Feriencenter Aegidienberg Pächter wollen Stadt Bad Honnef verklagen

Rottbitze · Per Ordnungsverfügung untersagt die Stadt Bad Honnef das dauerhafte Wohnen am Rederscheider Weg in Rottbitze. Die letzten verbliebenen Bewohner wollen dagegen klagen.

Den letzten Pächtern im ehemaligen Feriencenter in Aegidienberg läuft die Zeit davon: Nur noch ein halbes Jahr dürfen sie dort wohnen, dann – so fürchten sie – droht Obdachlosigkeit. Anlass zur Sorge ist ein Brief aus dem Rathaus, datiert vom 30. Juni. Inhalt: eine Ordnungsverfügung der Stadt, die damit die Nutzung der Wochenendhäuser zum dauerhaften Wohnen mit Wirkung zum 31. Dezember 2017 untersagt. Bei Zuwiderhandlung drohe Zwangsgeld in Höhe von 5000 Euro, alternativ Erzwingungshaft.

Die Pächter fühlen sich nun von der Stadt im Stich gelassen – und erwägen Klage. Die Stadt wiederum sieht sich in der Pflicht, geltendes Recht umzusetzen. Den Pächtern bietet sie Unterstützung bei der Suche nach Wohnungen an.

Pacht ist bereits gekündigt

Erwin Limbach kann es nicht fassen. „Zwei Tage vor Weihnachten kam die Kündigung der Pacht, und jetzt das.“ Seit 25 Jahren leben er und seine Frau Danuta am Rederscheider Weg, haben wie Regina Hönsch und Georg Rümenapp, Rosemarie und Franz Weiß, Inge Frohnhoff und Hans-Jürgen Bauer oder auch der Vater von Karin Anhäuser ein Häuschen gekauft und in Schuss gehalten.

Die vierstellige Kaution ist mit den früheren Besitzern des Areals über alle Berge. Zudem litten die Pächter unter den Begleitumständen der Zwangsversteigerung, Drangsal durch den Ersteigerer, erneutem Besitzerwechsel und zwischenzeitlich Lärm durch den Bau der Flüchtlingsunterkunft.

Klar ist: Dauerhaftes Wohnen ist in einem Wochenendgebiet wie dem vorliegenden gesetzlich untersagt. Trotzdem sehen die Pächter die Stadt nicht nur moralisch in der Pflicht. Limbach: „Wir haben unseren ersten Wohnsitz regulär angemeldet. Und niemand hat uns darauf hingewiesen, dass das nie erlaubt war.“

Erster Wohnsitz wurde angenommen

Laut ihrem Rechtsanwalt Nils Michael Becker wurde in jüngerer Zeit vom Bürgerbüro ein entsprechendes Merkblatt ausgegeben. Aber: Als seine Mandanten sich anmeldeten, gab es das eben noch nicht. Bauer: „Wir sind vor 27 Jahren im guten Glauben hierher gezogen, ohne je auf die Problematik hingewiesen worden zu sein.“ Die Stadt habe sogar einen Bauantrag auf Hauserweiterung genehmigt. Rümenapp: „Hätten wir gewusst, dass man hier nicht wohnen darf, wir hätten doch nie investiert.“ Die Angst der Pächter vor der Zukunft hat nun neue Nahrung erhalten – und das Vertrauen in die Stadt arg erschüttert.

Becker: „In dem Punkt sind wir mit der Stadt einig: Vieles von dem Desaster geht auf die ursprünglichen Besitzer zurück.“ Auch sei klar, dass die Stadt das Gelände zu Bauland entwickeln wolle, „und niemand hier bezweifelt, dass etwas passieren muss“. Aber: Das formaljuristische Vorgehen der Stadt widerspreche dem Versprechen auf eine sozialverträgliche Lösung. Becker: „Überwiegt hier etwa Verwertungsinteresse? Man sollte nicht anhand dessen entscheiden, wer den krummsten Buckel hat, sondern was die sozialste Lösung ist.“ Zumal im Falle der verbliebenen Pächter besondere Härten wie Krankheit, Behinderung oder Altersarmut vorlägen.

Sozialverträgliche Lösung zugesagt

Eine soziale Lösung habe die Stadt schon Ende 2016 zugesagt; Bürgermeister Otto Neuhoff erneuerte das gegenüber dem GA (siehe nebenstehenden Text). Den Sachbearbeitern im Rathaus attestiert Becker: „An Verständnis mangelt es dort nicht.“ So heißt es etwa im Begleitschreiben zur Verfügung, das Unterstützungsangebot „bei der Veränderung Ihres Wohnortes gilt unverändert“. Auch sei klar gewesen: Maßgabe sei die Beendigung der Pachten Ende 2017 – gewissermaßen die zivilrechtliche Seite der Medaille. Um die durchzusetzen, müsste die Stadt schlimmstenfalls aber Räumungsklage erheben. „Ich hatte angeregt, die Post nicht ausgerechnet zu Weihnachten zu schicken. Vergebens“, so Becker.

Das Vorgehen der Stadt habe mit der Verfügung jetzt aber eine weitere ordnungsrechtliche „Eskalationsstufe“ erreicht. „Die Stadt argumentiert, das NRW-Bauministerium fordere, das dauerhafte Wohnen ordnungsbehördlich zu untersagen. Aber es gäbe Spielraum.“ Statt dem Druck des Ministeriums nachzugeben, hätte sich die Stadt „vor die Betroffenen stellen und den Erlass der Ordnungsverfügung ablehnen können. Nicht auszuschließen, dass das Ministerium sich rechtlich später durchgesetzt hätte, aber dann wäre es wenigstens versucht worden.“

Die Ordnungsverfügung sei nur durch Klage aufzuhalten – es sei denn, die Stadt hebe sie auf. Becker: „Damit ist nicht zu rechnen, auch wenn es ein Zeichen der Anständigkeit wäre, wenn die Verwaltungsspitze so entscheidet.“ Die Klagefrist endet Ende Juli.

Bürgermeister verspricht Unterstützung

Wir setzen niemanden auf die Straße. Aber wir mussten auch deutlich machen, dass die Zeit auf dem Wochenendplatz unweigerlich zu Ende geht.“ Mit diesen Worten kommentierte Bürgermeister Otto Neuhoff die Ende Juni ergangene Ordnungsverfügung an die Pächter am Rederscheider Weg, nach der das dauerhafte Wohnen dort ab Anfang 2018 endgültig untersagt ist.

Zugleich sagte der Verwaltungschef zu, sozialverträgliche Lösungen hätten Priorität. Für die Umsetzung der Verfügung sei ein Termin Mitte 2018 angestrebt. Bis dahin solle auch der Neubau der Gemeinnützigen Wohnungsbau an der Aegidienberger Straße fertig sein – und damit eine Alternative für die bisherigen Pächter in der Ferienhaussiedlung, die die Stadt durchaus im Blick habe.

Ministerium pocht auf Umsetzung

Wie berichtet, hatte die Stadt Bad Honnef, die seit Ende 2016 Eigentümerin des Geländes ist, die Pachtverträge zum 31. Dezember 2017 gekündigt. Mit der ordnungsrechtlichen Verfügung legte sie nun nach mit dem Hinweis, das Landesbauministerium dränge auf Umsetzung der Baunutzungsverordnung. Denn: „In Sondergebieten, die der Erholung dienen, ist eine dauerhafte Wohnnutzung nicht zulässig.(...)Die Nichteinhaltung dieser Rechtsvorschrift stellt eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.“

Dem NRW-Ministerium, so Bürgermeister Otto Neuhoff, müsse die Stadt über die Umsetzung regelmäßig berichten. „Tun wir das nicht, könnte das Ministerium schon die Daumenschrauben anziehen.“ Man bewege sich im geltenden Recht, „aber wir sind kulant“, so Neuhoff.

"Am 1. Januar fällt kein Beil"

Die Sorgen der Pächter im ehemaligen Feriencenter verhallten im Rathaus nicht ungehört, betont er. Neuhoff: „Wir wollen nach wie vor, dass alle Pächter eine Anschlusswohnung bekommen. Am 1. Januar fällt kein Beil, niemand wird obdachlos.“

Zugleich müssten auch die Pächter selbst um Lösungen bemüht sein, fordert der Bürgermeister. Viele ehemalige Bewohner seien bereits weggezogen. Dauerhaften Aufenthalt möglicherweise „durch die Hintertür erreichen zu wollen“, sei keine Lösung. Neuhoff: „Wir nehmen unsere soziale Verantwortung ernst und helfen, damit Alternativen gefunden werden. Aber man muss auch selbst etwas tun.“

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