Feuerschlösschen als Kulisse Sibi-Schüler führen Erich-Kästner-Komödie auf

BAD HONNEF · Schüler des Siebengebirgsgymnasiums führen die Kästner-Komödie „Verwandte sind auch Menschen“ auf. Aufgrund des großen Interesses am Stück bieten die Jungen und Mädchen einen Zusatztermin an.

Stilecht bis ins letzte Detail: Das Sibi-Ensemble bei der Probe für sein Theaterstück.

Stilecht bis ins letzte Detail: Das Sibi-Ensemble bei der Probe für sein Theaterstück.

Foto: Frank Homann

Das Feuerschlösschen wird auf Hochglanz gebracht. Das adrette Hausmädchen wedelt im Takt zu beschwingten Melodien mit dem Staubwedel über Marmor und Stuck. „Diese Arbeit habe ich angenommen, um einen Millionär kennenzulernen – und dann stirbt der auf dem Weg von Amerika nach hier. Jetzt sind alle da, die erben wollen“, erzählt sie, mit dem Blick auf leere Stuhlreihen an der Wand der Eingangshalle, wo am Sonntagabend das Premierenpublikum sitzen wird.

Denn: Die Sibi-Schüler des Literaturkurses der Jahrgangsstufe Q 1 führen ihre Kästner-Komödie „Verwandte sind auch Menschen“ nicht etwa auf einer Bühne auf, sondern direkt in einer Villa – in dem 1906 entstandenen Wohnsitz des Verlegers Wilhelm Girardet, der seit geraumer Zeit vom Siebengebirgsgymnasium genutzt wird. Hier holten sich die 20 jungen Schauspieler nun den letzten Schliff vor der Generalprobe am Samstagabend.

Zuschauer sind hautnah dabei

Über die breite Holztreppe des prächtigen Gebäudes gelangen die Protagonisten ebenso ins Rampenlicht wie durch die Tür zum Haupteingang. Ein Akteur steigt sogar durch eines der Erkerfenster direkt ins Geschehen ein. Ein Gag dieses Lustspiels, den Regisseur Gregor Pallast ebenso in das Drehbuch geschrieben hat wie den Einsatz des Zimmermädchens.

Das Besondere: Die Zuschauer werden in dieser architektonisch bedeutsamen Originalkulisse hautnah dabei sein. Wer möchte, kann sich gern im Stil der 20er Jahre kleiden. Denn das Stück um die lieben Verwandten spielt 1928 – das Sibi gibt es seit zehn Jahren, die Weltwirtschaftskrise steht kurz bevor. Noch verfügt also der reiche Onkel aus Amerika, Stefan Blankenburg, über seine Millionen, die er mit den Blankenburg-Werken in New York gemacht hat.

Nach mehr als 40 Jahren in der Fremde, will er sich für die einstigen Bosheiten seiner Verwandten rächen und kehrt als Diener Leberecht Riedel in die Heimat zurück, um zu beobachten, wie sich seine Angehörigen verhalten. Denn nicht sie sollen das Erbe absahnen, sondern Stefans Diener.

Echtes Wohnambiente

Echt ist nicht nur das Wohnambiente, sondern selbst solche Kleinigkeiten wie eine Taschenlampe aus den 20er Jahren, die Ingeborg Becker dem Sibi-Ensemble ebenso zur Verfügung stellte wie die Kostüme der Darsteller. Das professionelle Licht stellt die „Brotfabrik“. Die Besucher der fünf Vorstellungen erhalten am Eingang eine „Bad Honnef Times“ mit dem Programm – und dürfen sie sich auf mehr als zwei köstliche Stunden einstellen.

„Mehr Tempo!“, fordert Gregor Pallast nach der Probe. „Bis zur Premiere müsst ihr die Handbremse lösen!“ Mit der Ensembleleistung und der Disziplin seiner Schüler ist der Sibi-Lehrer sehr zufrieden. Er unterbricht bei dieser Probe vor der Generalprobe nicht; seine Anmerkungen füllen neun Blätter. „Die Flirtszene routinierter spielen, mehr lächeln – weniger lächeln, langsamer sprechen“, sind einige Anmerkungen. Die große Halle verschlingt sonst Wortfetzen, wenn die Akteure die Treppe zu ihren Zimmern hochgehen oder sich im Erker an der Frühstückstafel zu schaffen machen. Überall muss etwas passieren, es kommt auf die kleinen Details an. Köstlich, wenn sich der echte Diener durch das Fenster schiebt, während im vorderen Bereich die Verwandtschaft palavert.

Zusatztermin am 17. Mai

Stefan Blankenburg wird von Hendrik Sels verkörpert und macht mit kontrollierten Gesten und Mimik richtig Eindruck. „Wir haben erst das Stück gelesen, Stimmübungen absolviert, dann die Szenen gestellt“, erzählt er. Im Stück steckt er mit Justizrat Klöckner unter einer Decke, der von Paul Heck flott-arrogant in Lederkluft verkörpert wird, weil der Anwalt immer mit Motorrad heranknattert. Köstlich auch das Ehepaar Zander, das mit fünf Kindern antritt. Ingeborg Zander (Finja Dahlkamp) hat Ehemann Otto im Griff. In die Rolle des Zimmermädchens schlüpft Susanna Petrosjan. „Das ist für mich keine Nebenrolle – als Zimmermädchen kann ich mit dem Publikum interagieren.“ Und ihre Schwester Elisa aus der zweiten Klasse der Sankt Martinus-Schule mimt eine der Zander-Töchter.

Weil nach zwei Tagen sämtliche Aufführungen ausverkauft waren, wurde für Donnerstag, 17. Mai, um 19.30 Uhr eine Zusatzveranstaltung angesetzt. Karten dafür sind am kommenden Montag um 13.15 Uhr im Sibi erhältlich.

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