Modellflug im Siebengebirge Abheben auf der Musser Heide

EUDENBACH · Beim „Jedermannfliegen“ der Modellfluggruppe Eudenbach können Anfänger den Steuerknüppel selbst in die Hand nehmen. GA-Mitarbeiterin Roswitha Oschmann hat es ausprobiert.

Pilot? War nie ein Berufswunsch. Aber jetzt steuere ich doch ein Flugzeug über die Musser Heide. Um genau zu sein: ein Modellflugzeug. Und zugegeben, auch wenn ich quasi den Steuerknüppel in der Hand habe, so ist doch eigentlich Jürgen Lob der Chef im „Cockpit“. Im Jahr 1974 schloss sich der IT-Experte als 14-Jähriger der Modellfluggruppe Eudenbach an. Nun ist er beim „Jedermannfliegen“ des Vereins Fluglehrer. Auch Jürgen Duschka, Detlef Stüter und Reinhold Bitzhöfer stehen zum „Pilotentraining“ bereit.

„Wir haben im Jugendbereich ein kleines Loch“, erzählt Lob. Früher hatte der Verein sogar einige deutsche Jugendmeister im Modellfliegen. Heute ist die begrenzte Freizeit der Schüler auch für die Eudenbacher Modellfluggruppe ein Problem. Dabei bekommen die Jugendlichen allerhand Unterstützung. Mit Jugendleiter Felix Diefenthal geht es jedes Jahr ins Zeltlager, die Profis helfen beim Erlernen des Umgangs mit dem Fluggerät. Und so hofft Jürgen Lob, dass sich auch bei diesem „Jedermannfliegen“ einige Jugendliche vom Flugfieber anstecken lassen.

Vielleicht ist Jakob ein Kandidat? Der Zehnjährige aus Bonn hat so wie ich einen Sender umgeschnallt und schaut zum Himmel. Sein Flugzeug dreht dort bereits die ersten Schleifen. Jakob ist mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester Hannah zu Besuch bei den Großeltern Heinz und Ruth Kohler in Königswinter, die mit den beiden zum Flugplatz gefahren sind. Ein schöner Ausflug bei Traumwetter. Und vielleicht der Beginn einer ganz großen Leidenschaft?

Der Wind weht stark. „Da ist das Holzmodell besser lenkbar als ein Styropormodell“, sagt mein Fluglehrer. Lob hat das zweite Modell seiner Laufbahn an den Start geschoben. Alles selbstgebaut. Das gelbe Flugzeug ist einer viersitzigen Cessna nachempfunden. Auch im echten Flugbetrieb habe die Maschine „gutmütige Flugeigenschaften“ und sei bei Anfängern beliebt. Das ist beruhigend für einen flugtechnischen Anfänger wie mich. Aber vor allem fällt mir ein Stein vom Herzen, dass keine Gefahr besteht, dass ich mich am Ende als Bruchpilot vom Platz schleichen muss und die „Charter“ auf dem Gewissen haben könnte. Denn: Als Anfänger bekomme ich auf meinem drahtlosen Sender zunächst lediglich eine Position zugewiesen. Und Jürgen Lob kann jederzeit die Notbremse ziehen und den „Not-Aus“-Generalschalter drücken.

Vor zehn Jahren hat er dieses Modell von Benzin- auf Elektrobetrieb umgestellt. „Elektro funktioniert immer. Mit Benzin gibt es bei Wärme und Kälte oft Probleme.“ Mein Sender wird aktiviert. Und Jürgen Lob lässt mich mit dem Steuerknüppel das Höhen- und das Seitenruder bewegen. Damit kann ich später in der Luft die Maschine geradeaus und Kurven fliegen lassen. Aber erst einmal habe ich Sendepause. Lob drückt auf seinem Sender einen Knopf – die Maschine bewegt sich, rollt über den Rasen und hebt ab. Schnell ist sie hoch oben in der Luft.

Und schon erfolgen die Kommandos: „Rechts!“ – „Jetzt links!“ Es macht Spaß zu sehen, wie bei geringfügigem Druck auf den bleistiftdicken Hebel das Modell sofort reagiert, sich mehr nach links oder rechts bewegt oder brav um den Busch herumfliegt. Die Kurve war dann doch etwas zu steil genommen, Jürgen Lob bringt die Maschine wieder ins Lot. Mir stehen die Haare zu Berge – aber nur durch den Wind. Es ist Entspannung pur, im schönsten Sonnenschein an der frischen Luft zu fliegen. Acht Minuten bleibt „mein“ Flieger oben. „Danach lässt die Konzentration nach“, sagt Lob. Wir lassen Jakob beim Landen den Vortritt. Dann drosselt mein Lehrer den Motor der „Charter“, die Maschine fliegt gegen den Wind, baut Höhe ab und setzt auf. Geschafft.

Beim nächsten Mal dürfte ich vielleicht das Starten üben. „Die Landung ist das Schwerste“, betont mein Lehrer. Für ihn liegt die Faszination auch im Bau der Modelle. Da Zeit heute knapp ist, setzen viele eher auf den Kauf eines fast flugfertigen Styroporfliegers, den es in vielen Varianten gibt: als Segelflieger, als Modell mit Verbrenner- oder Elektromotor, auch als turbinengetriebener Jet oder als Hubschrauber. Ein Kinderspielzeug ist das nicht.

Höchste Konzentration, Geschick, technisches Verständnis und Fingerspitzengefühl sind für den Umgang erforderlich. Und obwohl ein Einsteigermodell bereits ab 150 Euro zu haben ist, rät Lob unbedingt dazu, sich Rat im Verein zu holen. Dort gibt es Tipps und Hilfestellung für die Anschaffung, das Einstellen und bei den ersten Flugversuchen. „Nach etwa drei Wochen kann man allein fliegen.“ Dann wird die Lehrer-Schüler-Sendeanlage gekappt.

Jürgen Lob ist möglichst an jedem Wochenende auf dem Flugplatz. Auch im Urlaub hat er gern einen Flieger mit im Gepäck. Vorher erkundigt er sich nach einem Modellflugplatz. Denn auch ein Modellflieger muss sich an Regeln halten und kann nicht einfach auf irgendeiner grünen Wiese starten.

Der Motor hat sich nach knapp zehn Minuten in der Luft auf 70 bis 80 Grad erwärmt. Er muss sich abkühlen. Ich nabele mich vom Sender meines Fluglehrers wieder ab. Jakob erzählt von dem tollen Gefühl bei seiner ersten Flugstunde. Ich stimme ihm zu. Es war zum Abheben schön.

Mehr zur Modellfluggruppe Eudenbach: www.mfg-eudenbach.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort