GA-7Gebirge-Adventskalender Wie der Profi einen Christstollen zubereitet
Bad Honnef · Rund um Weihnachten werden in der Backstube von Peter Profittlich in Rhöndorf 14000 Stollen hergestellt. Doch wie hat sich dort das Gebäckstück über die Jahre verändert und was kommt überhaupt alles rein? Das zeigen wir in unserem 1. Türchen des GA-7Gebirge-Adventskalenders.
„Ich persönlich lehne das ab.“ Peter Profittlich wippt auf den Fußballen hin und her, die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Das ist, meiner Meinung nach, Quatsch.“ Sein Mund verzieht sich missbilligend, während sich die Stirn in Runzel legt. „Nach zwei oder drei Tagen schmeckt er schon perfekt.“ Von wochenlanger Lagerung, dem vermeintlichen Durchziehen, davon hält er nichts. Und Peter Profittlich muss es wissen. Zwischen dem 1. Oktober und dem 10. Februar entstehen in seiner Backstube in Rhöndorf rund 14 000 Christstollen. In allen Größen, für Abnehmer in aller Welt.
Zu spät zum Stollenbacken? Auch das gibt es für Profittlich nicht. Stollen geht eigentlich immer. Und deshalb kann, wer im Advent oder zu Weihnachten selbst gemachten Stollen servieren will, natürlich auch jetzt noch einen Hefeteig dafür ansetzen. So, wie das derzeit jeden Morgen in Rhöndorf passiert. Ab 2.30 Uhr werden in der Backstube die Öfen angeworfen, erst für die Tagesproduktion an Brötchen, Brot und Kuchen. Doch ab 5 Uhr mischen, kneten, falten, backen und bepinseln Profittlich, seine Mitarbeiter und drei Saisonkräfte nur noch Stollen.
Was Christstollen angeht, ist der aus dem Hause Profittlich so etwas wie eine Legende. 1925 vertraute ein Kriegskamerad aus dem sächsischen Zittau Peter Profittlich senior das Rezept für den Stollen an. Seitdem wird nach diesem Grundrezept der Hefeteig angesetzt. „Natürlich experimentieren wir immer ein bisschen, verändern Kleinigkeiten“, sagt der Enkel. Die wichtigste Veränderung gegenüber dem traditionellen Gebäck jedoch setzte bereits der Großvater durch. Der ärgerte sich über den Staubzucker, der seinen schwarzen Anzug verschmutzte, und ersetzte ihn durch Mandeln. „Die isolieren auch besser als der Zucker. So bleiben die Stollen länger frisch.“ Und sie schmecken auch besser, ist Profittlich überzeugt.
Viel Handarbeit ist gefragt
Auch heute noch wird die Rezeptur weiter verfeinert. Wohldosiert, versteht sich, um ja den ganz speziellen Geschmack nicht zu verfälschen. So enthielt das ursprüngliche Rezept Rosinen, heute bevorzugt Profittlich die kernlosen Sultaninen aus Australien. Sie werden vor der Verarbeitung in Rum eingeweicht. „Nicht wegen des Alkohols“, so der Experte, „der verfliegt beim Backen.“ Aber der Zucker in den Sultaninen nimmt den Geschmack des Rums auf. Überhaupt: Eigentlich, sagt Profittlich, gibt es beim Stollen kein großes Geheimnis – außer dem genauen Rezept, das selbstverständlich nicht verraten wird. Nur eines vielleicht, die Grundvoraussetzung sozusagen: „Nur beste Zutaten.“
So legt Profittlich beispielsweise wert auf besonders klein gewürfeltes Zitronat, die Mandeln stammen aus Kalifornien, das Marzipan im Inneren ist vom Feinsten. Dabei muss der Bäckermeister in großen Dimensionen denken. 1,6 Tonnen Mehl verarbeitet er pro Saison, rund 560 Liter Milch werden am Ende auf der Einkaufsliste stehen. Bevor die Stollen ihre Reise in alle Teile der Welt – von Australien bis Kanada, von Peru bis Russland, von Südafrika bis Finnland und sogar in die eigentliche Stollenhauptstadt Dresden antreten, ist viel Handarbeit zu leisten. Der Teig muss mehrmals geknetet werden, immer wieder in Ruhe gehen können (Profittlich: „An einem nicht zu warmen Ort, das machen viele falsch“) und dann gefaltet werden (Profittlich: „Der Stollen soll das gewickelte Christkind darstellen“).
Nach dem Backen wird der Stollen von Hand mit Butter eingepinselt. Und zwar gleich mehrmals. Damit die Butter besser in das Backwerk eindringt. „Süßrahmbutter zieht viel besser ein“, verrät der Bäckermeister. „In einigen Bäckereien wird der Stollen einfach kurz ins Butterbad getaucht, aber dann zieht sie nicht ausreichend ein.“ Erst dann wird das Backwerk in den Mandelblättchen gewälzt.
Im Nebenraum werden die Kunstwerke von Hand verpackt, zu Päckchen zusammengestellt und verschickt. „Manchmal ist das Porto höher als der Wert des Inhalts“, sagt Profittlich und schmunzelt. Viele Stollenfans kommen selbst vorbei. Und der Meister selbst? Kann der überhaupt noch Stollen sehen – oder gar essen? „Och ja“, sagt Profittlich und grinst. Stollen geht eben immer.