Wirtin seit 2015 Doris Ledwig führt den Alten Zoll in Oberpleis

Oberpleis · Nicht nur als Wirtin des Alten Zoll in Oberpleis geht Doris Ledwig immer wieder neue Wege. Auch wenn sie eigentlich nie vorhatte, Wirtin zu werden, bereut die 43-Jährige diesen Schritt bis heute nicht.

Doris Ledwig hatte nie vor, Wirtin zu werden. Sie war zufrieden mit ihrem Job in der Reservierung auf dem Petersberg, hatte dort sogar Aufstiegschancen und nette Kollegen in einem tollen Team. „Ich hätte niemals mit dem Gedanken gespielt, mich selbstständig zu machen“, sagt sie. Bis zu dem Tag, als sie am Alten Zoll in Oberpleis, nur wenige Meter von ihrer Wohnung entfernt, das Schild „Pächter gesucht“ sah. „Da wusste ich: Ich werde die neue Pächterin. Das war wie eine Fügung“, sagt sie heute – fast vier Jahre später. Seit September 2015 ist sie die Wirtin im Alten Zoll.

Dabei war der „Zoll“ im Sommer 2014 eine Ruine. Zehn Jahre hatte die ehemalige Wirtschaft leer gestanden, die 13 Monate dauernde Sanierung stand noch aus. Doch Doris Ledwig wusste, was sie wollte. Von diesem Tag an arbeitete sie zielstrebig auf die Verwirklichung ihres Traumes hin, löcherte beim Grünen Sonntag Andreas Pätz, den Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG), die Eigentümerin des Gebäudes ist, mit Fragen. Und bewarb sich dann auch offiziell mit einem Business Plan – sie bekam den Zuschlag. Am Grünen Sonntag 2015 offerierte sie auf der „Baustelle“ bereits Flammkuchen.

"Es ist total mein Ding"

Bis heute hat die 43-jährige alleinerziehende Mutter von Finn (21) und Paulina (19) den Schritt in die Selbstständigkeit nicht bereut. „Es ist total mein Ding. Auch wenn es schwierig ist, eine Gastronomie nach zehn Jahren Leerstand wieder zu etablieren, vor allem wenn sie anders wird als von manchem erwartet“, sagt sie.

Kritisch begutachtet fühlte sich die gebürtige Oberpleiserin vor allem von den Pleesern, was es ihr auch nicht unbedingt erleichtert habe, Wirtin im eigenen Ort zu sein. „Dass ich aus Oberpleis stamme, hat aber vor allem für die Zugezogenen einen besonderen Charme. Sie kommen gerne zu mir“, sagt sie. Die „Immis“ sind unter den Stammgästen zahlreich vertreten. Aber auch einige Alt-Oberpleiser halten ihr die Treue.

Live-Musik an unterschiedlichen Tagen

Seit einem Jahr gibt es im „Weinhaus“ Alter Zoll, wie über dem Eingang geschrieben steht, auch Gerstensaft. Zunächst Bönnsch, das Doris Ledwig zweimal pro Woche in eigenen Fässern aus Bonn holen musste, inzwischen Kölsch. 60 zu 40 schätzt sie den Anteil zwischen dem ausgeschenkten Wein und dem frisch gezapften Bier. „Ich denke daher schon über die Bezeichnung 'Weinhaus' nach. 'Gasthaus' wäre vielleicht passender“, meint sie.

Bei vielen Oberpleisern sei auch noch nicht so richtig bekannt, dass es bei ihr bis 22 Uhr warme Küche gibt. Ihr Koch Marvin Zeitler (24) ist im Übrigen der einzige Festangestellte im Alten Zoll. Sie kennt ihn – woher sonst – vom Petersberg. Das kulturelle Angebot liegt ihr besonders am Herzen. Live-Musik an unterschiedlichen Tagen kommt meistens sehr gut an.

Das strahlende Lächeln der "schönen Doris"

Auch Ausstellungen finden im Alten Zoll statt, zuletzt bei den Königswinterer Kunsttagen. „Mir geht es um Vielfältigkeit. Ich will mich in kein Konzept pressen lassen“, sagt sie. Unkonventionell könnte man sie auch nennen. Ihre Gäste würden das größtenteils verstehen.

Wenn diese mal etwas auf die Bestellung warten müssen, weil das Personal etwas knapp ist, beglückt sie sie mit einem strahlenden Lächeln. Ihre privaten Wurzeln in Plees hat die „schöne Doris“, wie sie bei manchen Gästen heißt, erst mal gekappt. Seit einigen Monaten wohnt sie an der Rheinallee in Königswinter – mit Blick aufs Wasser. „Damit habe ich ein kleines bisschen Abstand. Das genieße ich sehr. Man möge mir das hier oben verzeihen“, sagt sie.

Erstmals in ihrem Leben wohnt die 43-Jährige, deren Elternhaus am Hartenberg steht, nicht im Bergbereich. Heisterbacherrott, Ittenbach, Buchholz und natürlich immer wieder Oberpleis waren ihre bisherigen Stationen.

"Es sind liebenswerte Sturköpfe"

Auch wenn sie gerne mehr Pleeser in ihrem Wirtshaus sehen würde, hat Doris Ledwig den Volksstamm von den Bergen trotzdem ins Herz geschlossen. „Es sind liebenswerte Sturköpfe“, fällt ihr Urteil über die Menschen ihres Heimatortes aus. Der Spitzname „Huhsicker“, den die Pleeser bekommen haben, weil sie sich den Nachbarorten gegenüber traditionell überlegen fühlen, treffe das ganz gut. „Ich darf das sagen, weil ich selber einer bin“, so Ledwig.

Wenn nichts Ungewöhnliches passiert, möchte sie ihren zehnjährigen Pachtvertrag mit der WWG gerne erfüllen. In dieser Zeit könnte der Kirchplatz des Ortes sein Gesicht gründlich verändern, wenn die Pläne für die Neugestaltung irgendwann einmal umgesetzt werden. „Bisher ist es ja nur eine Durchfahrt und kein richtiger Platz. Dadurch kann Oberpleis nur gewinnen“, sagt sie. Ihr ehemaliger Nachbar vom Hartenberg hat nebenan eine Eisdiele aufgemacht, sodass der Platz zusammen mit dem Bramkamp jetzt immerhin schon drei gastronomische Adressen zu bieten hat.

Zoll ist Beruf als auch Leidenschaft

Für Hobbys bleibt der Wirtin nur wenig Zeit. „Der Zoll ist ja sowohl Beruf als auch Leidenschaft“, sagt sie. Für den Motorradführerschein – die Prüfung hat sie vor zwei Wochen bestanden – musste die Zeit aber irgendwie doch reichen. „Ich habe drei Brüder und wohl auch ein paar männliche Hormone mitbekommen.“ Wie ihr Bruder Norbert Mahlberg, der stellvertretende Bürgermeister, ist sie künftig auch auf dem Bike anzutreffen.

Ein Traumziel hat sie auch schon. Kaum zu glauben, aber die „schöne Doris“ war noch nie in Bella Italia. „Das steht ganz oben auf meiner Liste. Rom reizt mich ganz besonders, und die Lebensart der Italiener.“

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