Mieter in Oberpleis erhalten Kündigung Das Zuhause muss der neuen Rettungswache weichen

Oberpleis · In diesen Tagen zwischen Heiligabend und Neujahr kommt bei den Menschen, die in den Häusern zwischen dem Kreisel an der Tankstelle und dem Bauhof in Oberpleis wohnen, schon mal Wehmut auf. Es könnte ihr letztes Weihnachten dort gewesen sein.

 Die drei Reihenhäuser und das dahinter liegende Einfamilienhaus sollen abgerissen werden.

Die drei Reihenhäuser und das dahinter liegende Einfamilienhaus sollen abgerissen werden.

Foto: Frank Homann

Die beiden Gebäude, in denen vier Familien wohnen, müssen der neuen Rettungswache weichen. Den Standortbeschluss hatte der Königswinterer Stadtrat in der vergangenen Woche gefasst. Die Gebäude gehören ebenso wie das Grundstück, auf dem sich auch der Bauhof befindet, der Stadt. Der Standort ist ideal, weil von hier aus das gesamte Gebiet, das der Rettungsdienst zu versorgen hat – von Bad Honnef-Rottbitze bis Rauschendorf – innerhalb der vorgeschriebenen Hilfsfrist von zwölf Minuten zu erreichen ist. Die Erschließung der Rettungswache ist unmittelbar an den Kreisverkehr geplant.

Nur für die Menschen, die dort wohnen, ist der Beschluss richtig bitter. „Alle vier Parteien wären gerne hiergeblieben“, sagt Marita Cremer-Oguntke. Mit ihrem Mann Helmut Oguntke ist sie gerade aus dem Weihnachtsurlaub zurückgekehrt. Die 58-Jährige wohnt seit September 1997 in einem der drei baugleichen kleinen Reihenhäuser mit einer Wohnfläche von 75 Quadratmetern. Man habe immer wieder viel in Eigenleistung in das eigene Zuhause gesteckt, weil die Stadt Königswinter stets nur das Nötigste getan habe.

In der Tat: Äußerlich geben die Häuser ein eher tristes Bild ab. „Es ist schade, aber was sollen wir uns querstellen. Als Rentner hätten wir uns in fünf Jahren wahrscheinlich ohnehin etwas anderes gesucht“, sagt sie. Bei diesen Worten wirken sie und ihr Mann, der demnächst 60 wird, ziemlich traurig. Ganz neu sei die Situation ja im Übrigen auch nicht. „Vor ein paar Jahren wollte die Stadt auf dem Gelände ja bereits einmal ein zentrales Rathaus bauen.“ Daraus wurde damals nichts. Jetzt jedoch scheint der Abriss unausweichlich zu sein. Im Oktober wurden die Mieter von der Verwaltung informiert. „Die Stadt hat angeboten, uns bei der Wohnungssuche zu helfen“, sagt Helmut Oguntke.

Wie Oguntke arbeitet auch Arno Strobel beim Landesbetrieb Straßen NRW. Er wohnt mit seiner Frau Silke in dem frei stehenden Einfamilienhaus mit 90 Quadratmetern Wohnfläche – im kommenden Mai seit 27 Jahren. Als Angestellter der Straßenmeisterei war es früher seine Dienstwohnung. Seit 1996 ist sein Vermieter die Stadt Königswinter, die die Miete erst einmal um 80 Prozent erhöhte. „Wir haben jede Menge Arbeitskraft in das Haus gesteckt. Anfangs sah es von innen so aus wie heute noch von außen“, sagt Strobel.

Die Stadt hingegen habe jahrelang nichts in die Häuser investiert. Bis sie von den Mietern zur Rede gestellt worden sei. 2012 habe man dann mit Vertretern der Stadt und der städtischen Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft zusammengesessen. Anschließend seien die Balkone saniert worden. „Da sind wir davon ausgegangen, dass wir hier noch länger bleiben“, sagt Strobel. Man habe das gesamte Haus von innen renoviert und noch in diesem Jahr eine neue Terrasse und einen Außenkamin für 5.000 Euro angeschafft.

Fast hätten sie auch noch eine neue Küche bestellt. „Umso größer war die Enttäuschung nach dem Gespräch im Oktober.“ Ihn ärgert besonders die Kurzfristigkeit der Entscheidung. „Wenn wir das drei oder vier Jahre vorher gewusst hätten, hätten wir ganz anders planen können.“ Er hofft nun nur, dass die Stadt zu ihrem Wort steht und ihnen bei der Suche nach einem neuen Zuhause behilflich ist.

Die anderen beiden Nachbarn sind gleich nebenan beim städtischen Bauhof beschäftigt. Sie möchten deshalb auch nicht, dass ihr Name in der Zeitung steht. Aber ihre Geschichte interessiere die Menschen vielleicht dennoch. „Meine beiden Kinder sind hier geboren und aufgewachsen. Sie sind inzwischen acht und 17 Jahre alt“, sagt einer der beiden Mieter.

Die kleine Nachbarschaft sei in fast 20 Jahren sehr eng zusammengewachsen. „Wir verstehen uns alle untereinander und fühlen uns hier sehr wohl.“ Ganz abgesehen davon, dass die Miete so günstig sei. „Für 700 Euro warm werde ich nichts mehr finden.“ Die Kündigung hat er noch nicht bekommen. „Aber ich rechne damit, dass wir zum 1. Oktober oder 1. November 2017 raus müssen“, sagt er.

Gleich nebenan wohnt seine Schwester. Sie ist im Gegensatz zu der verschworenen Gemeinschaft der anderen Mieter erst vor zweieinhalb Jahren mit ihrem Mann hierhergezogen, fühlt sich aber ebenfalls mit den neuen Nachbarn sehr wohl. Damals hätten sie einiges in die Renovierung und in eine neue Küche gesteckt. Was sie unter den jetzigen Umständen natürlich ärgert. „Das Geld haben wir in den Wind geschossen. Das ist ein echter Tiefschlag für uns.“

Für Silke Strobel ist besonders ärgerlich, wie der Standortbeschluss des Stadtrats am 20. Dezember zustande gekommen ist. „Sie entscheiden über unsere Zukunft, ohne dass je jemand von denen hier gewesen ist.“

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