Urteil in Eifersuchtsdrama Fast vier Jahre Haft für Messerangriff in Niederdollendorf

Bonn/Königswinter · Der 56-jährige Portugiese stach im August 2017 auf offener Straße in Niederdollendorf einen Nebenbuhler nieder. Eine Tötungsabsicht sieht das Bonner Schwurgericht aber nicht und verurteilt ihn wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Begegnung an jenem Sonntagmorgen war kein Zufall. Denn der Angeklagte hatte am 27. August 2017 einen Plan: Er wollte unbedingt mit seiner einstigen Geliebten sprechen, einer Portugiesin, die er aus Kindertagen aus seinem Heimatdorf kannte und mit der er später in Deutschland eine längere Liebesbeziehung gehabt hatte.

In den Monaten bis zu diesem Tag hatte die 47-Jährige – die wiederholt ihre Partner gewechselt hatte – ihm erneut indirekt Avancen gemacht. Wahrscheinlich habe er sie an diesem Morgen „zur Rede stellen wollen, um die Hängepartie zu beenden“, hieß es am Mittwoch im Urteil des Bonner Schwurgerichts, das den 56-Jährigen zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilte.

Der Plan des Portugiesen hätte für einen 59-jährigen Landsmann, der sich eingemischt hatte, fast tödlich geendet. Denn der Angeklagte griff ihn urplötzlich mit einem Messer an, als er und die Frau aus dem Haus in Niederdollendorf traten. Trotz der lebensbedrohlichen Attacke haben die Bonner Richter den Angeklagten nicht wegen versuchten Totschlags – wie von der Staatsanwaltschaft gefordert –, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Horror auf der Heisterbacher Straße

Eine Tötungsabsicht, so der Kammervorsitzende Josef Janßen in der Begründung, habe der Angeklagte nicht gehabt, als er dem Landsmann eine zehn Zentimeter tiefe Wunde unter dem linken Arm zufügte. In dem „turbulentem Geschehen“ zwischen den drei Personen, habe er das Messer nicht gezielt gesetzt. Janßen: „Warum auch sollte er einen Mann töten, der ihn gar nicht interessierte, der ihn nur störte?“ Der Angeklagte habe ausschließlich den Kontakt zur früheren Geliebten gesucht.

Das Treffen mündete schließlich in blutigen Horror auf offener Straße: Das Messer mit einem Widerhaken, das der Gartenbauhelfer sonst zum Kohlkopfernten verwendet, blieb in der Stichwunde stecken. Der verletzte 59-Jährige zog es selber heraus und warf es in einen Vorgarten. Der ungeheure Blutschwall, der dann folgte, erschreckte alle, auch den Angeklagten. Der zog sich zurück – und genehmigte sich erst einmal am Kiosk ein Bierchen.

Opfer überlebt nur dank schneller Hilfe

Der Kontrahent wäre fraglos noch am Tatort verblutet, so Richter Janßen, hätte nicht eine 28-jährige Studentin, die an diesem Morgen mit einer Freundin in einem Café gegenüber an der Heisterbacher Straße frühstückte, sofort professionell erste Hilfe geleistet und einen Druckverband angelegt. Anschließend musste der 59-Jährige notoperiert werden. Die Heilung dauerte Wochen. Eine Entschuldigung wollte der verletzte Landsmann nicht annehmen, auch nicht die 1000 Euro, die der Angeklagte ihm als Entschädigung angeboten hatte.

Der 56-Jährige war noch in Tatortnähe festgenommen worden. Er sei in einem „psychischen Ausnahmezustand“ gewesen, hatte er im Prozess erklären lassen. Aber töten wollte er den Landsmann in keinem Moment.

Sechs Monate hat der Angeklagte, der seit dreißig Jahren in Deutschland lebt, in Untersuchungshaft gesessen. Am Mittwoch wurde sein Haftbefehl aufgehoben. Eine Fluchtgefahr, so das Gericht, bestehe nicht.

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