Neue Ausstellung in Haus Schlesien Ausstellung über Vertreibung und Flucht

HEISTERBACHERROTT · „Zu Hause und doch fremd“ heißt eine neue Ausstellung, die derzeit in Haus Schlesien in Heisterbacherrott zu sehen ist. Sie setzt sich mit Flucht und Vertreibung auseinander und wurde gemeinsam mit vier polnischen Partnern realisiert.

 Die Ausstellung über Flucht und Vertreibung im Haus Schlesien wurde gemeinsam mit vier polnischen Partnern realisiert.

Die Ausstellung über Flucht und Vertreibung im Haus Schlesien wurde gemeinsam mit vier polnischen Partnern realisiert.

Foto: Frank Homann

„Der Anfang war wahrhaft schwer. Wir dachten alle, nur vorübergehend da bleiben zu müssen. Manche haben ihre Koffer nicht einmal ausgepackt. In der Erwartung der Heimkehr sind sie gestorben.“ Man kennt den Mann nicht, der dies gesagt hat. Der Vorname Wladyslaw lässt vermuten, dass es sich um jemanden polnischer Herkunft handelt – ebenso die Ortsangabe: Kraschnitz. Doch hätten genau diese Worte auch aus dem Mund Tausender anderer Vertriebener stammen können, die im Zuge des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen mussten – Deutsche wie Polen.

Wie haben sich diese Menschen mit ihrem Schicksal arrangiert? Wie haben sie sich in ihrem neuen Zuhause eingelebt? Wie sind sie aufgenommen worden? Fragen wie diesen widmet sich die Ausstellung „Zu Hause und doch fremd“, die derzeit im Haus Schlesien in Heisterbacherrott zu sehen ist.

Sie erzählt anhand von zahlreichen Dokumenten, Aufzeichnungen, Erlebnisberichten und persönlichen Erinnerungstücken Betroffener vom Umgang mit Entwurzelung und Heimatverlust am Beispiel Schlesiens. Das Besondere: Neben der Sicht der vertriebenen Deutschen wird auch die Situation der in Schlesien angesiedelten Polen betrachtet und außerdem die Sicht der aufnehmenden Bevölkerung in Westdeutschland auf die Ankunft der sogenannten Flüchtlinge beleuchtet. Die vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte, zweisprachige Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Haus Schlesien mit polnischen Museen in Neisse, Bunzlau und Grünberg.

Bei vielen Heimatvertriebenen werden mit den Bildern und Berichten über die aktuelle Flüchtlingsbewegung wieder Erinnerungen an ihre eigenen Erlebnisse geweckt: „Vielen fällt es auch 70 Jahre später noch schwer, mit dem Verlust ihrer Heimat zu leben“, berichtet Kuratorin Silke Findeisen, die viele Gespräche mit Betroffenen geführt hat. Dies verdeutlicht auch die Sammlung zahlreicher Zitate neueren und älteren Datums von Menschen aus Polen und aus Deutschland, die sich in einem kleinen Kästchen auf einem alten Holztisch im Ausstellungsraum befindet. Es sind Worte, die bewegen, die nachdenklich stimmen, die Außenstehenden verstehen helfen, was in den Herzen von Flüchtlingen und Vertriebenen vor sich geht.

Gleiches gilt für Ausstellungsstücke wie zum Beispiel das alte Feldbett mit dem Teddy auf dem Kopfkissen oder die hölzerne Kochkiste, die zum ersten Mobiliar Vertriebener zählte. Die mit Holzwolle gefüllte und mit Stoff ausgelegte Kiste diente dazu, Brennholz zu sparen. Kurz erhitzte Speisen wurden in einem Topf in die Kiste gestellt, um dort weiter zu garen. Für viele Familien war dies lange Zeit die einzige Möglichkeit, Essen zuzubereiten.

„Ich bin davon überzeugt, dass diese Ausstellung zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen kann“, betonte Bernd Neuendorf, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, der die Ausstellung gemeinsam mit Bürgermeister Peter Wirtz und der ersten stellvertretenden Landrätin Notburga Kunert eröffnete. „Es ist hervorragend, dass die Ausstellung mit vier polnischen Partnern realisiert worden ist.“ Es brauche neue Formate und Ideen, um vor allem auch die jüngere Generation an solch ein schwieriges Thema heranzuführen, so Neuendorf: „Das hier ist ein richtiger Ansatz.“ Insbesondere, da die Ausstellung die Schicksale von Menschen beider Nationen im Blick habe.

Dass in Polen das Schlüsselwort Vertreibung auch heute noch immer nicht wirklich gesellschaftsfähig ist, schilderte Edward Hałajko, Direktor des Kreismuseums Neisse: „Auch die Forschung zu dieser Thematik ist noch relativ jung.“ Dabei ist seiner Ansicht nach die Erforschung des Schicksals eigener, vertriebener Landsleute eng verwoben mit dem der deutschen Bevölkerung. „Wir müssen das Thema entnationalisieren. Es handelt sich allesamt um Menschen, denen Unrecht getan wurde. Unsere Beteiligung an diesem Projekt ist daher nur eine logische Konsequenz.“

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