Neuer Schulleiter Sven Neufert leitet ab Sommer den Hagerhof

Bad Honnef · Mit seinem Konzept "Hagerhof 3.0" will der 38-jährige die Privatschule, die er seit 2012 als Lehrer kennt, in die Zukunft führen. Digitalisierung und soziale Vernetzung sind Schwerpunkte.

„Spielen Sie Basketball?“ Sven Neufert lacht. „Ich bin vielleicht der größte, aber nicht der sportlichste Lehrer am Hagerhof“, ist seine spontane Antwort. Immerhin, bei stattlichen zwei Metern Körpergröße dürfte die Frage für Neufert nicht ganz neu sein. Schließlich ist seine pädagogische Wirkungsstätte unter anderem bekannt als Bundesleistungszentrum Basketball. Seit 2012 unterrichtet Neufert, der sich dann doch lieber aufs Mountainbike schwingt, am Schloss Hagerhof Deutsch und Geschichte. Ab Sommer werden einige Aufgaben mehr auf ihn zukommen: Der promovierte Germanist wird neuer Schulleiter am Schloss Hagerhof.

Neufert tritt in die Fußstapfen von Gudula Meisterjahn-Knebel, seit 1996 Leiterin der staatlich anerkannten Privatschule mit Internat. „Der einzig sichere Führer der Erziehung besteht darin, die Personalität des Kindes zu fördern“ und „Hilf mir, es selbst zu tun“: Orientiert an solchen Grundsätzen Maria Montessoris baute Meisterjahn-Knebel Gymnasium Schloss Hagerhof zur reformpädagogischen Modellschule um; seit 2007 gibt es auch einen Realschulzweig, ein „integrativer Bestandteil der Schule“, so Neufert.

Nachfolger von Gudula Meisterjahn-Knebel

Im August wechselt die renommierte Pädagogin und ehemals langjährige Präsidentin von Montessori Europe in den Ruhestand. Auf der Suche nach einem Nachfolger wurden die Schulträgerin Schloss Hagerhof GmbH & Co. KG, Mitarbeiter und Pflegschaft in der eigenen Schule fündig. Mit seinem Konzept „Hagerhof 3.0“ setzte sich Neufert gegen Mitbewerber aus dem In- und Ausland durch – und sieht die Einrichtung auch in Zeiten rückläufiger Schülerzahlen gut aufgestellt. Die Anmeldungen für das kommende Schuljahr laufen noch; ein Zug in der Realschule, zwei im Gymnasium sind wieder geplant.

„3.0“ stehe für Digitalisierung, Vernetzung, Partizipation. Und für „Phase drei“ am Hagerhof, so Neufert. Es sei die logische Weiterentwicklung nach der Zeit, da die Schule nach dem drohenden Aus Anfang der 90er Jahre ab 1996 zur „Erfahrungsschule des sozialen Lebens“ entwickelt worden sei. Nun stelle man sich verstärkt den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

Neufert, geboren und aufgewachsen in Wermelskirchen, besuchte die Realschule im Heimatort. Und ja, gesteht er, das Direktorenbüro sei ihm durchaus bekannt gewesen: „Ich war ein guter Schüler, aber manchmal schon ein Rabauke, da ging auch mal was zu Bruch.“ Zur Oberstufe folgte der Wechsel auf das Gymnasium in Remscheid, „da hat es endgültig Klick gemacht“.

Ein Bücherwurm mit Faible für Geschichte

Abitur 1999, die Leistungskurse, wenig überraschend: Deutsch und Geschichte. „Ich war immer schon ein Bücherwurm.“ Auch die Leidenschaft zu lehren war früh angelegt – wie anders ist zu erklären, dass er „jüngeren Nachbarskindern mit dem Dino-Buch unterm Arm den T-Rex erklärt“ hat, wie der 38-Jährige berichtet.

Die Passion für alles Historische begann ebenfalls früh. Die in dieser Hinsicht prägendste Erfahrung war eine außerschulische: die Teilnahme mit einem Freund am bundesweiten Schülerwettbewerb Geschichte. Thema: Die erste Gebietsreform in Remscheid. „Das mag trocken klingen, ist es aber ganz und gar nicht. Es war die reinste Detektivarbeit.“ Der Lohn – neben der Freude an der „spannenden Suche in den Archiven“ – war Platz eins.

Ins Rheinland verschlug es Neufert, der 2016 promovierte und das Montessori-Diplom abschloss, mit Beginn des Lehramtsstudiums in Bonn. Es folgten Stationen an den Universitäten St. Andrews und Florenz. Nach dem Ersten Staatsexamen 2005 war er zunächst Lehrbeauftragter für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Uni Bonn. Nach dem Zweiten Staatsexamen 2012 wechselte Neufert, der in Ramersdorf wohnt und gerne im Siebengebirge wandert, an den Hagerhof.

Neue Akzente mit maßgeschneidertem Medienkonzept

Dort führte er mit dem Kollegen Jürgen Fenger „Darstellendes Spiel“ als Wahlfach ein und initiierte das Profil der historisch-politischen Bildung. Auch war er Klassenlehrer an der Realschule und Oberstufen-Tutor. Die Herausforderungen der künftigen neuen Aufgabe seien Kontinuität und Wandel gleichermaßen. Bestehende Schwerpunkte, ob Basketball, Tennis und Golf, Musik- und Musicalschule oder das Kernthema Bildung für nachhaltige Entwicklung, sollen ausgebaut werden. Ebenso steht die fortschreitende Internationalisierung auf der Agenda, unter anderem mit einem England-Austausch.

Neue Akzente setzen will Neufert in der Digitalisierung. Ein Gegensatz zur traditionellen Reformpädagogik? „Es gibt da durchaus Berührungsängste, aber Digitalisierung kann die individuelle, selbstbestimmte Arbeit der Schüler fördern.“ Fortbildungen liefen bereits, iPads würden angeschafft. Dass sich Digitalisierung keineswegs darin erschöpft, Hardware ins Klassenzimmer zu stellen, versteht sich für Neufert von selbst.

„Bis Ende März wird ein Medienkonzept mit allen Fachdiensten erarbeitet. Die Bereitschaft, diese Entwicklung zu begleiten, ist von Träger und Kollegen gleichermaßen groß.“ Vernetzung sei ein weiteres Stichwort. Auch hier habe der Hagerhof schon vieles getan, unter anderem drei Pflicht-Praktika und 100 Stunden bürgerschaftlichen Engagements in der Oberstufe eingeführt. „Bedeutsames Lernen heißt doch nicht, dass man ein Buch aufschlägt und nur Fakten paukt. Wir arbeiten heute schon stark projektorientiert, aber es gibt weitere Möglichkeiten.“

G 9 passt zum Schulkonzept

Lokale Partner einbinden, bestehende Kontakte vertiefen und neue schaffen will Neufert, denn: „Schule ist keine Insel.“ Im übertragenen Sinn gilt das Bild der Insel auch für die Diskussion über G 8 oder G 9. „Das war für uns nie die entscheidende schulpolitische Frage. Aber G 9 kommt unserem Konzept entgegen. Und wir können nicht als Exot einen anderen Weg gehen als alle anderen“, sagt Neufert.

Besonders wichtig ist dem künftigen Schulleiter die Schulgemeinschaft, „dafür nehmen wir uns viel Zeit“. Stichwort: Partizipation. Stärkere Einbindung der Schüler, Mitverantwortung und die Frage „Wie verhalten wir uns in der Gemeinschaft?“ seien wichtig für die ganzheitliche Bildung, die die Persönlichkeit ins Zentrum stellt. „Und nur wer eine starke Persönlichkeit entwickelt, kann sich auch auf Änderungen in der Gesellschaft einstellen.“

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