Physiker treffen sich zum Wettstreit in Bad Honnef Von wegen staubtrocken

Bad Honnef · Physik ist staubtrocken und im Alltag fehl am Platz? Von wegen! Mit diesem Vorurteil räumten die 87 Nachwuchsforscher, die am Wochenende im Honnefer Physikzentrum den „German Young Physicists' Tournament“ (GYPT) bestritten, im Handumdrehen auf – und bewiesen: Junge Leute können sich sehr wohl für Physik begeistern.

Angesagt waren drei Tage lang Spaß statt Stress, Leidenschaft statt Langeweile – hier kulminierten wochenlange Vorbereitungen und akribische Forschung. Sogar die heimische Badewanne wurde im Vorfeld kurzerhand zum Versuchslabor. Denn um zu preisverdächtigen Ergebnissen zu gelangen, die selbst gestandene Professoren verblüffen, braucht es, wie sich bei der Preisverleihung zeigte, manchmal bloß einen Essteller, eine Wanne voll Wasser – und eine Prise wissenschaftliche Genialität.

Die nunmehr dritte Ausgabe des Wettbewerbs war zugleich eine rekordverdächtige. Besonders erfreulich sei neben der bislang unerreicht hohen Teilnehmerzahl vor allem auch die hohe Zahl der teilnehmenden Physikerinnen gewesen, erklärte Konstanze Nickolaus vom Schüler-Forschungszentrum Südwürttemberg, welches sich an der Organisation des Wettbewerbs maßgeblich beteiligt. Dass rund ein Drittel der Teilnehmer weiblich sei, zeige: „Dass Physik reine Männersache ist, stimmt nicht“, so Nickolaus. „Es kommt ganz auf die Themen an, die behandelt werden.“

Und an Einfallsreichtum mangelte es bei den behandelten Problemen keineswegs: Ganze 17 Aufgabenstellungen waren im Vorfeld zur Bearbeitung ausgeschrieben worden; von schlingernden Rollkoffern über geräuschempfindliche Flammen bis hin zu zufallsgenerierten Zahlen konnte jeder Teilnehmer an seinem persönlichen Lieblingsthema forschen. Das Besondere: Es gab nie nur eine richtige Antwort – wer gewinnen wollte, musste eine eigene Herangehensweise entwickeln und echte Forschungsarbeit leisten.

Die gewonnenen Ergebnisse galt es dann im Honnefer Physikzentrum mitsamt seinem Team zu präsentieren – und in der anschließenden Diskussion, augenzwinkernd „Fights“ genannt, die kritischen Nachfragen der gegnerischen Gruppen souverän und niveauvoll zu kontern. Und das alles auch noch durchweg in englischer Sprache. Mit ihrer Erörterung vollends überzeugen konnte Ann-Kathrin Raab aus Rosenheim. Die Aufgabe, derer sich die 18-Jährige angenommen hatte, klang simpel, hatte es aber in sich: „Untersuche die Wirbel, die entstehen, wenn ein Teller durchs Wasser gezogen wird“. Wie entstehen sie, von welchen Parametern werden sie beeinflusst?

Mit umfassendem Fachwissen, detaillierten Ergebnissen – teils gewonnen in der heimischen Badewanne – und einer exzellenten Vortragsgestaltung begeisterte die Nachwuchsphysikerin die insgesamt 45 Juroren und schaffte es damit nach ganz oben aufs Siegertreppchen.

Ihre Teamkollegin Carina Kanitz aus Erlangen, die ihrerseits das Phänomen der Heißwasser-Pipettenfontäne brillant dargelegt hatte, konnte ebenfalls eine Goldmedaille in Empfang nehmen und löste damit ebenfalls das Ticket zur großen Endrunde, dem „International Young Physicists' Tournament“ im russischen Jekaterinburg. Silber ging derweil an Jonas Landgraf und Fabian Eller; über den dritten Platz durften sich Carlo Tassilo und Johannes Raufeisen freuen.

Keine Frage: Forscherinstinkt war hier genauso gefragt wie Argumentationsfertigkeit und Eloquenz. Diese Herausforderung meisterten sämtliche Teilnehmer mit Bravour: Spätestens, als selbst die fachlich hoch qualifizierten Juroren nach intensivem Schlagabtausch eingestanden, das fragliche Problem noch überhaupt nicht aus dem Blickwinkel der jungen Physiker beleuchtet zu haben, war aus bloßem Wettbewerb echter wissenschaftlicher Diskurs erwachsen. Ein Gewinn für alle Beteiligten.

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