Frauen bei der Feuerwehr Dagmar Walter ist die erste Frau der Löscheinheit Bockeroth

Siebengebirge · Retten, löschen, bergen: Dagmar Walter ist das erste weibliche Mitglied der Löscheinheit Bockeroth. Dass sie sich vor keiner Aufgabe drückt, hat ihr die Anerkennung ihrer männlichen Kollegen eingebracht.

 Feuerwehrfrau Dagmar Walter.

Feuerwehrfrau Dagmar Walter.

Foto: Frank Homann

Dass Dagmar Walter in der Florianstraße zu Hause ist, mag Zufall sein. Allerdings hat der Zufall Aussagekraft. Die 55-Jährige ist seit mehr als 20 Jahren als Feuerwehrfrau in der Löscheinheit Bockeroth aktiv – eine von zwei Frauen unter 36 Feuerwehrkameraden. „Eine Frau in der Feuerwehr? Das war damals schon etwas ganz Besonderes“, sagt sie im Rückblick.

Und es ist bis heute keine Selbstverständlichkeit, wie die Statistik des Deutschen Feuerwehrverbands zeigt: Der weibliche Anteil ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen, liegt aber immer noch deutlich unter zehn Prozent. Ist die Feuerwehr eine Männerdomäne? Walter schüttelt energisch den Kopf: „Nein. Aber man muss da reinwachsen.“

Sie verschwindet durch die Eingangstür des Gerätehauses, greift in ihrem Spind nach Schutzjacke und Hose, schlüpft in die Sicherheitsschuhe, läuft in die Halle, aktiviert das Rolltor, schwingt sich hinters Steuer des Löschfahrzeugs und fährt los. Maximal zwei Minuten hat es gedauert, dann stehen die zierliche Frau und das 290 PS starke Gefährt auf dem Hof.

Jede zweite Nacht ein Einsatz

„Das macht die jahrelange Übung“, sagt Walter und grinst. „Ich fahre die Wagen einfach gerne.“ Nur beim Gerätewagen Umweltschutz, den die Bockerother Anfang des Jahres von den Kollegen aus Uthweiler übernommen haben, fehlt ihr noch ein bisschen Routine. „Die Sitzposition ist da sehr hoch“, sagt sie. „Da müssen sich kleinere Menschen beim Ein- und Aussteigen umgewöhnen.“

In den wenigen Tagen seit ihrem Urlaub hatte sie jede zweite Nacht einen Einsatz. Der Brand auf dem Campingplatz in Pleiserhohn, ein brennender Hochsitz, Wasser im Keller, Rauchgasalarm in einer Wohnung. „Das kann körperlich sehr anstrengend sein“, sagt sie. „Insbesondere, wenn der Alarm einen aus der Tiefschlafphase reißt – da muss man dann den Kopf zusammenhalten.“

Erst recht, wenn am nächsten Morgen wieder der Alltag wartet. Die 55-Jährige hat eine Halbtagsstelle bei einem Discounter in Oberpleis. „Mit einer Vollzeitstelle würde ich das nicht schaffen.“ 1984 zog Walter nach Bockeroth. Ihr damaliger Mann war bei der Feuerwehr, und so kam auch sie damit schnell in Kontakt. Allerdings zunächst in der damals üblichen Rollenverteilung. „Die Frauen backten die Kuchen für das Feuerwehrfest, schmissen die Sektbar, putzten und räumten auf.“

Eintritt als Frau des Stadtbrandmeisters

Ihre Ehe wurde geschieden, einige Zeit später kam sie mit ihrem jetzigen Ehemann zusammen, auch er ein Feuerwehrmann. Als Bernd Walter 1996 Stadtbrandmeister wurde, entschloss sich seine Frau, Nägel mit Köpfen zu machen und auch in die Feuerwehr einzutreten. „Ich hatte ja im Hintergrund sowieso immer alles mitbekommen“, sagt sie. „Da machte dieser Schritt Sinn.“

In kurzer Zeit zog sie die Lehrgänge durch. Und stand als erste Frau in der Löscheinheit Bockeroth ihren Kameraden gegenüber. „Der eine oder andere hat schon etwas dumm geguckt und sich wohl gefragt, was das denn jetzt soll“, erinnert sie sich an die Reaktionen in der Anfangszeit. Aber möglichen Skeptikern habe sie schnell den Wind aus den Segeln genommen. „Ich habe nie gesagt: Das mache ich nicht oder das ist mir zu schwer. Und ich war mir für keine Arbeit zu schade.“

Eine Einstellung, die ihre Kameraden schnell anerkannt und geschätzt hätten. Heute seien weibliche Wehrleute bei ihnen kein Thema mehr. „Ich bin als Schriftführerin für sämtliche Berichte zuständig, dazu kommen Lehrgänge und wöchentliche Übungsabende.“ Warum immer noch so wenige Frauen den Weg zur Feuerwehr finden, kann sie allerdings auch nicht erklären.

Frauen steht die Familienplanung im Weg

„Wir hatten drei Frauen in der Jugendfeuerwehr“, erzählt sie. „Eine von ihnen ist weggezogen, eine zweite Mutter geworden und konnte dadurch Ehrenamt und Familie nicht überein bringen.“ Häufig sei der Bezug zur Feuerwehr bereits in der Familie angelegt. „Die Probleme beginnen mit der Familienplanung, wenn der Partner die Arbeit bei der Feuerwehr nicht unterstützt.“

Um den letzten Punkt muss sich Walter keine Sorgen machen. „Mein Mann ist zwar mittlerweile im Ruhestand, weiß aber natürlich wie das ist, wenn nachts der Piepser geht. Und mein Sohn ist zugleich mein Chef.“ Zumindest bei der Löscheinheit Bockeroth, die Tim Ziegenbein leitet. Ihre Tochter hingegen hat es nicht zur Feuerwehr gezogen.

Dagmar Walter selbst denkt noch längst nicht an den Ruhestand. „Ich mache weiter, so lange ich körperlich fit bin. Wir sind hier eine große Gemeinschaft.“

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