Lesung an alter Schule Frühere CJD-Schülerin Ramona Raabe stellt ihr Buch vor

KÖNIGSWINTER · Die frühere CJD-Schülerin Ramona Raabe hat an ihrer alten Schule ihr Buch über den Selfie-Wahn vorgestellt. Das Schreiben war schon immer ihr Traumberuf.

„Es ist etwas Besonderes, wieder hier zu sein – auf schöne Weise seltsam.“ Vor sieben Jahren hat Ramona Raabe ihr Abitur am CJD-Gymnasium in Königswinter abgelegt, nun war sie wieder in ihrer früheren Schule zu Gast, um Schülern der Deutsch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 11 ihr erstes Buch vorzustellen. „Das pathologische Leiden der Bella Jolie“ heißt das im März erschienene Werk. Die junge Autorin erzählt darin von einer fiktiven Suchterkrankung, die das hochaktuelle Phänomen der Selfie-Kultur auf dramatische Weise zuspitzt. Es ist eine Novelle über den Wahn, ständig Selbstporträts knipsen zu müssen, in der „Sehnsucht nach dem Ich, das sich bewahren lässt“.

Es ist noch etwas Zeit, bis die Lesung beginnt. Ramona Raabe lässt den Blick über die Bücherregale im Selbstlernzentrum schweifen. „Es ist so ein vertauter Ort für mich. Man fühlt sich in der Zeit zurückversetzt, auch wenn man nicht mehr die gleiche Person ist wie damals“, sagt die junge Autorin. Einst hat auch sie hier gebüffelt, bevor sie dann – nach dem Abitur 2011 – in Berlin ein Studium der Literatur- und Filmwissenschaften begann, um ihren Traumberuf Schriftstellerin zu verwirklichen. Bücher schreiben, das wollte die heute 26-Jährige schon seit ihrer Kindheit. „Ich habe schon in der Grundschule angefangen zu schreiben“, erzählt die gebürtige Kölnerin. Was das Schreiben als Beruf angeht, sei sie jedoch anfangs sehr naiv gewesen. „Ich hatte keine Ahnung, wie schwierig es ist, in der Branche überhaupt wahrgenommen zu werden.“

Mehrfache Auszeichnungen

Trotz vieler Absagen hat sie ihr Ziel konsequent weiterverfolgt, und auch nicht aufgegeben, als eine Wettbewerbsteilnahme mit einer ersten Kurzversion ihres späteren Buches erfolglos blieb. „Ich hatte das Gefühl, da ist noch mehr drin“, sagt sie – und schrieb weiter. Jetzt ist „Das pathologische Leiden der Bella Jolie“ bundesweit im Buchhandel erhältlich.

Die Novelle ist zwar das erste veröffentlichte Buch der jungen Autorin, zuvor war sie aber bereits für andere schriftstellerische Arbeiten mehrfach ausgezeichnet worden. 2016 erschien eine Kurzgeschichte von ihr in der Anthologie: „Unbehauste. 24 Autoren über Fremdsein.“ Im gleichen Jahr kam ihr die Idee zu der Novelle über den Selfie-Wahn.

„Jeder kennt das Bedürfnis, den Moment festhalten zu wollen. Und das Smartphone verfügt heute über die Technologie, die uns das ermöglicht. Dabei ist es doch eigentlich so, dass man den Moment, indem man ihn festzuhalten versucht, gleichzeitig verpasst“, so Raabe. Im Kopf hat sie das Bild von Konzertbesuchern, die sich vor der Bühne drängen und ihr Handy in die Höhe halten, „und dabei vom eigentlichen Geschehen gar nichts mehr mitbekommen“.

Kein Aufruf zum Selfieverzicht

Keinesfalls möchte sie ihr Buch als Aufruf verstanden wissen, „bloß keine Selfies mehr zu machen, weil man sonst zugrunde geht“. Schließlich knipse sie selbst gerne das eine oder andere Selfie, „aber ich habe ein gesundes Verhältnis dazu“. Vielmehr sucht sie in ihrem Buch Antwort auf die Frage, was einen Menschen dazu bringt, sich permanent selbst fotografieren zu müssen – eine Sucht, die bei ihrer Protagonistin Bella sogar zum Tod führt.

„Die Novelle ist sozusagen eine moderne Abwandlung des antiken Narziss-Mythos.“ So erzählt der griechische Dichter Ovid in seinen Metamorphosen die Geschichte des Jünglings Narziss, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, das er im Wasser einer Quelle sieht. Immer wieder muss er sich das Bild anschauen, bis er schließlich beim Versuch, es zu erreichen, ertrinkt.

Ein widersprüchliches Psychogramm

Raabes Protagonistin nennt sich „Bella Jolie“. Ihr Gesicht ist digital genauestens registriert. Sie fotografiert es, jeden Tag, hundertmal am Tag, irgendwann tausendmal. Bis sie nicht mehr lebt. Der Fall wird zu einer gesellschaftlichen Sensation. Wer war diese Frau, die ihren Anblick anscheinend so sehr liebte, dass er sie tötete? Die Autorin schildert die Geschichte aus der Perspektive der Wegbegleiter und zeichnet dabei ein widersprüchliches Psychogramm einer aufgeweckten und zugleich lebensmüden Tochter, Freundin, Geliebten und Patientin.

Gespannt und nachdenklich zugleich lauschten die CJD-Schüler den vorgetragenen Textpassagen und nutzen anschließend die Gelegenheit, mit Raabe noch über ihre Arbeit, ihr Studium und ihre Erfahrungen als Autorin zu sprechen.

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