In Eudenbach nehmen Gläubige ihr renoviertes Gotteshaus in Augenschein Flair und Akustik der leeren Kirche begeistern

EUDENBACH · Eine leere Halle. So hatten die Eudenbacher ihre Kirche auch noch nicht erlebt. Keine Bänke, mit Filzschutzbelag abgedeckter Boden, Altar und Orgel verhüllt. Und der Pastor im Motorraddress. Denn: Pfarrer Markus Hoitz begrüßte zahlreiche Gläubige nicht zur heiligen Messe, sondern zum "Abend der leeren Kirche".

 Pfarrer Markus Hoitz (l.) begrüßt zahlreiche Besucher aus dem Oberhau in der leeren Eudenbacher Kirche.

Pfarrer Markus Hoitz (l.) begrüßt zahlreiche Besucher aus dem Oberhau in der leeren Eudenbacher Kirche.

Foto: Roswitha Oschmann

Bevor am Palmsonntag dort wieder alles Mobiliar eingeräumt sein wird, konnten die Besucher ihre renovierte Pfarrkirche Sankt Mariä Himmelfahrt besichtigen und sich von Architekt Guido Casper die 180.000 Euro teuren Maßnahmen erläutern lassen.

Vor circa 30 Jahren war die Kirche zum letzten Mal gestrichen worden. "Da ist eine Innensanierung wieder nötig", meinte Casper. Orientiert hat er sich an den alten Farben. Die Holzdecke erhielt einen lasierenden Anstrich. Weiß sind die Wände und die Decke und rostrot die Pfeiler und Gewölberippen gehalten.

Der Granitboden war in den letzten Wochen von einer Spezialfirma nass abgeschliffen worden. Das Ergebnis war aber jetzt noch nicht zu erkennen, denn zurzeit liegt dort noch ein "echter Filzteppich" aus. Abgeschliffen, neu lackiert und versiegelt wurden auch die Holzpodeste, auf denen künftig wieder die Bänke aufgebaut werden.

Die Sitzmöbel waren allerdings nicht einfach nur weggeräumt worden, sondern haben in der Zwischenzeit eine Prozedur über sich ergehen lassen müssen. Denn: Sie zeigten einen leichten Schimmelbefall; deshalb wurden sie in der Werkstatt der beauftragten Malerfirma mit 70-prozentigem Alkohol abgewaschen. Guido Casper hatte auch dafür die Erklärung: "In den Kirchen wird weniger geheizt - das Ergebnis ist der Schimmelbefall."

Apropos Heizen: Durch das Auftragen einer speziellen Folie auf die Holzbretter bei der Dachsanierung vor fünf Jahren konnten erhebliche Einsparungen erzielt werden. "Davor hatten wir einen doppelt so hohen Heizölverbrauch", erläuterte Casper, unter dessen Leitung auch bereits andere Maßnahmen wie die Gestaltung des Platzes vor 20 Jahren vorgenommen worden sind.

Marode waren auch die beiden Beichtstühle. Die wurden deshalb zurückgebaut. Die beiden Meister der örtlichen Handwerksbetriebe, Dieter Weber und Thomas Höhner, die auch im Kirchenvorstand sind, entschieden den Abriss - mit Rückendeckung des Pastors.

"Sonst hätte sich die Baumaßnahme verzögert", meinte Weber. Architekt Casper entwirft gerade einen neuen Beichtstuhl, der in den nächsten drei Monaten stehen soll. Restauratorin Manuela Prechtel hatte die Altäre einer Reinigung unterzogen. Hinter Gerüststreben noch teilweise verborgen: der Hochaltar.

Die "neue Kirche" gefiel dem Publikum, das sich begeistert umschaute und an einer Leinwand auch die in Endlosschleife laufende Fotopräsentation über sämtliche Arbeiten der vergangenen Wochen ansehen konnte. Dazu sangen Mitglieder des Familienchores "Here We Are" und der Männerchor Quirrenbach trug Gospels vor.

Die Besucher konnten sich am Buffet bedienen, das der Ortsausschuss für die Teilnehmer dieses Abends der leeren Kirche vorbereitet hatte.

Der stellvertretende Vorsitzende Ekkehart Klaebe meinte hingerissen: "Dieser Abend ist ein Erlebnis - die leere Kirche hat ein besonderes Flair und eine besondere Akustik." Getestet wurde von einigen Besuchern auch die Seitentür, die nun per Taste geöffnet werden kann, was besonders für Rollstuhlfahrer von Bedeutung ist.

Sie können die Kirche nun ohne Hilfestellung betreten und verlassen. Barrierefreiheit nun also auch hier wie bereits seit einiger Zeit im Pfarrheim, in das ein Lift eingebaut wurde. Dort finden während der Arbeiten die Messen statt. Aber nun freuen sich die Eudenbacher auf den Palmsonntag, an dem sie ihre schmucke Kirche wieder in voller Ausstattung erleben können.

Mit einem Abendgebet und Gesängen aus Taizé verabschiedeten sie sich fürs Erste von ihrem Gotteshaus, dessen Grundstein 1912 gelegt wurde. Dass sie im Oberhau einmal eine solch prächtige Kirche haben würden, das hätten die Bewohner, die sich 1872 eine Notkirche, den "Stall von Bethlehem", aus einer alten Scheune als Provisorium errichtet hatten, wohl kaum erahnen können.

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