelore Weber in ihrem Geschichtshäuschen. Das Hochzeitskleid ist das neueste Ausstellungsstück.

Inmitten von Spielzeug und historischen Fotos sitzt Museumschefin Hannelore Weber in ihrem Geschichtshäuschen. Das Hochzeitskleid ist das neueste Ausstellungsstück.

Foto: Oschmann

Hannelore Weber erhielt es von einer betagten Dame, deren Tante die Hochzeitsausrüstung in der Nachkriegszeit eigenhändig anfertigte. Es war die Epoche der Provisorien, und die weiche Fallschirmseide als Kleiderstoff begehrt.

"Die Stifterin kam mit einer Besuchergruppe und bald darauf entschloss sie sich, mir ihr Brautkleid zur Verfügung zu stellen", berichtet die Bockerotherin. Auf diese Weise kommt es immer wieder zu Neuzugängen, seitdem sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Hans vor elf Jahren das alte Fachwerkhaus auf ihrem Grundstück in Düferoth in ein Geschichtshäuschen umwandelte.

Hier präsentiert sie mittlerweile eine Fülle von Haushalts- und Landwirtschaftsgeräten, Spielzeug, aber auch Bücher. Die vielen Ausstellungsstücke haben alle eine Historie. "Derzeit bin ich dabei, sie genau zu katalogisieren", erzählt Hannelore Weber, "dazu gehören Herkunft und auch die frühere Verwendung der Gegenstände." Bei einem Hochzeitskleid ist das leicht. Aber im speziellen Fall spielte die Not der Menschen im Nachkriegsdeutschland eine Rolle. Das trifft auch für das Kommunionkleid aus Gardinenstoff zu, das eine Bad Honneferin 1947 trug und nun eine Kleiderpuppe ziert.

Für das Brautkleid fertigte Hannelore Weber noch ein Unterkleid an, den Schleier aus der Zeit entdeckte sie auf einem Flohmarkt. Die Schaufensterpuppen erhielt sie von einem Kaufhaus. Alles ist akkurat, gebügelt und poliert. Metallteile blitzen. Leder ist eingefettet. Rost ist im Geschichtshäuschen ein Fremdwort. Denn ehe ein neues Objekt in die Ausstellungsräume gelangt, präpariert des die Chefin dieses ganz besonderen Museums ausgiebig.

Teilweise kommen die Fundstücke aus Scheuer und Speicher völlig heruntergekommen bei ihr an. "Sie in Ordnung zu bringen, ist eine Leidenschaft von mir", berichtet die Hausherrin. Zu jedem Teil hält sie eine Geschichte parat. In einem Anbau steht mittlerweile eine kleine Schuhmacherwerkstatt, in der sogar dieser typische Duft nicht fehlt. Nähmaschine, Presse, ein Schusterstuhl, aber auch Leisten, Bauernschuhe, Galoschen, fast 200 Jahre alte Kinderschühchen mit Holzsohlen entdeckt der Besucher.

Hannelore Weber zeigt die hohen, geflickten Schnürschuhe der Trümmerfrauen - quasi als Kontrastprogramm zum Hochzeitskleid aus Fliegerseide. Ihr Mann kam nach dem Zweiten Weltkrieg "zum Sattessen" zu den Großeltern in dieses Haus. 1873 hatten seine Urgroßeltern den kleinbäuerlichen Betrieb erworben. Seine Mutter, eine geborene Winterscheid, zog in den 1920er Jahren allerdings nach Köln.

1986 übernahm Hans Weber mit seiner Frau das Anwesen im abbruchreifen Zustand. Die Scheune bauten sie zum Wohnraum um, das Haus wurde samt Mobiliar in mühevoller Eigenleistung renoviert. So findet sich hier der Spankorb, mit dem die Oma nach Siegburg auf den Markt fuhr.

Ein Bockerother klärte sie auf: "Solche Spankörbe waren selten, die Leute hier hatten meist Weidenkörbe." Der Brautkranz von Anna Winterscheid von ihrer Hochzeit 1904 wird präsentiert, ebenso die Nachthaube und zwei ihrer Nachthemden. Das junge Mädchen war "in Stellung" und durfte sich von ihren Herrschaften zur Hochzeit ein Geschenk wünschen: eine goldene Uhr oder zwei Nachthemden. Sie entschied sich gegen den Chronometer.

Der aus einem Mehlsack genähte Rucksack aus der Hamsterzeit ist im Häuschen zu entdecken, auch der "Milchwunder", "Milchwecker" oder "Frauendank" genannte Milchkochschützer, der das Überlaufen der Milch verhindern sollte: ein Stück Glas oder Porzellan, das auf den Topfboden gelegt wurde und durch Klappern den Temperaturanstieg signalisierte. Kennt heute kaum jemand.

Ein kleines Stück Tonseife aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs liegt in einer Vitrine. Und was hat es mit dem Schwimmer auf sich? Der gehört zur Milchzentrifuge. "Nach dem Krieg mussten die Bauern ihn genauso wie die Flügel des Butterfässchens abgeben. So konnten sie keine Sahne schleudern und keine Butter schlagen." Hannelore Weber hat Unmengen von Geschichten auf Lager. "Das alles möchte ich für die Nachwelt erhalten."

Die unbekannte "Frau Persil"

"Wirklich, es lohnt sich zu kommen!" Lächelnd, aber mit erhobenem Zeigefinger lädt die im Volksmund "Die schwarze Persil-Frau" genannte Dame mit den dunklen, gewellten Haaren zu einer Waschvorführung ein. Die nette Frau im weißen Kittel schaut vom Plakat, das als Ausstellungsstück im "Geschichtshäuschen Düwelsarsch"

in Bockeroth zu entdecken ist. Es stammt aus den 1930er Jahren, weiß Museumschefin Hannelore Weber. Und: Die hübsche Frau soll in Honnef gelebt haben. "Wie Wolle, Seide, Kunstseide mühelos gewaschen wird, lernen Sie bei einer Persil-Waschvorführung", verkündet sie bei ihrer Einladung. "Die schwarze Persil-Frau soll nur Waschvorführungen gemacht haben", hat Hannelore Weber erfahren, "außerdem gab es noch eine blonde Persil-Frau." Was die Eigentümerin des Geschichtshäuschens in Bockeroth noch gerne erfahren möchte: die Identität der Dame aus Bad Honnef. Vielleicht hat jemand ja die unbekannte "Frau Persil" gekannt?

Info

Das Geschichtshäuschen an der Bockerother Straße 67 in Bockeroth ist sonntags von 14 bis 18 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 02244/1709 geöffnet.

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