Fußgängerbrücke in Bad Honnef 15-Jähriger nach Steinwürfen wegen Mordversuchs angeklagt

SIEBENGEBIRGE/Bonn · Das hätte in einer Katastrophe enden können: Aus Langeweile soll ein 14-Jähriger am 26. Mai 2014 faustgroße Steine von der Fußgängerbrücke über die B 42 in Bad Honnef auf fahrende Autos geworfen haben.

Demnächst muss sich der heute 15-Jährige wegen vierfachen versuchten Mordes und besonders gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor dem Bonner Jugendschwurgericht verantworten. Das teilte Gerichtssprecher Thomas Stollenwerk mit. Die Anklage wirft dem Jugendlichen aus gutem Hause vor, am Tattag in nur zehn Minuten zwischen 17.50 und 18 Uhr von der Brücke Mühlenweg vier Mal Steine ganz gezielt auf Fahrzeuge geworfen zu haben.

Der erste Stein traf die Motorhaube eines Wagens, der mit 90 Stundenkilometern unterwegs war, mit lautem Knall wie ein Geschoss. Der Lack spritzte ab, der Kühlerschutz brach, der Fahrer bremste in Panik und verließ die B 42 so schnell es ging. Er und seine Beifahrerin waren geschockt.

Der nächste Steinwurf sollte laut Anklage einen Wagen treffen, der sich mit 80 Stundenkilometern der Brücke näherte. Doch die Frau, die den BMW steuerte, sah den Jugendlichen auf der Brücke stehen, schöpfte Verdacht und schaffte es, durch ein starkes Bremsmanöver so auszuweichen, dass der Stein vor ihr aufs Pflaster knallte.

Das schaffte eine andere Fahrerin zwei Minuten später nicht mehr. Auch sie sah den Stein auf sich zufliegen, konnte aber nicht mehr ausweichen, und das Geschoss schlug zuerst vor ihr auf der Motorhaube auf, dann noch mal gegen die Windschutzscheibe. Die geschockte Fahrerin, die ein Zerbersten der Scheibe befürchtete, und der hinter ihr fahrende Autofahrer fuhren nur langsam weiter.

Gegenüber den Beamten bestritt der Junge die Taten

Glück hatte dagegen gleich danach eine Fahrerin: Der Stein, der wie ein Schlagball geworfen wurde, schlug vor ihrem Auto auf. Die von den Opfern alarmierte Polizei fasste den 15-Jährigen in Tatortnähe. Gegenüber den Beamten bestritt der Junge die Taten, gab sie jedoch später gegenüber einem psychiatrischen Sachverständigen zu, wie Sprecher Stollenwerk erklärte.

Sein Motiv soll demnach Langeweile gewesen sein. Er will zunächst auf einen Lkw gezielt, jedoch nicht getroffen haben. Bei den Autos will er es interessant und witzig gefunden haben, wie laut es knallte. Laut Anklage soll er erklärt haben, früher auf Güterzüge gezielt und auch Radfahrer mit Gegenständen beworfen zu haben.

Dem Gerichtssprecher zufolge ist der 15-Jährige schon seit der Kindheit verhaltensauffällig und war bereits in kinderpsychiatrischer Behandlung. Der 15-Jährige soll zur Tatzeit sein Sporttraining geschwänzt haben, weil er zu nichts mehr Lust hatte. Laut vorläufigem Gutachten ist er voll schuldfähig.

Laut Anklage waren die Anschläge geeignet, schwere Unglücksfälle herbeizuführen. Dabei soll der 15-Jährige tödliche Verletzungen von Menschen billigend in Kauf genommen haben. Die Taten stehen laut Anklage auf sittlich tiefster Stufe: Der Beschuldigte habe gezeigt, dass er sein "ohnehin zweifelhaftes Bedürfnis nach derartiger Aufregung und Spannung über das Leben anderer Menschen stellt". Der 15-Jährige ist in einer Jugendeinrichtung untergebracht. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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