Integration in Deutschland Jura-Abschluss von Flüchtling in Bad Honnef anerkannt

Bad Honnef · Familie Ahmed berichtet über die bürokratischen Hürden, die Geflüchtete in Bad Honnef überwinden müssen. Ein erster Schritt Richtung Arbeit: Die Kultusministerkonferenz hat den Studienabschluss von Sohn Sardar Shaikh Ahmed anerkannt.

 Präsentiert stolz sein Zeugnis, das nun anerkannt wurde: Sardar Shaikh Ahmed mit Beate Kummer.

Präsentiert stolz sein Zeugnis, das nun anerkannt wurde: Sardar Shaikh Ahmed mit Beate Kummer.

Foto: Frank Homann

Der zentrale Satz steht relativ weit unten auf der Seite: „Der ausländische Abschluss entspricht einem deutschen Hochschulabschluss auf Bachelorebene.“ Sardar Shaikh Ahmed lächelt bescheiden. Ja, sagt er dann auch erst auf Nachfrage, ein bisschen stolz sei er schon. Vor allem aber mache der Brief Hoffnung darauf, dass er bald arbeiten, möglichst schnell selbst für seinen Unterhalt werde sorgen können. Damit man sich etwas aufbauen könne, ergänzt der 38-Jährige. Eine Hürde dafür hat er genommen: Die Kultusministerkonferenz hat seinen Studienabschluss der Rechtswissenschaften, abgelegt 2011 an der Universität in Aleppo, anerkannt.

Es ist früher Abend. Fast die gesamte Familie hat sich im Erdgeschoss des Hauses, das die Stadt als Flüchtlingsunterkunft angemietet hat, versammelt. Tee wird gereicht, dazu etwas Süßes. Gastfreundschaft wird groß geschrieben bei Familie Ahmed. Das weiß auch Beate Kummer, ehrenamtliche Hauspatin der Unterkunft und helfende Hand der Familie.

Sie weiß auch: Hinter Vater Adil Mahmud (77), Mutter Zahra (69), Sardar Shaikh, seinem Bruder Alleildin (39) und Schwester Hivin (35) liegen schwere Zeiten. Aufhebens daraus machen die Ahmeds nicht, betonen stattdessen, wie dankbar sie sind für die Aufnahme und Unterstützung in Bad Honnef. Und dass sie in die Zukunft schauen.

Bürokratie macht Anerkennung schwierig

Das eigene Heim zerstört, dazu die Angst um Leib und Leben: 2015 sah die kurdische Familie in Syrien keine Zukunft mehr und floh. Verwandte taten es ihr gleich, leben heute in Köln, Duisburg oder Berlin. Über das Meer ging es in die Türkei, schließlich von dort nach Deutschland. Als Antwort auf die Frage an Mutter Zahra, wie sie die wichtigsten Dokumente und Unterlagen der Familie bei der Flucht über das Meer hatte retten können, reicht eine Geste: an die Brust gedrückt, eingewickelt in eine Plastiktüte, um sie vor dem Wasser zu schützen.

Spätestens jetzt ist klar: Zu retten war, was man auf dem Leibe trug. Dass die Dokumente, darunter das Hochschulzeugnis ihres Sohnes mit dem Stempel der rechtswissenschaftlichen Fakultät, vorhanden ist, sollte sich als Glücksfall erweisen. So bestand die Chance, den Abschluss nachzuweisen.

Vor die Anerkennung jedoch hat die deutsche Bürokratie viel Arbeit gesetzt, wie auch Kummer berichtet. „Alleine wäre das für die Betroffenen nie zu schaffen“, sagt sie. Viele Schritte waren nötig. Ein anerkannter Übersetzer musste die Zeugnisse ins Deutsche übertragen, viele Formulare galt es auszufüllen. „Der Prozess war insgesamt sehr langwierig, es wurden einige Nachfragen gestellt und es zeigt sich immer wieder, dass der bürokratische Aufwand für die Integration der Flüchtlinge sehr hoch ist,“ so Kummer. Und: „Ich würde mir wünschen, dass es da eine Verbindungsperson gibt, die gerade zu diesen beruflichen Belangen informiert. Das würde es auch erleichtern, zu helfen. So läuft man von Pontius zu Pilatus.“

Anerkennung des Abschlusses wichtig für Integration

Doch der Einsatz hat sich gelohnt. Im Dezember kam die gute Nachricht: Der Abschluss Rechtswissenschaften an der Universität Aleppo – Sardar hatte danach schon als Jurist in der Heimat gearbeitet – ist anerkannt.

Um auch in der neuen Heimat Fuß fassen zu können, ist die Anerkennung der Schul- und Ausbildungsabschlüsse von großer Bedeutung. Das wissen auch die in Bad Honnef lebenden Geschwister Sardars, von Beruf Maler und Erzieherin. „Ich liebe Kinder“, sagt Hivin schlicht. Und dass sie hofft, vielleicht zunächst ein Praktikum machen zu können.

Sardar ist klar, dass er nicht als Jurist wird arbeiten können – zu unterschiedlich sind die Rechtssysteme und damit die Studieninhalte. Aber: Mit der Ausbildung im Rücken und dazu seinen Sprachkenntnissen Arabisch und Kurdisch hofft er doch, bald Arbeit zu finden.

Suche nach Unterkunft geht weiter

Was es dazu noch braucht, daran arbeiten er und seine Geschwister jeden Tag: „Besser Deutsch lernen“, sagt Sardar mit fragendem Blick zu Kummer. „Er will immer, dass man ihn verbessert“, so Kummer. Und er werde jeden Tag besser. Sardars Wunsch: „Mehr Deutsche treffen, dann lernt man am schnellsten.“

Sobald der Integrationskurs abgeschlossen ist, wollen sich die drei Geschwister einen Job suchen. Einen Wermutstropfen gibt es freilich noch: Die Familie sucht schon länger eine Wohnung, weil sie anerkannt ist und deshalb aus der Erstunterbringung der Stadt ausziehen muss. Der Wohnungsmarkt in Bad Honnef macht dieses Unterfangen nicht leicht. Kummer: „Es wäre toll, wenn sich auch dafür eine Lösung abzeichnete.“

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