Ein Bausparvertrag für die Drachenburg

Die Betreiber haben jede Menge Kuriositäten aus der Geschichte des Schlosses aufgedeckt.

Königswinter. Mit einem Bausparvertrag von Wüstenrot hat Paul Spinat in den 1970er Jahren Schloss Drachenburg bezahlt. In einer Urkunde mit der Nummer 1499/1979 teilte die schwäbische Bausparkasse dem Eigentümer und dem Grundbuchamt Königswinter die Eintragung einer Briefgrundschuld über 510 000 Mark zu Lasten des Pfandobjektes Flur 11, Flurstück Nummer 162 mit.

Zu einem Zinssatz von stattlichen zwölf Prozent. Heute, nach der Restaurierung durch die NRW-Stiftung, die 16 Jahre dauerte, ist das Schloss mit 65 Millionen Euro gegen Totalverlust versichert.

Dies ist nur eine von zahlreichen Kuriositäten aus der Geschichte des rheinischen Neuschwanstein, das seit dem Jahr 1994 für rund 35 Millionen Euro restauriert wurde. Während die vergangenen beiden Jahrzehnte sich vor allem mit der baulichen Historie des Schlosses beschäftigten, hat sich die Schloss Drachenburg GmbH als Betreibergesellschaft zuletzt auf anderweitige Spurensuche begeben.

Teurer Unterhalt Nachdem Land und NRW-Stiftung rund 35 Millionen Euro in die Restaurierung des Schlosses gesteckt haben, gründete die NRW-Stiftung 2002 die Drachenburg-Stiftung zur Erhaltung des Ensembles mit einem Startkapital von 500 000 Euro. Für Instandhaltung und Rücklagen gehen die Verantwortlichen von jährlichen Kosten in Höhe von 400 000 Euro aus. Dafür wäre ein Stiftungskapital von zehn Millionen Euro erforderlich. Geldgeber werden noch gesucht. "Schloss Drachenburg ist ähnlich wie der Kölner Dom ein Bauwerk, das ständig überprüft werden muss", sagt Joachim Odenthal, Geschäftsführer der Drachenburg gGmbH. 2010 wurden 50 000 Euro für die Unterhaltung ausgegeben. Der Venusbrunnen musste in Teilbereichen saniert werden.Im Fokus standen dabei die früheren Eigentümer von Schloss Drachenburg. Eine Dauerausstellung ab dem 21./22. Mai wird sich in einem Teil der Bau- und Nutzungsgeschichte, in einem anderen Teil dem großen Restaurierungsprojekt der NRW-Stiftung widmen.

Spinat war sicherlich einer der schillerndsten Figuren in der Historie der Drachenburg. Der neobarocke Thron, auf dem er gerne Platz nahm, schmückt heute den Eingangsbereich der Vorburg. Dort ist auch eine von zahlreichen Ritterrüstungen zu sehen, die im Billard- und im Jagdzimmer standen. Sogar ein Pferdeharnisch erfreute dort den Besucher.

Spinat war auch ein großer Freund der Farbe Gold. So glänzte nicht nur sein Rolls-Royce Silver Shadow, Baujahr 1973. Ein baugleiches Modell steht jetzt wieder vor der Wagenhalle der Drachenburg und wird Teil der Ausstellung sein. Vor der Halle ließ Spinat einen Pool bauen mit einer Aussicht, die die vom Lemmerzbad, als diese noch nicht zugewachsen war, bei weitem übertraf.

Vergolden ließ der Schlossherr die Kaiserfiguren von Cäsar, Karl dem Großen und Wilhelm I. an der Südseite der Fassade. Nach dem Tod seiner zweiten Frau heiratete er Erina Prinzessin von Sachsen. Danach zierte den Rolls-Royce das Wappen des sächsischen Königshauses.

Mit der ursprünglichen Ausstattung der Drachenburg nahm er es generell nicht so genau. So ließ er in der Kunsthalle eine Zwischendecke und eine große Freitreppe einbauen, die ins Nirgendwo führte, von der er seine Gäste bei Empfängen aber standesgemäß begrüßen konnte. Während die Treppe bei der Restaurierung verschwand, wurde die Orgelattrappe im Musikzimmer, die teilweise aus Regenfallrohren zusammengebaut wurde, der Nachwelt erhalten.

Die Orgelmusik bei den Schlosskonzerten, zu denen Spinat einlud, lief stets vom Band. Als Wohnung nutzte er das Schloss kaum, er wohnte meist in Bad Godesberg. Eine Gemeinsamkeit mit dem Erbauer, Baron von Sarter, der in Paris lebte und das Schloss nur zu repräsentativen Zwecken nutzte. Auch Spinat, der 1904 in Bad Godesberg als Sohn eines Postbeamten geboren wurde, wollte mit dem Kauf des Schlosses zeigen, zu was er es im Leben gebracht hatte.

Nach seiner Lehre zum Bankkaufmann machte er sich in der Textilbranche selbstständig und kam zu Geld. Sein Kindheitstraum war es gewesen, einmal Schlossherr zu werden. Da er mit dem Blick auf die Drachenburg aufgewachsen war, lag das Objekt seiner Begierde nahe.

1971 kaufte er dann das Schloss vom Land Nordrhein-Westfalen, 1975 zudem Schloss Marienfels in Remagen, das heute Thomas Gottschalk gehört. Dabei löste er stets ein Darlehen mit dem nächsten ab. "Schloss Drachenburg war bis zur letzten Zinne mit Hypotheken belegt. Wir haben in den Akten mehr als ein Mahnschreiben gefunden", sagt Joachim Odenthal, Geschäftsführer der Schloss Drachenburg gGmbH.

Ende 1988, wenige Monate vor seinem Tod, wollte Spinat beide Schlösser an den Bauunternehmer und "Burgensammler" Herbert Hillebrand verkaufen. Der wurde jedoch nur Eigentümer von Schloss Marienfels, während das Land in allerletzter Minute sein im Kaufvertrag von 1971 festgeschriebenes Vorkaufsrecht wahrnahm.

Ob Paul Spinat das Schloss vor dem endgültigen Zerfall rettete, wie manchmal behauptet wird, ist eher fraglich. Als die Sanierung im Auftrag der NRW-Stiftung begann, drohte der Nordturm einzustürzen, die Treppenanlagen waren zum Teil schon eingestürzt.

Das gesamte Fundament musste damals gesichert werden. In dem Gemäuer hatte sich bereits der Hausschwamm breit gemacht. "In wenigen Jahren wäre das Schloss nur noch eine Ruine gewesen. Die NRW-Stiftung hat es tatsächlich gerettet", sagt Odenthal. Spinat hielt den Verfall dadurch, dass er das Schloss nutzte und heizte, allenfalls ein wenig auf. Ein Verdienst kann ihm aber getrost zugerechnet werden: 1973 machte er das Schloss nach langer Zeit wieder öffentlich zugänglich.

Ab dem 21./22. Mai werden in einer Dauerausstellung im Schloss und in der Wagenhalle die Bau- und Nutzungsgeschichte vom Erbauer Stephan von Sarter bis Paul Spinat und die Geschichte der Restaurierung dargestellt. Am 3. Juli wird als Abschluss der Sanierung die Parkanlage mit einen Wegenetz von 2,8 Kilometern eröffnet.

Frauengenesungsheim und Adolf-Hitler-SchuleDie Geschichte von Schloss Drachenburg, das Baron Stephan von Sarter zwischen 1882 und 1884 erbauen ließ, ist ähnlich schillernd wie das Bauwerk selbst. In 127 Jahren hatte das Schloss, das als gründerzeitliche Villa erbaut wurde, elf Besitzer, davon vier Privateigentümer.
Von Sarter wurde von seinem Neffen Jacob Biesenbach beerbt, der das Anwesen von 1903 bis 1910 besaß und erstmals der Öffentlichkeit für 50 Pfennig Eintritt zugänglich machte.

Es folgte Rittmeister Egbert von Simon (1910 bis 1915). 1921 erwarb der Kölner Fabrikant Hermann Flohr das Schloss. Er ließ ein Frauengenesungsheim einrichten. Infolge der Wirtschaftskrise konnte er das Schloss aber nicht halten und inserierte es als Internat.
Die "Brüder der christlichen Schulen" aus Wadersloh richteten auch tatsächlich eine Schule ein und versteigerten fast die komplette Inneneinrichtung: Möbel, Ölgemälde und Gobelins.

1940 schlossen die Nazis die Einrichtung und eröffneten eine Adolf-Hitler-Schule. In den letzten Kriegsmonaten wurde vor allem die Westseite des Schlosses stark zerschossen.

1947 wurde von der Reichsbahndirektion Wuppertal erneut eine Schule für angehende Eisenbahner eingerichtet. Seit 1960 stand das baufällige Schloss, das jetzt dem Land NRW gehörte, leer und sollte abgerissen werden. Das Finanzministerium wollte an dieser Stelle den Neubau für eine Finanzschule errichten. Dagegen gab es jedoch erheblichen Widerstand in der Region. 1971 fand sich mit Paul Spinat ein Käufer.

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