Historische Aufnahmen Filmhelden aus dem echten Arbeitsleben

NIEDERDOLLENDORF · Der Kreis der Heimatfreunde Niederdollendorf zeigte einen Imagefilm aus dem Jahr 1955 über die Königswinterer Firma Lemmerz. Viele der Besucher erkannten die "Darsteller" wieder.

 Arbeiten bei der Firma Lemmerz in Königswinter.

Arbeiten bei der Firma Lemmerz in Königswinter.

Foto: Heimatfreunde

„Da ist Meister Honnef – und dort der Peter Wilms. Das ist Herr Klümpers, der auch Sänger bei der Gemüthlichkeit war.“ Immer wieder erkannten Besucher des Filmabends alte Bekannte als „Filmhelden“ wieder. Zwei Damen entdeckten sogar ihre Väter. Das waren keine Statisten, sondern Darsteller aus dem wahren Leben – aus ihrem Arbeitsleben beim Lemmerzwerk. Der Kreis der Heimatfreunde Niederdollendorf hatte Elmar Scheuren, den Leiter des Siebengebirgsmuseums, zu einem Filmvortrag eingeladen. „Der Streifen wurde 1955 als Imagefilm gedreht. Familie Lemmerz hat unserem Museum den Film zur Verfügung gestellt“, sagte Elmar Scheuren.

In der Medienstation des Siebengebirgsmuseums wird er auch gezeigt. Er gewährt einen Blick auf ein Unternehmen, das als größter Arbeitgeber in der Region in Spitzenzeiten bis zu 3 000 Beschäftigte hatte. So war es keine Seltenheit, dass Familien aus Königswinter oder dem Umland bis in die dritte Generation bei Lemmerz tätig waren oder es noch beim Nachfolger Maxion Wheels sind. Heute zeugen noch ganze Siedlungen, die Lemmerz für seine Mitarbeiter errichtete, von deren hoher Zahl.

Heinz Koll hatte Scheuren die einzelnen Sequenzen des Films für den „Museumsauftritt“ erklärt. Und der einstige Abteilungsleiter Technik und Handel, als „Räderpapst“ ein Begriff in Königswinter, war auch bei der Veranstaltung der Heimatfreunde dabei, um immer wieder Szenen zu erläutern.

45 Jahre war Heinz Koll bei der Firma Lemmerz beschäftigt. Über die Produktion und den Werkzeugbau landete er in der Räderkon-struktion und in der Verwaltung. Sein jüngerer Bruder wurde Geschäftsführer. Sein zweiter Bruder war 45 Jahre Betriebsmeister. Und sein Vater Jakob war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in dem Unternehmen tätig und konnte nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft 1949 seinen Arbeitsplatz wieder einnehmen. „Köbes“ wurde er genannt und war im Unternehmen quasi für alles zuständig.

Zuschauer Willi Armbröster meinte: „Der ,Köbes' hatte den dicksten Draht zum Chef.“ Und Peter Pluhar, der von 1969 bis 1994 bei Lemmerz wirkte, erinnerte sich: „Wenn eine Zusatzschicht um 7 Uhr beginnen sollte, waren die Leute schon um 6 Uhr da. Die Firma Lemmerz hatte die ideale Belegschaft.“ Auch die gute Bezahlung hob er hervor. „Es gab übertariflichen Lohn, Weihnachts- und Urlaubsgeld und Dividende. Dazu Weihnachtsfeier mit Verlosung in der eigenen Kantine.“ Auch die war mit der werkseigenen Küche im Film schön zu sehen.

Der Film präsentiert aber zunächst die Schokoladenseiten von Königswinter. Die Kamera schwenkt aus der Ferne über das Rheinufer, mit der Fähre geht es von Bad Godesberg kommend in die Drachenfelsstadt. Der Blick fällt auf eine Standuhr mit dem Logo des Lemmerzwerkes und auf das Straßenschild „Paul-Lemmerz-Straße“. Lemmerz als Wohltäter der Stadt: das von dem Unternehmer 1953 gestiftete Freibad am Drachenfels gehört zum Filminhalt.

Dann kommt die Produktion ins Spiel – in einer sehr aufwendigen filmischen Dokumentation werden die einzelnen Abteilungen und Fertigungsschritte gezeigt. Deutschlands größter Räderhersteller entwickelte immer wieder neue Techniken. Der Film gewährt auch einen Blick in die Versuchsabteilung und ins Labor, wo Materialtests vorgenommen wurden. Dort war die Geschäftsleitung mit Paul Lemmerz, dem Kaufmännischen Direktor Josef Damian, Betriebsdirektor Ernst Eberle, Produktionsdirektor Alfred Schmitz, Verkaufsdirektor Fritz Bell, Ingenieur Völzke für Werkzeug-und Maschinenbau und Versuchsingenieur Ernst Eger zu entdecken.

„Ernst Eger fuhr privat einen Porsche, was bei Paul Lemmerz nicht so gern gesehen war“, erzählten die Ehemaligen. Heinz Koll: „Er kam deshalb auch zu Fuß von der nahe gelegenen Werkswohnung zur Arbeit.“ Räderfabrikant Paul Lemmerz fuhr Mercedes. Diese Marke war dem Chef vorbehalten. Ein kurzweiliger Filmabend über ein Werk, das Weltbedeutung erlangte, und dessen Chef Paul Lemmerz 1957 Ehrenbürger der Stadt Königswinter wurde.

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