Ferienfreizeit in Aegidienberg Kinder spielen Mittelalter in Aegidienberg

AEGIDIENBERG · Auf dem Bauspielplatz-Gelände des Jugendtreffs arbeiten zurzeit wieder viele kleine Handwerker: Sie bauen ein mittelalterliches Dorf. Von der kräuterkundigen Köchin über Waffenschmiede und pfiffige Händler bis zum Ritter ist alles vertreten. Sogar ein Masseur will seine Dienste anbieten.

Da könnte glattweg Maestro Martino die Finger im Spiel haben. Der berühmteste Koch des 15. Jahrhunderts ist auch für seine Nudel- und Soßenrezepte bekannt. Und was dessen „Nachfahren“ in Aegidienberg anrühren, duftet nicht nur verführerisch, es schmeckt auch köstlich. Die Kinder vom Bauspielplatz Aegidienberg, dem „Baegi 2017“, machen in diesem Jahr eine Zeitreise ins Mittelalter. Auch kulinarisch natürlich. „Gaudium, Gewerk und Narretei“: So lautet das Motto der dreiwöchigen Ferienaktion des Jugendtreffs Aegidienberg.

Während die 30 Mädchen und Jungen ihre Häuser auf einer Wiese hinter der Theodor-Weinz-Schule bauen, schüttet Tanja Görlich, die Herrin der Kräuter, die Makkaroni ins kochende Wasser. Ihr Grünzeug hat Weltruf. Sie setzt es nicht nur beim Kochen ein. Mit Salbei etwa werden auch die Häuser ausgeräuchert. Und Pfeffer, wenn er ins offene Feuer geworfen wird, gibt blaues Licht.

Hilfe in der Feldküche leistet Jean-Pierre (11), der die Tomatensoße rührt. Und der sechsjährige Jan hilft beim Apfelschälen. Obst, Gemüse und Dips sowie Brei stehen täglich auf dem Speiseplan. Auch Suppe, Mittelalter-Fladen oder Krumme Karpfen – mit Käse gefülltes Brot – werden zubereitet. Jugendtreff-Leiter Michael Neusel: „Die Kinder bestimmen mit, was es gibt. Die wissen, dass hier Pommes nicht möglich sind.“

Küchenarbeit macht Jean-Pierre Spaß

„Die Küchenarbeit ist eine schöne Abwechslung zum Bauen“, meint Jean-Pierre, der zum dritten Mal beim „Baegi“ mitmacht. Ferien direkt vor der Haustür, aber spannend wie eine Fernreise. Jeden tag zwischen 9 und 16 Uhr tauchen die Kinder ab in eine völlig andere Welt. „Wir haben zwar unsere Vorstellungen“, erzählt „Baegi“-Chef Michael Neusel, der von fünf Betreuern unterstützt wird. „Aber die Kinder haben so viele Ideen, die teils viel besser sind als unsere.“ Und so ändert sich das „Drehbuch“ in dem mittelalterlichen Dorf denn auch laufend.

Fünf Holzhütten werden gebaut, bei jedem Wetter. Wie im echten Mittelalter werden sich, sobald die Akteure ein Dach über dem Kopf haben, auch Manufakturen und Zünfte bilden. „Hier richten wir eine Taverne ein“, rufen kleine Bauarbeiter, die mit Feuereifer Bretter annageln. 80 Prozent der Teilnehmer haben bereits „Baegi“-Erfahrung. Kein Wunder also, dass die Arbeit flott vorangeht. Fritz (10): „Mit meiner Klasse war ich im Freilichtmuseum. Da habe ich gesehen, wie die Häuser früher ausgesehen haben.“

Wer baut, braucht Material. Sobald der Holzberg kleiner wird, müssen Bretter und Nägel bezahlt werden. Kleine Kupfermünzen werden als Taler-Währung in Umlauf gebracht. Findige Handwerker nähen Geldsäcke. Filz- und Töpfer-Ware wird fabriziert. Henrik (12) möchte Dienste als Wahrsager und Masseur anbieten, sobald das Haus seiner Gruppe steht. Womöglich lässt sich bei ihm ein Ritter nach hartem Kampf durchkneten. Denn auch ein Ritterturnier wird im mittelalterlichen Dorf stattfinden. Bis dahin werden die Handwerker noch alle Hände voll zu tun haben, um Schwerter und Schilde aus Pappe und Alufolie zu „schmieden“.

Schwerter aus Holz mit Edelsteinschmuck

Valentin (11), der vom ersten „Baegi“ an dabei ist, hat eine Idee, die er bei Michael Neusel prompt zum Patent anmeldet: In seiner Kunstschmiede möchte er mit Marc, Chris und Niklas Schwerter bauen – und zwar aus Holz. Neusel ist geschäftstüchtig und bietet Edelsteine zum Verzieren der Waffen. „Da kommen wir ins Geschäft.“ Katrin (13) möchte Theater spielen. Mittelalter-Musiker werden ihre Instrumente vorstellen.

Auch im „Baegi“ gibt es Regeln. „Baegus, der Schreckliche“ ist ein Drache. Unter den Augen der Figur werden mit Hilfe eines Richters konflikte gelöst. Die Kinder lernen eine Menge. Auch gegenseitige Hilfe ist selbstverständlich – in jeder Woche sind fünf Kinder mit Behinderung dabei.

Ein Junge flüstert Michael Neusel etwas ins Ohr: „Wir haben Hunger!“ Der Pädagoge schlägt die Trommel: Das Signal zum Mittagessen. Auf Strohballen unterm Zeltdach nehmen die Pänz Platz, packen Teller und Besteck aus. Der Jugendtreff-Leiter gibt das Kommando: „Guten Hunger! Haut rein!“ – „Aber feste, bis es kracht!“ Maestro Martini hätte seine Freude an solch einer munteren Tischgesellschaft gehabt.

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