Löwendenkmal in Bad Honnef Wertvoller Zufallsfund

BAD HONNEF · Da fühlten sich die Mitstreiter der Initiative Wirtschaft für Bad Honnef ein bisschen wie Schatzsucher. Nur, dass sie von diesem Schatz nichts hatten ahnen können.

 Diether Habicht-Benthin zeigt die Original-Urkunde des Löwendenkmals von 1929.

Diether Habicht-Benthin zeigt die Original-Urkunde des Löwendenkmals von 1929.

Foto: Frank Homann

Als sie das Löwendenkmal an der Girardetallee vom Sockel heben ließen, damit es jetzt von der Patina der Jahrzehnte befreit wird, fand sich im Hohlraum darunter eine Metall-Röhre. Inhalt: Die Gründungsurkunde des Denkmals von 1929, ein Toten-Gedenkbuch und Kolonnen mit Namen von Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

Die Menschen hinter den Namen eint der Tod in einem grausamen Krieg. Geburts- und Todestag und -ort sind aufgelistet. Darunter auch: Verdun. Der Name steht für die Schrecken eines Krieges, in dem Soldaten zu "Kanonenfutter" wurden. 170.000 französische und 150.000 deutsche Soldaten kamen von Februar bis Dezember 1916 auf den Schlachtfeldern bei Verdun ums Leben. Von zahllosen zivilen Opfern, verwüsteten Städten und vielem mehr nicht zu reden - unvorstellbare Fakten, die die Sinnlosigkeit eines jeden Krieges vor Augen führen. Längst kommt Verdun eine besondere Rolle auch gegen das Vergessen zu: Soldatenfriedhöfe und das ehemalige Schlachtfeld sind Gedenkstätten.

Mit einer Tagestour nach Verdun im Mai, einer Berlin-Fahrt und der Einweihung des Löwendenkmals am neuen Standort im Juni schließt sich für die Klasse 9 a der Realschule Sankt Josef ein Kreis. Am Beispiel des "schlafenden Löwens" hatte sich die Klasse von Lehrerin Nataly Weinbeer intensiv mit dem Gedenken auseinandergesetzt. Unterstützt wurde sie von der Initiative Wirtschaft, die den Löwen mit Sponsorenhilfe reinigen und versetzen lässt.

Mit sechs Infotafeln in der Kategorie "1914/2014 - Für Ehre und Vaterland" bewarb sich die Realschulklasse beim Schülerwettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung - und ihr Beitrag siegte unter 2700 Einsendungen. Der Preis: eine Woche Berlin.

Da waren die Vorbereitungen für eine andere Fahrt schon angelaufen: Die tolle Arbeit der Schüler, die die Jury der Bundeszentrale als "außergewöhnlich reflektiert und sachlich" bewertete, beeindruckte die Initiative Wirtschaft für Bad Honnef derart, dass die Sponsoren, darunter Juppi Pütz und Familie sowie Renate Westhoven, die Busfahrt nach Verdun spendieren. An Ort und Stelle führt Peter Baus, Stabshauptmann a.D., dann die Gruppe.

Mit auf die Reise geht eines der Faksimiles vom Original aus der Dokumentenrolle. Diether Habicht-Benthin, Vizevorsitzender der Initiative: "Das war eine echte Überraschung. Der Löwe hob ab, und da war die Rolle." Problem: Das älteste der Dokumente, die Originalurkunde vom 15. Mai 1929, hatte am meisten Feuchtigkeit gezogen. Eine Kunstrestauratorin setzte die Teile zusammen, vieles ist wieder lesbar, etwa: "Das Regiment hat 61 Offiziere, 171 Unteroffiziere und 1300 Mannschaften an den verschiedenen Fronten verloren." Am Ende stehen die Unterschriften der Mitglieder des Denkmalausschusses.

Thomas Bock, Stadtinfo-Chef und Mitglied der Initiative, hat alle Teile gescannt und setzt "das Totenbuch" wieder zusammen. Kopien der Dokumente werden am neuen Löwen-Standort wieder in den Sockel gelegt. Schließlich seien die Totenlisten "sinngebend" für das Denkmal, so Habicht-Benthin. Die Originale sollen Haus Gutenberg übergeben und, so hofft Habicht-Benthin, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Letzteres plant er zudem für den Tag der Neueinweihung des Denkmals. Die Umstände von dessen Versetzungen in den 50er und 60er Jahren liegen im Dunkeln. Eine Firma Vreden sei wohl an der Errichtung beteiligt gewesen. "Aber wirklich Substanzielles weiß man über die Versetzungen nicht."

"Ich hätte nie gedacht, welche Dimensionen das Projekt schlafender Löwe annehmen würde", resümiert Habicht-Benthin. Ein Ziel hatte die Initiative von Anfang an: Nachhaltig sollte das Projekt sein. Nicht zuletzt mit der Arbeit der Schüler, die sich kritisch mit Begriffen wie Ehre und Vaterland und der Bedeutung des Gedenkens in heutiger Zeit auseinandersetzten und die in Verdun auch Rosen für den Frieden niederlegen wollen, ist das gelungen.

Initiative von Weltkriegs-Veteranen

Die Aufstellung des Löwendenkmals geht zurück auf das nach dem Ersten Weltkrieg aufgelöste Rheinische Fußartillerie-Regiment Nr. 8, dessen Ehemalige sich der Vereinigung der 8. Rheinländer mit Sitz in Köln anschlossen.

Diese traf sich erstmals im Mai 1926 in Bad Honnef. Dabei wurde zu Spenden für ein Denkmal aufgerufen. Als Standort hatte die Stadt den Korferberg im Blick. Der Entwurf von Wilhelm Kreis, Kunstprofessor in Düsseldorf und bis zu seinem Tod 1955 Honnefer Bürger, wurde in Muschelkalk umgesetzt, laut Originalurkunde von Kunstbildhauer Johannes Knubel .

1927 sollte der Löwe zunächst provisorisch am Rhein nahe der Austraße aufgestellt werden. Als sich das Ehrenmal am Korferberg finanziell nicht realisieren ließ, blieb es dabei. Der Löwe bekam einen Sockel; am 9. Juni 1929 wurde er eingeweiht und der Stadt übergeben. Jährlich wurde dort der Gefallenen gedacht, das Gedenken am Volkstrauertag kam hinzu. Der Löwe wurde mehrfach versetzt, zuletzt 1964 an die Girardetallee. Künftiger Standort soll der Stadtpark sein.

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