Unterwegs auf dem Petersberger Bittweg Auf dem ökumenischen Kreuzweg

Königswinter · Christen jeden Alters gehen zusammen den beschwerlichen alten Prozessionsweg auf den Petersberg hinauf. An den historischen Steinkreuzen und Altären halten sie inne, lesen Texte zu Jesu Leidensweg - Zeit zum Verschnaufen.

 An den Steinkreuzen und Altären des Bittweges machen die Gläubigen Halt.

An den Steinkreuzen und Altären des Bittweges machen die Gläubigen Halt.

Foto: Frank Homann

. Um sie herum Wald, Himmel. Vor ihnen Jesus, der unter der Last des Kreuzes auf die Knie gesackt ist – in Stein gemeißelt. Alle Augen sind auf die Passionsdarstellung auf der Station am Petersberger Bittweg gerichtet. Stille. Dann liest einer: „Jesus fällt. Die Last ist schwer. Unter dem Kreuz bricht er zusammen. Entkräftet ist er, nach der durchwachten Nacht voller Angst, nach Verurteilung und Folter.“

Auch einige der Umstehenden haben kurz zuvor noch vor Anstrengung geschnauft, aber das ist kein Vergleich zum Leid Christi. Eine Frau fragt, an Jesus adressiert: „Du bist wirklich 'am Boden’. Warum sagst du nichts? Warum lässt du das mit dir geschehen?“ Zwei Jungen antworten: „Weil du auf Augenhöhe mit allen bist, die nicht mehr aushalten können, was sie belastet.“

Und: „Weil du auf Augenhöhe mit allen bist, die nicht mehr weiterkönnen. Mit allen, denen einfach alles zu viel und zu schwer wird.“ Dann singen die Jugendlichen und Erwachsenen gemeinsam: „Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt, bringe ich vor dich. Wandle sie in Stärke. Herr, erbarme dich.“

Fast 20 Gläubige sind unterwegs beim ökumenischen Kreuzweg der evangelischen Kirchengemeinde Königswinter und der katholischen Pfarrgemeinden Königswinter-Tal. Konfirmanden, Firmlinge, Ehrenamtliche, solche, die vielleicht seltener in die Kirche gehen.

Den ersten ökumenischen Kreuzweg vor zwei Jahren hatten die Gemeinden ausschließlich für alle damaligen Konfirmanden und die Firmlinge des Jahres ausgerichtet. Von den Jugendlichen, die diesmal teilnehmen, wussten nur wenige vorher von den steinernen Stationen am Bittweg.

Bulldogge Tyson läuft an der Leine mit

Auch nicht der 13-jährige Konfirmand David Belsch, der seine französische Bulldogge Tyson an einer langen Leine dabei hat. Er ist einer der jungen Teilnehmer, die zusammen mit Erwachsenen und den begleitenden Geistlichen an den einzelnen Stationen Gedanken zur Passionsgeschichte der Bibel vorlesen.

Der 15-jährige Tim Bernards aus Niederdollendorf, der im Sommer gefirmt wird, erinnert sich indes, dass er als Kindergartenkind bereits den Weg gelaufen sei und es am Ziel eine Andacht und ein Picknick gab. Das bestätigt Anna Rodromel, Mitarbeiterin im Kindergarten Sankt Franziskus in der Königswinterer Altstadt, die jedes Jahr mit den künftigen Schulkindern zum Abschluss ihrer Kindergartenzeit den Bittweg geht: „Für die Kinder ist das ein Erlebnis. Mit ihren Eltern gehen die meisten nie hier hoch.“

Tim Bernards hat beim ökumenischen Kreuzweg seine Eltern dabei. Und er hat in den vergangenen Jahren auch schon an Motorradwallfahrten teilgenommen. Dabei sowie bei der Firmung gehe es ihm darum, seinen Glauben zu stärken. „Für mich geht es nicht unbedingt darum, dass Gott die Welt erschaffen hat. Dass die Menschen Liebe und Hoffnung leben, ist mir wichtiger.“

Auf dem gemeinsamen Weg kommt man ins Gespräch

An sechs von insgesamt zwölf Kreuzwegstationen, teils mit Darstellungen des gekreuzigten oder gegeißelten Jesus, stellt sich die Frage „Warum wehrst du dich nicht?“ Und immer wieder gibt es neue Antworten. „Man geht diesen Weg zusammen und kommt ins Gespräch: über Glaubensfragen, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten“, erklärt die evangelische Pfarrerin Christina Gelhaar ein Anliegen des ökumenischen Kreuzwegs, den sie gemeinsam mit dem katholischen Pfarrer Dariusz Glowacki gestaltet hat.

Die Texte hat sie auch um Lieder ergänzt. Manch einer muss aber erst mal Luft holen, wenn die Gruppe vor einem Steinkreuz oder Altar Halt macht. Schließlich ist kein Aufweg zum Petersberg steiler als der über den Bittweg. Auf einer Strecke von rund zwei Kilometern müssen etwa 250 Höhenmeter überwunden werden. Da kommt jede Verschnaufpause recht. „Das ist ein ganzheitliches Erlebnis. Wir kommen ins Keuchen. Es ist gut, das zu fühlen“, sagt Gelhaar.

Erschreckend ist für einige der Zustand einzelner Stationen. Das nach einem Stifter benannte „Genger-Kreuz“ ist gut erhalten: mit dem Fußfall Jesu an der Spitze, barocker Ornamentik vorne und dem Relief der Schmerzensmutter Maria mit den sieben Schwertern im Arm – ein Abbild übrigens, das die Gruppe bei der abschließenden Andacht in der Petersbergkapelle wiedersieht.

Andernorts finden die Gläubigen bröckelnde Kreuze und verwitterte Altäre mit leeren Nischen vor. An einigen Stationen stehen aber auch Blumen und Kerzen. Und der 14-jährigen Lisa-Marie Kassner gefallen besonders die Inschriften – sofern sie denn leserlich waren.

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