Familien- und Erziehungsberatungsstelle Kernthema: Die Trennung der Eltern

Siebengebirge · Gesamtzahl der Beratungsfälle: 419. Davon Neuaufnahmen: 295. Es sind nüchterne Zahlen, die im Jahresbericht 2015 der Familien- und Erziehungsberatungsstelle (FEB) der Städte Bad Honnef und Königswinter aufgelistet sind.

 Trennung oder Scheidung sind die häufigstenm Gründe für Kontakte von Familien mit der Familien- und Erziehungsberatungsstelle.

Trennung oder Scheidung sind die häufigstenm Gründe für Kontakte von Familien mit der Familien- und Erziehungsberatungsstelle.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Welche Schicksale und Probleme sich hinter der Statistik verbergen, wissen Jürgen Scheidle und seine Mitarbeiter sehr genau. Seine Erkenntnisse stellte der FEB-Leiter jetzt den Kommunalpolitikern in Königswinter und in Bad Honnef vor.

Allein 295 Neuanfragen landeten im vergangenen Jahr auf den Tischen von Scheidle und den sechs Fachkräften der Beratungsstelle mit Sitz in Königswinter. Bei mehr als 60 Prozent dauerte es bis zur Terminvergabe und dem Start der Beratung nicht mehr als zwei Wochen. Genau 30 Prozent der Anfragen kamen aus Bad Honnef, was in etwa dem Verhältnis der Einwohnerzahlen der Kommunen entspricht.

„Gefühlt hat die Zahl der Neuanfragen im vergangenen Jahr etwas zugenommen“, sagt Scheidle. „Im kommenden Jahr werden wir die Daten besser vergleichen können.“ Hintergrund ist, dass die Mitarbeiter der FEB seit Ende 2014 die bearbeiteten Fälle und Kontakte mit einem eigens für Beratungsstellen entwickelten Softwareprogramm dokumentieren. Die so erfassten Zahlen liegen erstmals für 2015 vor. Und noch mehr Statistik: Den 295 Neuaufnahmen stehen 293 Beratungen gegenüber, die im vergangenen Jahr abgeschlossen wurden. In 80 Prozent der Fälle konnten aus Sicht der Mitarbeiter die vorab definierten Beratungsziele erreicht werden, bei rund 22 Prozent hatte mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund. 160 Beratungen dauerten nicht länger als drei Monate, in einem Fall länger als zwei Jahre.

„Wir haben es auch schon erlebt, dass jemand, der als Kind bei uns war, sich als Jugendlicher erneut an uns gewandt hat“, sagt Scheidle. „Hier sind wir tatsächlich zu einer Art Wegbegleiter geworden.“ Doch was sind die Gründe, warum sich Eltern, Kinder und Jugendliche an die Beratungsstelle wenden? Der Jahresbericht gibt eine eindeutige Antwort: Bei rund einem Drittel aller Beratungen war die Trennung oder Scheidung der Eltern Hintergrund beziehungsweise Inhalt der Gespräche. Bei fast der Hälfte der Beratungen stellten die Mitarbeiter unter anderem eine „Belastung des jungen Menschen durch familiäre Konflikte“ fest. Noch eine weitere Besonderheit dokumentiert der Jahresbericht: Bis zu einem Alter von zwölf Jahren sind es eher die Jungen, derentwegen die Eltern in die Beratungsstelle kommen. Ab einem Alter von zwölf Jahren sind es vermehrt die Töchter, die ihren Eltern Sorgen machen.

Themen, die hier immer wieder zur Sprache kommen, greifen Scheidle und seine Mitarbeiter auch bei Eltern- und bei Infoabenden für Erzieher oder Lehrer aus Königswinter und Bad Honnef auf. Dazu zählen der geeignete Umgang mit Internet und Co. im Kindergarten und in der Grundschule und das Thema Hausaufgaben.

Es sind jedoch nicht nur Schwierigkeiten innerhalb der Familie, um die sich die Mitarbeiter kümmern. Zum Konzept der FEB gehört es auch, Paare bei Konflikten zu beraten und Lösungen aufzuzeigen. „Kommunikationsschwierigkeiten“ oder das „Auseinanderleben als Paar“ werden immer wieder genannt.

„Auch Paararbeit ist richtig Arbeit“, sagt der Diplom-Sozialarbeiter dazu. „Es gibt leider auch heute noch die Ansicht, dass Probleme in der Ehe und der Familie ausschließlich hinter, und nicht vor der eigenen Haustür zu klären sind. Es wäre schön, wenn es den Betroffenen da leichter fallen würde, sich Unterstützung zu holen.“

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