Auftritt beim Wassersportverein Kabarettist nimmt Bad Honnefs Imagefilm aufs Korn

BAD HONNEF · Wenn Gregor Pallast als Lehrer am Siebengebirgsgymnasium seine Umgebung beobachtet, dann liefert die Realität genug Stoff für seine satirischen Betrachtungen als Kabarettist. Das erlebte das Publikum bei "Bootskultur".

 Nicht nur die große Politik bekommt bei Gregor Pallast ihr Fett weg. Auch Honnefer Themen passen ins Programm „Verwählt? 2.0“.

Nicht nur die große Politik bekommt bei Gregor Pallast ihr Fett weg. Auch Honnefer Themen passen ins Programm „Verwählt? 2.0“.

Foto: Frank Homann

Eine ganz besondere Schulstunde erlebte das Publikum bei der Reihe „Bootskultur“ des Wassersportvereins Bad Honnef (WSVH) mit Gregor Pallast. Im Siebengebirgsgymnasium erteilt er seit elf Jahren Unterricht in Sozialkunde und Biologie und betreut die Aktion business@school, dessen Siegerteam im Schuljahr 2017/18 sogar auf Bundesebene den ersten Preis gewann.

Und: Er ist ein politischer Kabarettist, der nach seinem offiziellen Debüt im Pantheon 2015 auch schon das Publikum des Senftöpfchens in Köln oder beim Finale des Prix Pantheon eroberte. Nicht die Gags in Dauerschleife eines Comedian sind sein Ding, sondern die ausdauernde Satire, die Pallast mit einem exzellenten Spannungsbogen aufzieht.

Er erklärte, regte zum Mitdenken an, analysierte tief unter der Oberfläche – mit seinem Programm „Verwählt? 2.0“ begeisterte er im rappelvollen WSVH-Bootshaus. Der 39-Jährige konfrontiert bei seinen Auftritten die Mächtigen mit ihren eigenen Worten und nimmt den Kampf gegen die Verdummung auf – und dies überhaupt nicht oberlehrerhaft, sondern mit Esprit.

Wer für Lebensfreude bürgt, bürgt auch für schönes Wetter

Auf Honnefer Terrain wagte sich der gebürtige Kölner auch an die speziellen Themen dieser Stadt. Und er mutmaßte, wohl keine der Firmen, die Bad Honnef in der Vergangenheit wegen der andernorts günstigeren Gewerbesteuer den Rücken kehrten, hätten dies getan, „wenn sie gewusst hätten, dass in Bad Honnef Lebensfreude verbürgt ist“. Pallast: „Wer für Lebensfreude von 25 000 Menschen bürgt, der bürgt auch für schönes Wetter! Wenn ich depressiv wäre, ich würde sofort nach Bad Honnef ziehen. Wenn ohne Erfolg – zack, die Stadt würde ich verklagen!“

Pallast hatte auch den Imagefilm gesehen: 55 Prozent der Stadtfläche bestehe aus Wald. 50 Prozent der Filmlänge zeige Menschen, denen es gut geht, 20 Prozent der Zeit zeige er zwei Kinder, die durch den Wald laufen. „Es gibt keine Landwirtschaft bis auf den Wein in Rhöndorf, Industrie taucht nicht auf. Die größte Leistung der Stadt muss darin bestanden haben, das Siebengebirge in Bad Honnef anzusiedeln.“

Was keiner braucht: Parkplatzsuche

Ja, er habe Angst vor Knöllchen, gab er zu. „Die Kontrolleure kommen immer zu zweit mit einem Lieferwagen. Das müssen Riesenknollen sein.“ Und unter dem Johlen des Publikums: „Selbst an den Autos der Kontrolleure steht: ,Lebensfreude verbürgt Bad Honnef!‘“ Die Parksituation habe es sogar in die Abi-Zeitung des Siebengebirgsgymnasiums geschafft. Was sie nicht vermissen werden, waren die Absolventen da gefragt worden. „Die Parkplatzsuche!“

Pallast ging auf einen herrlichen Exkurs durch Volkswirtschaft und Politik, bei dem er vor Merkel & Co. nicht haltmachte. Und er zitierte die Bundeskanzlerin aus ihrer Rede zur internationalen Finanzmarktkonferenz während der Finanzkrise 2010: „Ich kann der Finanzbranche selbst nur raten, ehrlich mit uns umzugehen. Wenn wir keine ehrlichen Ratschläge bekommen, machen wir vielleicht Dinge, die nicht so ausgefeilt, aber politisch notwendig sind. Das kostet uns dann nur unnötige Kraft. Der Platz für ehrliche Ratgeber ist noch relativ unbesetzt.“ Der Kabarettist: „Schöner kann eine Bankrotterklärung nicht erklärt werden.“

Seit der Wassersportverein seinen Trainingsanbau eröffnete, ist im Clubraum die Kultur angesagt. Unter Leitung von Lisa Harth, Alex Haag und Ela Walkembach wurde die Reihe „Bootskultur“ ins Leben gerufen, so WSVH-Chef Kuno Höhmann. An diesem Abend füllten die Besucher Stimmzettel aus, auf denen sie Wünsche äußern durften für weitere Veranstaltungen. Wetten, dass etliche auch den Kabarettisten (wieder-)wählten?! Lebensfreude verbürgt Gregor Pallast.

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