Tanzfestival in Bad Honnef So schön ist eine schlaflose Nacht

BAD HONNEF · Profis der Bonner Kompanie "bo komplex" und Eleven des TV Eiche eröffnen das Festival „Bad Honnef tanzt“. Mehrere Hundert Hobbytänzer zeigen in den nächsten Tagen weitere Choreografien.

Eine unruhige Nacht liegt vor den beiden von der Bonner Tanzkompanie „bo komplex“. Er (Olaf Reinecke) mit schillernd blonder Silbereisen-Mähne, sie (Stefanie Schwimmbeck) mit quietschblauem Bob, beide todmüde und längst im Pyjama. Während die Besucher des Festivals „Bad Honnef tanzt“ noch in die Menzenberger Halle strömen, sitzen sie gedankenverloren am Rand und machen sich bettfertig. Alle auf ihren Plätzen? Gut, dann endlich ab ins Bett – und zu ruhig perlender Pianomusik schlurfen sie schlaftrunken in die Mitte der Tanzfläche, wo sie sich räkeln.

Lange halten soll die Nachtruhe aber nicht: Was folgt, ist ein rund 45-minütiger Körperkampf gegen die eigene Schlaflosigkeit, aufgedreht, die maximale Unruhe zwecks minimaler Ruhe, bevor am Ende schließlich – inmitten eines Sammelsuriums von Kopfkissen, Plüschtieren und Wasserflaschen gegen den nächtlichen Durst – die Augen doch geschlossen bleiben. Ein ebenso intimer wie eindrucksvoller Auftakt zur vierten Ausgabe des Festivals in Bad Honnef unter der Gesamtleitung von Anna-Lu Masch und in Trägerschaft des Stadtjugendrings.

Schäfchenzählen und wilde Verrenkungen

Ein Tanztheater, das auf Mimikspiele mindestens genauso viel Wert legte wie auf durchdachte Akrobatik, hatten Choreografin Bärbel Stenzenberger und Olaf Reinecke, der im Ensemble zudem als Dramaturg mitwirkte, unter dem Titel „Goldberg-Variationen oder Eine schlaflose Nacht“ auf die Beine gestellt.

Im Mittelpunkt: die tänzerische Interpretation des barocken Variationswerks von Johann Sebastian Bach – Tanz als Ausdrucksform par excellence. Schwimmbeck und Reinecke brillierten im Spiel der Gegensätze mit eleganter Unbeholfenheit, feinfühliger Grobmotorik, ihre Bewegungsabläufe voll komplexer Banalität – katzenartige Geschmeidigkeit Hand in Hand mit bewusst grobschlächtiger Steifheit und lustloser Erschlaffung. Beneidenswerte Körperbeherrschung.

Dazu der teils subtile, teils absurde Humor, wenn beide zu immer verzweifelteren Mitteln griffen, um endlich zur Ruhe zu finden: Laut blökend mimte er das Schäfchenzählen, sie ließ sich auf einen Kampf ums Kopfkissen ein, die gemeinsame Nachtlektüre artete aus in wilde Verrenkungen.

Dann das Bettgeflüster via Papp-Sprechblasen: „Schläfst du schon?“ – „Ja.“ Toll auch das stimmungsvolle Lichtdesign von Markus Becker und Florian Hoffmann; Nadine Du Sartz übernahm die technische Einrichtung. Insgesamt ein liebevoll durchdachtes Kreativkonzept, das mit unkonventioneller Ästhetik punktete – schade bloß, dass diese Tanzpoetik einer Gruppe junger Zuschauerinnen, die mittendrin fluchtartig und lautstark die Halle verließen, offenbar unerschlossen blieb. Doch die übrigen Gäste genossen die toll inszenierte Chronik einer schlaflosen Nacht und belohnten sie mit lautstarkem Beifall.

Freitag und Samstag heißt es "Come together"

Einen Querschnitt ihres Repertoires zeigten im Anschluss 18 Gasttänzerinnen der Ballettabteilung des TV Eiche – ob die Pferdchen, die ganz in weiß durch die Manege galoppierten, die bunte Schmetterlingsschar mit flatternden Flügeln oder das Solo von Melina Klein, die mit einem Schellenkranz in der Hand zu „Esmeralda“ durch die Halle schwebte. Das Sahnehäubchen auf einem ohnehin gelungenen Festival-Einstand.

Das Hauptstück des Festivals unter dem Motto „Come together“, an dem mehrere Hundert Hobbytänzer teilnehmen, wird am Wochenende in der Menzenberger Halle, Menzenberger Straße 72, gezeigt. Beginn ist am Freitag, 24. Juni, um 17.30 Uhr, am Samstag, 25. Juni, um 15.30 Uhr. Tickets gibt es unter anderem über die Hotline 02 28/50 20 10.

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