Paias ist bereits im WM-Fieber Brauchtumsverein Rauschendorf stellt Pfingstbaum auf

RAUSCHENDORF · Rund 400 Kilogramm schwer und 20 Meter hoch: In Rauschendorf schmückt jetzt ein Pfingstbaum den Ort, der Paias wirbt schon einmal für die Fußball-WM.

 Der 400 Kilo schwere Baum wurde per Kran aufgestellt.

Der 400 Kilo schwere Baum wurde per Kran aufgestellt.

Foto: Frank Homann

Der WM-Song lässt Fußballfans schon mal vom fünften Stern träumen, bei den Wettanbietern ist Titelverteidiger Deutschland neben Rekordweltmeister Brasilien der große Favorit. Sollte es mit dem neuerlichen Weltmeistertitel für die DFB-Kicker jedoch nichts werden, ist der Schuldige bereits jetzt ausgemacht: Er hängt im Pfingstbaum von Rauschendorf, hat Schwarz-Rot-Gold-Fähnchen in den Händen und einen Deutschland-Schal um den Hals. Die Mitglieder des Brauchtumsvereins haben ihren Paias, der jetzt schon völlig im Fußball-WM-Fieber ist, stilgerecht herausgeputzt.

Der Paias wird traditionell bei seiner Beerdigung am 21. Juli – nach der Kirmes im Kirchspiel Stieldorf – für alle Sünden im Dorf angeklagt, bevor er auf dem Scheiterhaufen landet. „Aber ihm würde auch vorgeworfen, wenn es mit dem Titel nichts wird“, sagt der Vorsitzende Yannick Sterzenbach mit einem Lachen. Armer Paias, sogar für Jogi Löw und seine Truppe muss er herhalten. Seit Pfingstsamstag schaut dieser pfundige Pfingstkerl für zwei Monate aus zwanzig Metern Höhe auf Rauschendorf.

Sechs Mitglieder des Vereins hatten die Eiche mit einer prächtigen Krone geschlagen, sie mit dem Traktor nach Rauschendorf transportiert, bevor sie per Kran neben dem Brunnen am Heinrich-Kurscheid-Platz gesetzt wurde. „Wir haben nicht mehr genug Leute, um das mit Manneskraft zu schaffen“, so Sterzenbach. Im vergangenen Jahr hatte sich der 22-Jährige für den Posten des Vorsitzenden zur Verfügung gestellt, um den Brauchtumsverein zusammen mit einer jungen Vorstandsmannschaft zu retten. „Von Kind auf habe ich da mitgemacht, das Brauchtum muss erhalten werden.“

Mit Hochzeitsanzug und Reiterstiefeln

Und so bastelten die Mitglieder auch diesmal wieder einen prächtigen Paias aus Stroh, der mit dem Hochzeitsanzug von Thomas Hänchen bekleidet wurde und Reiterstiefel an die Füße bekam. Sein Innenleben besteht aus Stroh. Der Kopf aber ist aus Holz und ziert bereits seit mehr als 100 Jahren die Rauschendorfer Paias-Körper. Die Vorstandsmitglieder Björn Meyer, Klaus Steinbüchel und Thomas Hänchen sowie René Lohmann und Stefan Germscheid packten den Paias am frühen Pfingstsamstag und befestigten ihn sorgfältig unter der Baumkrone.

Dann kam Kranführer Martin Bauer ins Spiel. Er fuhr den Kranarm aus. Der Teleskopfinger neigte sich und schnappte sich den rund 400 Kilogramm schweren Baum wie ein Streichholz. Bauer ließ ihn dann per Knopfdruck in den metertiefen Schacht gleiten. Etliche Rauschendorfer waren gekommen, um bei dem Spektakel dabei zu sein. Der sechsjährige Oskar und der ein Jahr jüngere Tim jedenfalls fanden den Baum „supergut“. Und den Paias natürlich auch.

Während die Männer dann mittags zum Sammeln der Pfingsteier loszogen und dabei vor jedem Haus das alte Pingsleed „Röselein, Röselein, singen uns die Vögelein …!“ anstimmten, bereiteten die Frauen alles für das Pfingsteierkuchenbacken am Rauschendorfer Hof vor. Sterzenbach: „Baum und Eier stehen für die Fruchtbarkeit und gute Ernte. Deshalb muss es auch ein prächtiger Baum sein.“ Ehrensache. Ob der Paias demnächst mit seinen Fähnchen siegestrunken winken kann oder doch eine Niederlage ausbaden muss, wird sich dann spätestens am Ende der WM zeigen.

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