Stadt Königswinter bildet Jugendleiter aus Rollenspiele für die Praxis

SIebengebirge · Sich Respekt zu verschaffen, Konflikte zu lösen und mit nervigen Eltern umzugehen - das lernen angehende Gruppenleiter in den Schulungen in Königswinter. Das Interesse ist groß.

 Sichtlich Spaß haben die 13- bis 26-jährigen Teilnehmer bei den Rollenspielen.

Sichtlich Spaß haben die 13- bis 26-jährigen Teilnehmer bei den Rollenspielen.

Foto: Barbara Frommann

Der achtjährige Stefan steht am offenen Fenster und wirft Filzstifte nach draußen. Einer nach dem anderen landet in der Pfütze, die der Regen auf dem Parkplatz der Bad Honnefer Jugendherberge hinterlassen hat. Lennart, der die Aufsicht hat, findet das gar nicht witzig.

Er überlegt einen kurzen Augenblick, dann schließt er energisch das Fenster und erklärt dem Steppke ruhig und sachlich, warum sein Verhalten falsch ist. Zum Schluss schlägt der Große dem Kleinen vor, gemeinsam etwas anderes zu machen: „Komm, wir gehen nach draußen Fußball spielen und sammeln dann auch gleich die Stifte auf.“

Applaus erklingt. Lennart hat alles richtig gemacht. „Du bist aktiv geworden, hast erklärt, wieso und warum, und du hast eine Alternative vorgeschlagen“, lobt Stefan Schmied, Jugendpfleger der Stadt Königswinter, der für das Rollenspiel bei der Gruppenleiterschulung kurzfristig wieder zum Kind geworden ist.

Auch in anderen Spielszenen, in denen es um richtiges Verhalten in Konfliktfällen ging, machten es die Referenten den Teilnehmern der Schulung für angehende Gruppenleiter alles andere als leicht. So galt es herauszufinden, wie man sich Akzeptanz und Respekt verschafft, wie man richtig reagiert, wenn jemand aus der Reihe tanzt, Ärger macht oder wenn es Streit gibt. Aber auch, wie man sich verhält, wenn Eltern zu anhänglich sind und nicht gehen möchten.

Ziel der Ausbildung ist die Jugendleitercard

Alle zwei Jahre bietet die Stadt Königswinter ein solches Seminar an, bei dem junge Ehrenamtliche an zwei Wochenenden auf ihren Einsatz in der Jugendarbeit in Vereinen und Organisationen vorbereitet werden. Ziel ist der Erwerb der bundeseinheitlichen Jugendleitercard (Juleica), die als Qualitätsnachweis in der Kinder- und Jugendarbeit gilt. Die Resonanz ist groß, die Kurse sind stets gut besucht.

In diesem Jahr haben 17 junge Leute im Alter zwischen 13 und 26 Jahren teilgenommen: Mitglieder der Pfadfinder, der Deutschen Lebens-Rettungs Gesellschaft und der Jugendfeuerwehr, Jugendliche, die sich in der Kirchengemeinde, im Sportverein oder in einer schulischen Arbeitsgemeinschaft, wie der Bühnentechnik-AG der Gesamtschule Oberpleis, ehrenamtlich engagieren.

„Wir sind froh und stolz, dass wir die Schulungen so regelmäßig vor Ort anbieten können – das ist im Rhein-Sieg-Kreis sonst eher eine Seltenheit“, berichtet Schmied. Für ihn ein Zeichen, dass die Jugendamtsarbeit Früchte trägt, und dafür, wie gut die Kooperation mit Vereinen und Organisationen funktioniert.

Schmied begrüßt es auch ausdrücklich, dass diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, immer jünger werden. Die jüngsten Teilnehmer der Schulung können zwar noch keine Juleica erhalten, das ist frühstens ab 15 Jahren möglich, „aber wir möchten natürlich ihre Motivation hochhalten“.

Nachwuchs für die Jugendarbeit in Vereinen

Ziel sei es auch, engagierte Jugendliche frühzeitig an lokale Projekte anzubinden, sie zum Beispiel als Helfer für die Feriennaherholung zu gewinnen. Das Know-how dafür wird bei den Gruppenleiter-Schulungen vermittelt: So lernen die jungen Leute, Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche vorzubereiten, durchzuführen und anschließend auszuwerten – von der einfachen Gruppenstunde über Projekte und Ausflüge bis hin zur mehrtägigen Ferienfreizeit.

Sie erfahren zudem nicht nur Wichtiges und Wissenswertes über Aufsichtspflicht, Haftung sowie Kinder- und Jugendschutz, sondern werden auch in Sachen Kommunikation, Konfliktlösung und Organisation geschult. Und sie lernen, wie sie in ihrer Funktion als Jugendleiter an den Interessen der Kinder anknüpfen und ihre „Schützlinge“ mitbestimmend und mitgestaltend einbeziehen können.

Dezernentin Heike Jüngling zeigte sich beeindruckt, wie „reif und erwachsen“ die jungen Leute in den Rollenspielen auch mit schwierigen Situationen umgehen: „Das ist ganz großartig, was ich hier gesehen habe.“ Die Jugendarbeit sei ein wichtiger Pfeiler für den Fortbestand der Vereine, Organisationen und Einrichtungen. „Wenn ihr nicht die Motivation hättet, das Schöne, was ihr selbst erlebt habt, an andere weiterzugeben, dann würde es Jugendarbeit in Zukunft nicht mehr geben.“

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