Pia Klemp aus Bonn Sea-Watch-Kapitänin spricht in Bad Honnef

BAD HONNEF · In Italien wirft man der gebürtigen Bonnerin Pia Klemp Beihilfe zur illegalen Einwanderung vor und ermittelt gegen sie. Was sie davon hält und wie sie ihre Arbeit auf dem Mittelmeer sieht, beschreibt sie im Bootshaus des Honnefer Wassersportvereins.

Vielleicht haben die Teilnehmer der Reihe „Bootskultur“ im Clubhaus des Wassersportvereins Bad Honnef (WSVH) eine künftige Trägerin des alternativen Friedensnobelpreises erlebt. Jedenfalls teilte nach dem Vortrag von Pia Klemp eine Besucherin ihr Vorhaben mit, Seenotretter wie die Kapitänin für diesen Titel vorzuschlagen.

Gegen insgesamt 24 dieser Männer und Frauen wird zurzeit in Italien wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt; zehn davon waren als Crewmitglieder an Bord des Rettungsschiffes „Iuventa“, das unter anderem von Pia Klemp befehligt wurde und seit August 2017 im sizilianischen Hafen von Trapani festgehalten wird.

Anschließend heuerte Klemp auf der „Sea-Watch 3“ an und setzte ihre Rettungsarbeit zunächst fort. Auf Anraten ihres Anwalts kehrte sie inzwischen nach Deutschland zurück. „Seit 2017 liegt die 'Iuventa' an der Kette, statt Leben im Mittelmeer zu retten“, sagte Klemp.

Die Post von der italienischen Staatsanwaltschaft habe sie 2018 erhalten. „Der Aufwand, der da betrieben wird, um einzelne Leute zu verklagen, ist hanebüchen.“ Bei einer Verurteilung drohten bis zu 20 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 15 000 Euro pro geretteter Person. „Wir gehen davon aus, dass das Verfahren drei bis vier Jahre dauert und die Gerichtskosten sich auf bis zu 500 000 Euro belaufen.“

Die Rettung aus Seenot ist eine ethische Pflicht

„Wir haben in einem Jahr 14 000 Menschen aus Seenot gerettet“, nannte sie eine eindrucksvolle Zahl und schilderte die Bedingungen, unter denen die Menschen versuchen, über das Meer zu gelangen. „Wir sind Zeugen, was im Mittelmeer passiert, Zeugen dieser menschen- und politikgemachten Not.“

Es werde die These verbreitet, dass die Schiffe der Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit Schleppern zusammenarbeiten, die Italiener hätten den Begriff „See-Taxis“ geprägt. „Der wahre Krimi ist die Kriminalisierung der NGOs.“ Dabei sei die Rettung von Menschen auf See eine ethische Pflicht, nicht nur ein Recht und gewiss kein Verbrechen.

Kein NGO-Schiff habe so einfach 500 Leute an Bord genommen und in ein EU-Land gefahren. „Entgegen allem Irrglauben sind unsere Aktionen hochoffiziell, das ist ein sehr geregelter Akt.“ Sie kritisierte die Finanzierung und Ausstattung der sogenannten libyschen Küstenwache, die von der libyschen Miliz eingerichtet worden sei.

In Libyen drohen Willkür und Tod

Deren wichtigstes Ziel sei es, Migranten abzufangen und nach Libyen zurückzubringen, wo sie Tod, Folter, Vergewaltigung oder willkürlicher Inhaftierung ausgesetzt seien. „Im Bestreben, die Nichtzurückweisungs-Klausel der Genfer Konvention zu umgehen, finanziert Italien mit Unterstützung der EU Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagte Klemp.

Bei der laufenden Strafermittlung gehe es nicht nur um die persönliche Freiheit der Crewmitglieder. „Wenn Kriminalisierung zur Strategie wird, steht nichts Geringeres auf dem Spiel als die Freiheit unserer Gesellschaft.“

Die 35-jährige Schiffslenkerin studierte in ihrer Heimatstadt Bonn Biologie und arbeitete für die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd, woraus die Idee zur Kapitänsausbildung entstand. Die absolvierte sie auf Zypern.

Pia Klemp war als Aktivistin bei Kampagnen gegen den illegalen Walfang in der Arktis sowie gegen den illegalen Fischfang in Mexiko und Italien dabei, sie kümmerte sich um den Schutz von Thunfischen und Haien im Südpazifik. „Zur Handelsschifffahrt würde ich nie gehen“, sagt sie.

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